Ein Demonstrant zwischen den Flaggen der EU und Großbritannien

Bei hartem Brexit Keine Freizügigkeit mehr für EU-Bürger

Stand: 19.08.2019 20:30 Uhr

Die britische Regierung will im Falle eines Brexits ohne Abkommen die Freizügigkeit für Neuankömmlinge aus der EU beenden. Die Rechte von EU-Bürgern, die bereits im Land sind, sollen nicht betroffen sein.

Zum Status der EU-Bürger in Großbritannien nach einem No-Deal-Brexit hat die britische Regierung eine Regelung angekündigt: Im Falle eines Brexits ohne Abkommen soll am 31. Oktober die Freizügigkeit für Neuankömmlinge aus der EU unmittelbar beendet werden. Das teilte eine Regierungssprecherin in London mit. Die Rechte von EU-Bürgern, die bereits in Großbritannien leben, seien davon nicht betroffen.

Kritiker fürchten jedoch, dass kaum zu unterscheiden sein wird, wer rechtmäßig in dem Land lebt und wer nicht. An den Details der neuen Einreisebestimmungen für EU-Bürger werde derzeit noch gearbeitet, sagte die Sprecherin. "Wir werden zum Beispiel sofort sehr viel strengere Regeln zu Kriminalität einführen für Leute, die nach Großbritannien kommen", führte sie aus.

Johnson will Punktesystem einführen

EU-Bürger, die in dem Land leben wollen, sollen Premierminister Boris Johnson zufolge künftig anhand eines Punktesystems nach australischem Vorbild ausgewählt werden. Wer bereits da ist, soll bleiben dürfen.

Wie die britischen Grenzbeamten aber künftig zwischen EU-Bürgern mit und ohne Aufenthaltsrecht unterscheiden sollen, ist unklar. In Großbritannien gibt es keine Meldepflicht. Bislang haben sich nur rund eine Million der insgesamt mehr als 3,5 Millionen im Land lebenden EU-Bürger registrieren lassen. Die Frist dafür läuft noch bis Ende 2020. Daran soll sich nach Angaben des Innenministeriums auch nichts ändern.

Nachweis für Arbeitgeber und Vermieter

Die Initiative "Die 3 Millionen", die sich für die Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien einsetzt, kritisierte, nicht registrierte EU-Bürger könnten nach einem No-Deal-Brexit Schwierigkeiten bekommen. Das könnte beispielsweise so sein, weil sie nicht in der Lage wären, ihrem Arbeitgeber, Vermieter oder dem Gesundheitsdienst gegenüber nachzuweisen, dass sie sich rechtmäßig im Land aufhalten.

Der Generaldirektor der Britischen Handelskammer, Adam Marshall, kritisierte die Ankündigung. Die britischen Unternehmen hätten sich auf die Leitlinien für einen ungeregelten Brexit eingestellt, wie sie vor sieben Monaten von der damaligen Regierung veröffentlicht worden waren. "Jetzt, Wochen vor dem Termin, hängt das alles in der Luft", schrieb Marshall auf Twitter. "Die Firmen brauchen Klarheit und Konsistenz, um sich auf Veränderungen vorzubereiten."

Bislang dürfen sich EU-Bürger in Großbritannien ohne Weiteres niederlassen. Im EU-Austrittsabkommen ist geregelt, dass diese Freizügigkeit noch für eine Übergangsphase bis Ende 2020 beibehalten werden soll. Das britische Parlament hat den Vertrag jedoch mehrfach abgelehnt.

EU sieht sich gut gerüstet

Der britische Premierminister Boris Johnson fordert einen neuen Vertrag mit der EU, andernfalls will er sein Land zum Ende der Austrittsfrist am 31. Oktober ohne Abkommen aus der EU führen.

Die EU lehnt Änderungen bisher jedoch strikt ab und sieht sich für einen No-Deal gut gerüstet: "Wir sind auf alle Eventualitäten vorbereitet", sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. Zwar würde ein ungeregelter EU-Austritt Großbritanniens "natürlich erhebliche Störungen sowohl für Bürger als auch für Unternehmen verursachen". Doch träfen diese Großbritannien weit stärker als die übrigen 27 EU-Staaten.

Rechte und Reiseinfos der EU für den No-Deal-Fall

Die EU hat bereits vor einigen Monaten Informationen für Bürger herausgegeben, unter anderem für die Themen Reisen, Ein- und Ausfuhr von Waren, Studium in Großbritannien als künftigen Nicht-EU-Staat und die Rechte von Briten in der EU sowie von EU-Bürgern in Großbritannien nach dem Brexit. Für offene Fragen richtete die Kommission zudem eine kostenfreie Telefon-Hotline unter der 00800 678 910 11 ein.

Imke Köhler, Imke Köhler, ARD London, 20.08.2019 06:38 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 19. August 2019 um 20:00 Uhr.