Werbung für ein zweites Brexit-Referendum

Widerstand in der Partei Brexit-Referendum spaltet Labour

Stand: 03.03.2019 13:28 Uhr

Falls der eigene Brexit-Plan keine Mehrheit im Unterhaus findet, setzt Labour inzwischen auf ein zweites Referendum. Nun wird klar: Mindestens ein Viertel der eigenen Abgeordneten ist strikt dagegen.

Falls der eigene Brexit-Plan keine Mehrheit im Unterhaus findet, setzt Labour inzwischen auf ein zweites Referendum. Nun wird klar: Mindestens ein Viertel der eigenen Abgeordneten ist strikt dagegen.

Wenige Tage vor den entscheidenden Abstimmungen des britischen Unterhauses über den weiteren Brexit-Kurs des Landes wächst innerhalb der oppositionellen Labour-Partei der Widerstand gegen die offizielle Parteilinie. Etwa 60 bis 70 Abgeordnete seien strikt gegen eine weitere Volksabstimmung über den EU-Austritt Großbritanniens, sagte die Labour-Parlamentarierin Caroline Flint. Im Unterhaus stellt Labour derzeit 245 von 649 Abgeordneten.

Labour-Abgeordnete Caroline Flint

Caroline Flint spricht von 60 bis 70 Gegnern eines zweiten Referendums in den Reihen der Labour-Abgeordneten.

Die Gegner eines zweiten Referendums wenden sich auch gegen Parteichef Jeremy Corbyn, der sich kürzlich nach langem Zögern hinter die Forderung nach einer erneuten Volksabstimmung über den EU-Austritt gestellt hatte. Dieses Ziel will Corbyn aber nur für den Fall verfolgen, dass sich im Parlament für Labours Brexit-Alternativplan nicht genügend Anhänger finden.

Labour-Finanzexperte John McDonnell betonte, die Partei sei durch das Agieren der britischen Regierungschefin zur Unterstützung eines Referendums gedrängt worden. "Wir sind dazu gezwungen worden, weil Theresa May verzögert und auf Zeit spielt", sagte McDonnell dem Sender "Sky News". Seine Partei wolle sich weiter dafür einsetzen, dass ihr alternativer Brexit-Plan angenommen werde.

Dreistufige Abstimmung Mitte März

Das Unterhaus soll am 12. März erneut über den von May mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag abstimmen, den die Abgeordneten im Januar deutlich abgelehnt hatten. May sagte kürzlich, sie stehe kurz davor, Zugeständnisse aus Brüssel zu erhalten. Unter massivem Druck hatte sie vorgeschlagen, im Falle einer Ablehnung des Brexit-Abkommens über einen ungeregelten Austritt ohne Vertrag abzustimmen. Falls auch diese Variante keine Mehrheit finden sollte, soll das Unterhaus über eine begrenzte Verschiebung des für den 29. März vorgesehenen Brexits entscheiden. Die Abgeordneten unterstützten diesen Vorschlag.

Abgeordnete aus Mays konservativer Partei formulierten einem Zeitungsbericht zufolge inzwischen ihre Bedingungen für eine Zustimmung zum Brexit-Abkommen in einer überarbeiteten Version. Drei Kernpunkte des Papiers beträfen die umstrittenen Regelung der Grenze zwischen Irland und der britischen Provinz Nordirland, berichtete die "Sunday Times". Die Parlamentarier verlangen demnach eine "klar formulierte, rechtsverbindliche Klausel auf Vertragsebene, die den Text des Austrittsabkommens eindeutig außer Kraft setzt", mit einer Sprache, die über die Betonung des vorübergehenden Charakters der Notfalllösung für die Grenze hinausgehe. Die Verfasser des Papiers fordern zudem einen klaren Weg, um den "Backstop" zu beenden, falls Gespräche über ein Handelsabkommen scheitern sollten.

Britische Premierministerin Theresa May

Premierministerin Theresa May steht unter Druck, in Nachverhandlungen EU-Zugeständnisse zu erreichen.

Die Forderungen seien mit der nordirischen Partei DUP ausgearbeitet worden, die Mays Minderheitsregierung unterstützt, schrieb die Zeitung. Wenn May diese Forderungen bei der EU durchsetzen könne, würde sie die Unterstützung ihrer Fraktion und der DUP bei einer neuen Abstimmung erhalten.

Barnier signalisiert Entgegenkommen

EU-Chefunterhändler Michel Barnier hatte zuletzt ein stärkeres Entgegenkommen in dieser Frage in Aussicht gestellt. Die EU sei bereit, "weitere Garantien, Versicherungen und Klarstellungen zu geben, dass der Backstop nur temporär sein soll", sagte er gestern der Zeitung "Die Welt". Ein Aufschnüren des Brexit-Vertrags lehnt die EU allerdings ab.

Der britische Handelsminister Liam Fox machte deutlich, dass er einen EU-Austritt zum geplanten Termin am 29. März weiter für möglich halte. Eine Verschiebung des Termins sei aber nur für einen kurzen Zeitraum möglich. Er verwies auf Mays Aussage, wonach eine Verschiebung nur bis Ende Juni gelten solle.

Der irische Premierminister Leo Varadkar geht einem Medienbericht zufolge davon aus, dass eine Verschiebung des Brexit bis Juni "sehr wahrscheinlich" sei. Dies habe Varadkar seine Kabinettskollegen in vertraulicher Runde gesagt, berichtete die irische "Sunday Independent" und Berufung auf einen namentlich nicht genannten Minister. Eine Stellungnahme von einem Sprecher Varadkars war zunächst nicht zu erhalten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. März 2019 um 07:16 Uhr.