Absturz bei Bin-Laden-Einsatz Ein Hubschrauber mit Tarnkappe

Stand: 06.05.2011 00:53 Uhr

Bei der geheimen Aktion gegen Bin Laden stürzte einer der Hubschrauber ab. Daher gibt es Fotos dieses Helikopters - und die haben viele überrascht. Denn offenbar setzten die USA spezielle Hubschrauber mit Tarnkappen ein, von denen bislang nur Gerüchte kursierten, aber keine Bilder.

Von Silke Hasselmann, MDR-Hörfunkkorrespondentin Washington

Die Kenner der Militärhubschrauberszene haben sich die Fotos von dem zurückgelassenen Helikopter angeschaut und gleich entdeckt, dass sie ein solches Modell noch nie gesehen haben. Das kann man in diversen Internet-Foren verfolgen, genau wie die Diskussion darüber, ob dieser Hubschrauber wohl Teil eines US-Geheimprogrammes sei, von dem man bislang nur gerüchteweise gehört hatte.

Zwar hatte sich herumgesprochen, dass die sogenannten Navy Seals vom 160. Luftregiment für Spezialoperationen zum Ort des Geschehens in Abbottabad gebracht und nach dem knapp 40minütigen Einsatz wieder zurück zur US-Basis in Afghanistan gebracht worden waren. Man hatte auch Berichte gelesen, denen zufolge einer der MH-60 Helikopter bei einer harten Landung beschädigt worden war und am Ende zerstört zurückgelassen werden musste. Doch dann erschienen erste Fotos von den Überresten, speziell vom Heck, und sie versetzten die Kenner in Erstaunen: es handele sich wohl um einen neuen Typus mit Stealth-Technologie.

Ein "Schmeckerchen" für Experten, keine Frage. Aber eine grundlegende Sensation ist es nicht. Denn schon während des Vietnamkrieges Ende der Sechziger-, Anfang der Siebzigerjahre hatten die US-Army und die CIA einen "stealthy" Helikopter entwickelt, der sich "anschleichen" kann: Sie nannten ihn "The Quiet One", "der Leise". Ein Hubschrauber erzeugt bekanntlich jede Menge verräterischen Lärm, nichts für schnelle Geheimoperationen.

Schon 1990 gab es erste Tests

Doch nicht nur Lärm und enorme Luftverwirbelungen sind problematisch, wenn man sich möglichst unbemerkt einem Ziel nähern will - zumal in fremdem Luftraum. Auch die Entdeckung durch Radar- oder Infrarotgeräte soll vermieden werden. Also entwickelten diverse US-Hersteller in den 80er Jahren entsprechende Konzepte für Stealth-Flugzeuge, zum Beispiel den B2-Tarnkappenbomber, und für Helikopter. Eines der Programme kam von McDonnell Douglas und drehte sich um den "X-wing"-Chopper.  Dabei wollte man zum einen den Austritt von Hitze vermeiden und folglich die heißen Motorenabgase unterdrücken. Zum anderen entwickelte der Konzern die sogenannte  NOTAR-Technologie, "no tail rotor":  keine verräterischen Rotoren am Schwanzende. Zudem wurde und wird mit dem Material der Außenhaut experimentiert, auf die die Geräte der gegnerischen Luftabwehr möglichst nicht reagieren können.

In ihrer September-Ausgabe von 1995 berichtete die Fachzeitschrift "Aviation Week & Space Technology", dass die US-Luftwaffe über einen stillen NOTAR-Helikopter verfüge. 1990 seien die ersten Tests durchgeführt worden.  Von den Russen war 2004 ein entsprechendes Programm bekannt geworden.

Anwohner twitterte über Hubschrauber

Es kann also niemanden überraschen, dass die Amerikaner in der Zwischenzeit ihre Blackhawk-Kampfhubschrauber für geheime Nachteinsätze perfektioniert haben. Am besten wäre es aus ihrer Sicht, wenn sie frühestens direkt über ihrem Ziel bemerkt würden.  Es ist auch nicht verwunderlich, dass Militär und Rüstungsfirmen ihre Entwicklungen geheim betreiben. Und noch weniger sensationell ist es, dass die bestmögliche Technik bei einem Einsatz wie dem gegen Osama bin Laden zum Einsatz kommt.

Dass sie noch immer nicht perfekt ist, hat sich freilich gezeigt: Um 1 Uhr morgens Ortszeit vorigen Sonntag twitterte der pakistanische IT-Berater Shaib Athar,  der in der Nähe des angegriffenen Bin-Laden-Geländes lebt,  dass ein Hubschrauber über Abbottabad schwebe: "Ein seltenes Ereignis."  Der Mann wußte zu diesem Zeitpunkt mitten in dunkler Nacht noch nicht, wer da warum gekommen war. Doch er hatte das leise Fluggerät bemerkt.

Außerdem: Das Einsatzkommando musste einen der vier Helikopter zurücklassen und teilweise zerstören. Die bisherige offizielle Erklärung für die harte Landung und die Unfähigkeit, wieder abzuheben: Die Lufttemperatur sei höher gewesen als erwartet – mit Folgen für die Luftdichte und die Fähigkeit der Rotoren, die Maschine stabil in der Luft zu halten.

Schallgedämpfte Hubschrauber werden in den USA übrigens längst auch im zivilen Bereich eingesetzt, etwa für Touristenflüge am Grand Canyon.