Alexander de Croo bei einer Pressekonferenz.

Belgiens "Vivaldi"-Koalition Regierungsbildung nach 493 Tagen

Stand: 30.09.2020 15:25 Uhr

16 Monate hat es gedauert - nun soll Belgien wieder eine Regierung bekommen: Sieben Parteien haben sich auf eine Koalition geeinigt. Weil die größten Parteien in Flandern fehlen, gab es bereits Proteste.

Ein neuer Rekord ist das nicht: 2011 hatte die Regierungsbildung in Belgien 541 Tage gedauert - diesmal waren es "nur" 493. Insgesamt sieben Parteien haben sich nun auf ein gemeinsames Bündnis geeinigt. Beteiligt sind die Sozialisten, die Liberalen und die Grünen aus beiden Landesteilen sowie die flämischen Christdemokraten.

Neuer Ministerpräsident wird der 44-jährige Liberale Alexander De Croo. Mit dem bisherigen Finanzminister rückt zum ersten Mal seit 2011 wieder ein Flame an die Spitze der belgischen Regierung.

Die Belgier sprechen von einer "Vivaldi-Koalition". Der Name nimmt Bezug auf die Farben der beteiligten Parteien: Grün, Rot, Orange und Blau. Sie erinnern an das Werk "Vier Jahreszeiten" des Komponisten.

Demonstrationen am Wochenende

Sein Land sieht De Croo vor großen Herausforderungen. Seine Politik werde von Zusammenarbeit und gegenseitigem Respekt geprägt sein. Investieren will die "Vivaldi-Koalition" in soziale Projekte wie die Gesundheitsversorgung und eine Mindestrente von 1500 Euro. Außerdem soll Geld in die Digitalisierung, die Bahn, die innere Sicherheit sowie den Wiederaufbau der Wirtschaft nach der Corona-Krise fließen.

Die beiden größten Parteien in Flandern, die nationalistische N-VA und der rechtsextreme Vlaams Belang, sind an der Koalition nicht beteiligt. Dagegen hatten am Wochenende Tausende Flamen demonstriert, weil sie sich nicht angemessen repräsentiert fühlen.

Die neue Regierung soll am Donnerstagvormittag vereidigt werden. Vorher müssen allerdings noch die Mitglieder der sieben beteiligten Parteien der Koalition zustimmen.

Letzter Regierung Ende 2018 zerbrochen

Belgien ist auch politisch ein geteiltes Land. In Flandern war bei der letzten Wahl die N-VA stärkste politische Kraft geworden, in der französischsprachigen Wallonie die sozialistische PS. Beide Parteien verhandelten in den vergangenen Monaten zwar über eine Koalition, konnten sich aber nicht auf ein Regierungsbündnis verständigen.

Die letzte gewählte belgische Regierung war im Dezember 2018 zerbrochen. Seit den Parlamentswahlen im Mai vergangenen Jahres hatten die Parteien über mögliche neue Koalitionen verhandelt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 30. September 2020 um 14:24 Uhr.