
Demonstrationen in Belarus Dezentrale Proteste und Hunderte Festnahmen
Stand: 06.12.2020 20:24 Uhr
Die Proteste in Belarus gegen Staatschef Lukaschenko halten an. Erneut versammelten sich zahlreiche Menschen zu dezentralen Demonstrationen, erneut reagierten die Sicherheitsbehörden hart. Rund 300 Menschen wurden festgenommen.
Fast vier Monate nach der Präsidentschaftswahl in Belarus haben Regierungsgegner erneut gegen Machthaber Alexander Lukaschenko protestiert. Lokalen Medien zufolge gab es mehrere Dutzend Treffpunkte für Proteste in Minsk und anderen Städten. In Online-Netzwerken veröffentlichte Videos zeigten, wie kleine Gruppen von Demonstranten sich in Hinterhöfen versammelten, während andere mit rot-weißen Fahnen durch die Hauptstadt Minsk zogen.
Es ist der 18. Sonntag in Folge, an dem es zu Protesten kommt. Im Gegensatz zu den zentralen Massenprotesten kurz nach der Wahl vom 9. August versucht die Opposition inzwischen, mit vielen kleinen Demonstrationen die Strategie der gewaltsam vorgehenden Sicherheitskräfte zu durchkreuzen.
"Vor Verbrechen nicht die Augen schließen"
"Jeder Marsch ist eine Erinnerung daran, dass sich die Belarusen nicht ergeben werden. Wir werden nicht zulassen, dass uns unsere Rechte weggenommen werden und vor Verbrechen die Augen verschließen", schrieb die im litauischen Exil lebende Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja auf dem Nachrichtendienst Telegram.
Die Opposition wirft Lukaschenko vor, sich bei der Präsidentenwahl mit Betrug und Manipulation eine sechste Amtszeit gesichert zu haben. Nach amtlichem Ergebnis gewann er mit großem Vorsprung vor der populären Tichanowskaja.
Wasserwerfer und Patrouillen in Zivil
Wie an den vergangenen Sonntagen gab es auch heute zahlreiche Festnahmen. Auf den Straßen patrouillierte die Polizei in zivilen Fahrzeugen, um Demonstranten aufzuspüren. Wasserwerfer wurden in Stellung gebracht. Die Polizei in Minsk teilte mit, in der Hauptstadt seien rund 300 Menschen festgenommen worden.
Erneut wurde auch das Mobilfunknetz gedrosselt, der Zugang zu Netzwerken wie der Telegram-App eingeschränkt und U-Bahn-Stationen abgesperrt.
Berichte über Folter
Auf dem Höhepunkt der Proteste gegen Lukaschenko waren in Minsk jeden Sonntag mehr als 100.000 Menschen auf die Straße gegangen. Immer wieder gingen die Sicherheitskräfte gewaltsam gegen die Demonstranten vor.
Tausende Menschen wurden von der Polizei festgenommen, viele berichteten von Folter und Missbrauch in der Haft. Mindestens vier Menschen starben während der Demonstrationen oder nach ihrer Festnahme, die Dunkelziffer dürfte höher sein.