Barroso sucht Mehrheit für seine Wiederwahl Klinkenputzen ist angesagt

Stand: 09.09.2009 19:58 Uhr

Seine Amtszeit neigt sich dem Ende zu: Josè Manuel Barroso, Präsident der Europäischen Kommission, bangt um seine Wiederwahl. Und wirbt deshalb intensiv um Stimmen bei den Europa-Abgeordneten. Die werden ihn wohl letztlich wiederwählen - lassen sich aber gerne erst noch mit Zusagen ködern.

Von Michael Götschenberg, MDR-Hörfunkstudio Brüssel

Auf Martin Schulz, den Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europa-Parlament, warten dutzende Kameras und Mikrofone. Schulz genießt den Medienrummel sichtbar - gerade war Jose Manuel Barroso da, und hat um die Gunst der sozialdemokratischen Europa-Abgeordneten gebuhlt. Klinkenputzen ist angesagt - wenn Barroso eine zweite Amtszeit an der Spitze der EU-Kommission will, dann braucht er eine Mehrheit im Europa-Parlament.

Barroso, Präsident der Europäischen Kommission

Auf Tour durch die Fraktionen: EU-Kommissionspräsident Barroso

Wunschliste für Barroso

„Wer die Zustimmung der sozialdemokratischen Fraktion haben will, der kann hier nicht Versprechungen machen, der muss harte Fakten liefern“, sagt der Sozialdemokrat Martin Schulz in die wartenden Mikrofone. Dabei wird dieser Tage gerne alles gefordert, was populär ist - dass die EU-Kommission vieles gar nicht alleine beschließen kann, scheint keine Rolle zu spielen. „Wir haben ihm Aufgaben mit auf den Weg gegeben: gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort für Männer und Frauen in Europa – das ist die zentrale Botschaft“, so Schulz. Auf der Wunschliste steht außerdem, dass der künftige europäische Außenminister ein Sozialdemokrat sein soll – auch diese Personalie entscheidet der Präsident der EU-Kommission nicht im Alleingang, sondern mit den Staats- und Regierungschefs der EU gemeinsam. Ob die Sozialdemokraten Barroso am Ende wählen werden, ist offen.

Noch eifriger umwirbt Barroso deshalb die Liberalen - denn ihre Stimmen gemeinsam mit denen der Konservativen würden rein rechnerisch schon reichen. Bei den Liberalen hat Barroso bereits erste politische Geschenke auf den Gabentisch gelegt. „Er hat uns zugesagt, es wird in der nächsten EU-Kommission einen Kommissar geben, der für Grundrechteschutz, Datenschutz und Flüchtlingsfragen zuständig ist – das ist eine liberale Forderung gewesen“, sagt der FDP-Europa-Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff.

Ausreichend Feinde

Barroso selbst gehört zum konservativen Lager - doch die Stimmen der Konservativen im Europa-Parlament alleine reichen eben nicht aus für eine Wiederwahl. „Mit einem Grundwohlwollen und nicht kontrovers“ habe man mit Barroso diskutiert, sagt Werner Langen, Vorsitzender der CDU-Gruppe im Europa-Parlament. Niemand bei den Konservativen stelle die Wahl von Barroso in Frage. Sicher aber ist nichts, immerhin ist die Abtimmung geheim. Und eins steht fest: Feinde hat Barroso sich in den zurückliegenden Jahren im Europa-Parlament in allen Fraktionen gemacht. Klar scheint bisher nur, dass sowohl Grüne als auch Linke im Europa-Parlament ihn geschlossen nicht wählen wollen.

Unnötige Panik

Barroso und seine Mannschaft hätten die Hosen gestrichen voll, witzelt ein Spitzenbeamter der EU-Kommission. Dabei muss er sich voraussichtlich keine Sorgen machen - am Ende wird er dann wohl doch gewählt. „Wer weiß, wen wir sonst vorgesetzt bekommen“, sagt ein deutscher Europa-Abgeordneter. Aller Voraussicht nach kommende Woche soll die Abstimmung stattfinden - bis dahin werden die Königsmacher im Europa-Parlament ihn wohl noch ein bisschen zappeln lassen.