
Die Afrikanische Union wird 50 Vom Plauderklub zum neuen Tiger?
Stand: 25.05.2013 11:27 Uhr
Als "Plauderklub der Diktatoren" wurde die Organisation für Afrikanische Einheit einst verspottet. Heute, 50 Jahre nach ihrer Gründung, nennt sie sich Afrikanische Union. Vieles läuft noch schleppend, aber militärisch hat sie sich Respekt verschafft.
Von Antje Diekhans, ARD-Hörfunkstudio Nairobi
Teshome Woldegiorgis arbeitete jahrelang als Schuhputzer vor dem Hauptsitz der Afrikanischen Union in Addis Abeba. Als er einen Job in der Cafeteria ergatterte, dachte er, dass er das große Los gezogen hätte. Doch es folgte schnell die Ernüchterung: "Als ich damals bei der AU anfing, war sich sehr aufgeregt und glücklich. Doch das änderte sich schnell, als ich die Zustände und Arbeitsbedingungen sah. Es ist ein riesiges Gelände und du musst unheimlich viel laufen."
Einmal hätten sogar seine Füße geblutet, sagt Woldegiorgis. "Und das alles für gerade mal 20 Dollar im Monat. Du verbringst den ganzen Tag mit hochrangigen Diplomaten, aber du kannst dir nicht mal eine neue Hose kaufen. So entschied ich mich, zu kündigen." Heute ist er Autowäscher, was ihm deutlich mehr einbringt.
Ein "Plauderklub" ohne Durchsetzungskraft
Die Afrikanische Union (AU) hat schon viele Hoffnungen platzen lassen - im Kleinen und im Großen. Sie ist Nachfolgerin der Organisation für Afrikanische Einheit, die vor 50 Jahren an den Start ging. Der Staatenbund sollte die Länder des Kontinents enger zusammenbringen. Doch schnell war er als "Plauderklub der Diktatoren" verschrieen, der viele Beschlüsse produzierte, aber keine Durchsetzungskraft hatte.
Als die Afrikanische Union 2002 übernahm, wollte sie es besser machen. Doch vieles läuft noch immer schleppend, meint der Politikwissenschaftler Hamdy Abdelrahman Hassan von der Universität Kairo: "Ob 'Afrikanische Union' oder die 'Vereinigten Staaten von Afrika' - das sind doch nur Slogans. Gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Fortschritt, der das Leben der Menschen hier wirklich verändern würde, der fehlt noch immer in Afrika."
Ein Prachtbau für 200 Millionen Dollar
Zumindest äußerlich hat die AU einen Neuanfang geschafft. Seit Anfang vergangenen Jahres residiert sie in einem funkelnden Turm aus Glas und Marmor. Der 200 Millionen Dollar teure Prachtbau war ein Geschenk Chinas und ist mit 100 Metern das höchste Gebäude in Addis Abeba. Projektkoordinator Fantahun Haile Michael sagt, der Turm symbolisiere die neuen großen Anforderungen an die AU: "Afrika ist keine Insel. Was auch immer woanders in der Welt geschieht, hat auch Auswirkungen hier. Heute herrschen andere Zustände als bei der Gründung der Organisation. Uns beschäftigt vor allem die ökonomische Entwicklung. Afrika soll wachsen, es soll Frieden herrschen, das Leben der Leute soll sich verbessern."
Wird der Bettvorleger zum Tiger?
Respekt haben der Afrikanischen Union zuletzt vor allem ihre militärischen Einsätze auf dem Kontinent eingebracht. Der AU-Truppe in Somalia gelang es nach einigen Anlaufschwierigkeiten, die Islamisten im Lande zurückzudrängen. Die Militärmission dort gilt inzwischen als mögliches Vorbild für eine dauerhafte afrikanische Eingreiftruppe. Nachdem lange Zeit über den Bund afrikanischer Staaten als eine Art Bettvorleger gelästert wurde, scheint er sich nun zum Tiger zu entwickeln, der Zähne zeigt.
Auch wirtschaftlich sind zumindest einige Staaten auf dem Sprung. Der Internationale Währungsfonds zählte im vergangenen Jahr zu den zehn Ländern mit den höchsten Wachstumsraten ganze sieben vom afrikanischen Kontinent - darunter beispielsweise das Ölland Angola.
Zum Jubiläum ist Projektkoordinator Michael darum zuversichtlich: "Es gibt keinen Zweifel an den Erfolgen der Afrikanischen Union, trotz einiger Probleme. Man kann daher bestimmt nicht sagen, dass die Gründung des Staatenbundes ein Fehler war. Wir haben einiges geleistet. Wir hätten sicherlich noch viel mehr tun können, aber es gibt eben auch wirklich viele Herausforderungen. Deshalb müssen wir uns jetzt verbessern und diese Probleme lösen."