Ein Mann sucht nach Überlebenden in den Trümmern in Diyarbakir.

Stärke von 7,5 Weiteres Beben erschüttert Türkei

Stand: 06.02.2023 16:57 Uhr

Nach heftigen Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet wird aus dem Südosten der Türkei ein weiterer Erdstoß der Stärke 7,5 gemeldet. Die Behörden beider Länder melden bislang mindestens 2300 Todesopfer. Internationale Hilfe ist auf dem Weg.

Nach mehreren schweren Erdbeben in der östlichen Mittelmeeregion ist es am Mittag zu einem neuen Beben im Südosten der Türkei gekommen. Laut US-Erdbebenwarte hatte es eine Stärke von 7,5. Das Epizentrum habe in der Provinz Kahramanmaras gelegen, meldete die Erdbebenwarte Kandilli in Istanbul. Auch in Syrien und im Libanon bebte die Erde.

Die Zahl der Toten in der türkisch-syrischen Grenzregion ist auf mindestens 2300 gestiegen. Allein in der Türkei kamen nach Angaben des Katastrophenschutzdienstes Afad 1498 Menschen ums Leben. Mehr als 8500 Menschen seien verletzt worden.

In Syrien stieg die Zahl der Toten auf mehr als 850, wie das Gesundheitsministerium sowie die Rettungsorganisation Weißhelme mitteilten. Mehr als 2300 Menschen seien verletzt worden.

Karte von der Türkei und Syrien mit mehreren Erdbeben (Stand 6.2.23 12 Uhr)

Zahlreiche Gebäude eingestürzt

In einem Gebiet von den syrischen Städten Aleppo und Hama bis in das türkische Diyarbakir, mehr als 330 Kilometer nordöstlich, stürzten zahlreiche Gebäude ein. Rettungskräfte und Anwohner suchen verzweifelt nach Überlebenden unter den Trümmern. In der Türkei stürzte ein Krankenhaus ein.

Auf der syrischen Seite der Grenze erschütterte das Beben von der Opposition kontrollierte Regionen, in denen rund vier Millionen Menschen leben, die wegen des Bürgerkriegs aus anderen Teilen des Landes vertrieben wurden. Die ohnehin überlasteten Gesundheitseinrichtungen und Krankenhäuser waren nach Angaben der Rettungskräfte schnell überfüllt. Andere mussten geräumt werden, darunter eine Entbindungsklinik, wie die medizinische Organisation SAMS mitteilte.

Viele Tote und Verletzte nach Erdbeben im Grenzgebiet zwischen Türkei und Syrien

Katharina Willinger, ARD Istanbul, tagesschau 17:00 Uhr

Internationale Hilfe auf dem Weg

Die internationale Hilfe läuft an. Die NATO-Mitglieder seien dabei, Unterstützung zu mobilisieren, teilte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg auf Twitter mit.

Die Türkei hat bereits eine Aufstellung an die NATO-Bündniszentrale weitergeleitet. Demnach braucht sie medizinische Nothilfeteams, notfallmedizinische Ausrüstung sowie Such- und Rettungsteams, die auch unter schweren Bedingungen arbeiten können. Konkret werden zudem drei für extreme Wetterbedingungen geeignete Feldkrankenhäuser und Personal für deren Einrichtung genannt.

EU-Rettungsteams auf dem Weg

Zehn Such- und Rettungsteams seien bereits von der Europäischen Union entsandt worden, erklärte der zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic auf Twitter. Zur Unterstützung wurde auch der Copernicus-Satellitendienst der EU aktiviert. Mit dessen Daten können unter anderem Lagekarten erstellt werden, die ein detailliertes Ausmaß der Schäden zeigen.

Die Bundesregierung will ebenfalls Hilfe schicken. "Das Technische Hilfswerk kann Camps mit Notunterkünften und Wasseraufbereitungseinheiten bereitstellen", erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Auch Hilfslieferungen mit Notstromaggregaten, Zelten und Decken bereite das THW bereits vor. Ein Krisenstab im Auswärtigen Amt soll über die Koordinierung beraten.

Botschafter dankt für "Welle der Solidarität der Deutschen"

Der türkische Botschafter in Berlin, Ahmet Basar Sen, dankte "für die immense Welle der Solidarität der Deutschen". Er sei im engen Austausch mit der Bundespolizei, dem Innen- und Außenministerium und dem Kanzleramt, erklärte der Botschafter. "Die gewaltige Erdbebenkatastrophe, die heute unser Land getroffen hat, erfüllt sowohl die Türkei als auch unsere Bürgerinnen und Bürger, die in Deutschland leben, mit großer Trauer", sagte er. "Seit den frühen Morgenstunden befinden sich sowohl unsere Botschaft in Berlin als auch unsere Generalkonsulate in Deutschland im Ausnahmezustand."

Biden: "Jede notwendige Hilfe leisten"

Auch die USA boten ihre Hilfe an. "Ich bin zutiefst traurig über den Verlust an Menschenleben und die Zerstörung durch das Erdbeben in der Türkei und in Syrien", erklärte US-Präsident Joe Biden auf Twitter. "Ich habe mein Team angewiesen, die Situation in Koordination mit der Türkei weiterhin genau zu beobachten und jede notwendige Hilfe zu leisten."

Nach Angaben von Außenminister Antony Blinken ist die erste Unterstützung aus den USA für die Türkei bereits unterwegs. In Syrien seien zudem humanitäre Organisationen im Einsatz, die von den USA unterstützt würden, heißt es in einer Erklärung.

Humanitäre Hilfe aus Israel, Indien und Russland

Israel kündigte ebenfalls an, der Türkei humanitäre Hilfe zu leisten. Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant wies Armee und Verteidigungsministerium an, entsprechende Vorbereitungen zu treffen. Auch in Syrien wolle Israel humanitäre Hilfe leisten, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Offiziell befinden sich Israel und Syrien im Krieg. Wie die Hilfe für Syrien konkret aussehen soll, ist noch nicht bekannt.

Auch Indien kündigte Unterstützung an. Such- und Rettungsteams des indischen Katastrophenschutzes mit trainierten Hunden und entsprechender Ausrüstung sowie Ärzte und Rettungssanitäter mit wichtiger Medizin sollen geschickt werden, teilte das Außenministerium in Neu Delhi mit.

Russland will nach eigenen Angaben Rettungsteams in die Türkei und nach Syrien schicken. Der Minister für Katastrophenschutz, Aleksandr Kurenkow, teilte mit, 100 Such- und Rettungskräfte stünden für die Erdbebengebiete bereit. Auch Griechenland erklärte sich trotz der schweren Spannungen mit der Türkei bereit, Rettungsmannschaften in das Erdbebengebiet zu schicken.

Stephan Ueberbach, Stephan Ueberbach, SWR Brüssel, 06.02.2023 13:57 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 06. Februar 2023 um 12:00 Uhr.