Eine Frau geht in Teheran an einem Wandbild vorbei, dass die verstümmelte Freiheitsstatue zeigt.
Hintergrund

Atomabkommen mit Iran Festgefahrene Konfrontation

Stand: 03.02.2021 12:59 Uhr

Unter Ex-Präsident Trump waren die USA aus dem Atomabkommen mit Iran ausgestiegen. Mit der neuen US-Regierung von Biden könnte es nun eine Wiederbelebung geben. Doch keine Seite möchte den ersten Schritt wagen.

Man selbst habe sich immer an alle Vorgaben des Atomabkommens gehalten, lamentierte Irans Außenminister Mohammad Javad Zarif kürzlich in einem Interview mit dem US-Sender CNN. "Die USA haben sich nicht an die Abmachung gehalten und führen nun einen Wirtschaftskrieg gegen uns", sagte Zarif. "Erst wenn sie damit aufhören, fahren wir die Urananreicherung innerhalb eines Tages wieder runter." Seine Forderung: die Aufhebung der US-Sanktionen gegen die Islamische Republik.

Dass die Sanktionen fallen ist das oberste Ziel der iranischen Regierung. Und die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Die Wirtschaft der Islamischen Republik ist gelähmt. Die US-Sanktionen betreffen unter anderem den Banken-, Öl- und Transportsektor des Landes. Will das System überleben, muss es verhandeln, glauben zahlreiche Beobachter.

"Wir nennen das ein Mexican Standoff"

Die neue US-Regierung unter Präsident Joe Biden hat zwar durchaus Interesse daran, zurück zu einem Abkommen mit dem Iran zu finden. Doch dafür stellt sie ihrerseits eine Forderung: Erst wenn der Iran zu seinen Verpflichtungen zurückkehre und die Urananreicherung wieder auf die im Atomabkommen erlaubte Menge herunterfahre, sei man in Washington zu Gesprächen bereit. "Wir nennen das in den USA ein Mexican Standoff", stellte CNN-Moderatorin Christiane Amanpour während des Interviews mit dem iranischen Außenminister Zarif irgendwann fest.

Es ist eine Patt-Situation. Ein Duell wie in einem Western-Film, bei dem sich die Konfliktparteien gegenseitig bedrohen - aber doch keiner versucht, zu einer Einigung zu kommen.

Zwar brachte Zarif den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell als Vermittler ins Spiel. Doch Irans Präsident Hassan Rohani betonte nun erneut, dass der Iran zu keinen Kompromissen bereit sei: "Das Abkommen bleibt so wie es ist, die USA können zurückkehren oder eben nicht", sagte Rohani. "Nichts wird geändert, kein Unterzeichner wird hinzugefügt." Zuvor hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vorgeschlagen, neue Gespräche sollten auch Saudi-Arabien mit einschließen.

Zurück zum ursprünglichen Abkommen

"Biden hat nur eine Chance", sagt der Teheraner Politologe Fouad Izadi. "Er muss zum ursprünglichen Abkommen zurück. Wenn sie mit der Vereinbarung spielen, glaube ich, dass die iranische Regierung gezwungen ist, das neue Gesetz rund um das Atomabkommen umzusetzen." Izadi meint ein im vergangenen Jahr verabschiedetes Gesetz. Danach sollen von 21. Februar an keine Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde mehr in iranische Atomanlagen gelassen werden, sollten die USA die Sanktionen bis dahin nicht aufgehoben haben. Denn ein anderer Teil dieses Gesetzes wurde bereits umgesetzt: Die Urananreicherung im Iran wird seit Beginn des Jahres kontinuierlich hochgefahren.

Dies sei eine altbewährte Strategie des iranischen Systems, sagt der Berliner Iran-Experte Ali Fathollah-Nejad. Er beobachtet schon lange die Außenpolitik und Rhetorik des Irans rund um das Atomabkommen. Das derzeitige Vorgehen bezeichnet er als "Alarmismus vom Feinsten". Fathollah-Nejad sagte: "Der Iran versucht dem Westen Folgendes zu suggerieren: Ihr müsst jetzt schnell sein. Sonst haben wir womöglich bald eine Bombe. Die gleiche Strategie hatte man schon vor den Verhandlungen mit Obama."

Europäische Union als mögliche Vermittlerin

Doch der Preis, den der Iran dafür zahlen müsste, sei zu hoch, glaubt Fathollah-Nejad. Schließlich sind da zwei weitere Unterzeichner des Atomabkommens und zugleich Handelspartner des Irans. "China und Russland würden entfremdet, sie haben kein Interesse, dass der Iran zur Atommacht aufsteigt", sagt Fathollah-Nejad, "und die Lockerung der US-Sanktionen würde in noch weitere Ferne rücken." Sein Fazit: Bestünde der Westen auf Verhandlungen, müsse der Iran irgendwann nachgeben. Das wüssten selbst die Hardliner.

Ob Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Union womöglich doch noch vermitteln können, darüber soll es bereits Gespräche mit der US-Regierung geben. Der von Zarif vorgeschlagene EU-Außenbeauftragte Borrell koordiniert ohnehin ein gemeinsames Gremium im Atomabkommen. Er könne die notwendigen Handlungen lenken, so der iranische Außenminister. Und in Washington entschied man kurz nach diesem Vorschlag, zumindest einen Flugzeugträger aus der Region zurück in die USA zu holen. Ein Signal des guten Willens. Und vielleicht ein erster kleiner Schritt hinaus aus der Patt-Situation, weg vom "Mexican Standoff".