Kanzler Scholz und Sheich Mohamed bin Zayed al-Nahyan beobachten die Unterzeichnung von Energieverträgen in Abu Dhabi

Vertrag in Abu Dhabi unterzeichnet Deutschland erhält Flüssiggas aus Emiraten

Stand: 26.09.2022 10:01 Uhr

Im Dezember soll eine erste Lieferung Flüssiggas aus den Vereinigten Arabischen Emiraten am LNG-Terminal in Brunsbüttel eintreffen. Ein entsprechender Vertrag wurde während des Besuchs von Kanzler Scholz in Abu Dhabi unterzeichnet.

Auf der Suche nach kurzfristig verfügbarem Ersatz für das nicht mehr gelieferte Gas aus Russland ist die Bundesregierung einen Schritt weitergekommen: Eine erste Lieferung Flüssiggas aus den Vereinigten Arabischen Emiraten soll im Dezember eintreffen, wie beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) bekanntgegeben wurde.

Der Essener Energiekonzern RWE schloss in den VAE mit der Abu Dhabi National Oil Company einen Vertrag über eine erste Lieferung von 137.000 Kubikmetern LNG ab. Sie soll im Dezember am neuen LNG-Terminal in Brunsbüttel an der Elbmündung eintreffen. Laut RWE wurde ein Memorandum über mehrjährige Lieferungen ab 2023 unterzeichnet. Der Konzern sprach von einem "Meilenstein" für den Aufbau einer LNG-Versorgungsinfrastruktur in Deutschland und für den Aufbau einer diversifizierten Gasversorgung.

Zudem ging es um die Lieferung von Dieselkraftstoff. Hier wurde nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur WAM mit dem niedersächsischen Energieunternehmen Hoyer eine Vereinbarung über bis zu 250.000 Tonnen Diesel monatlich getroffen.

"Wir kommen durch diesen Winter"

Scholz zeigte sich mit Blick auf die bevorstehende Heizperiode zuversichtlich. Die Bundesregierung habe sehr weitreichende Entscheidungen getroffen, die dazu beigetragen hätten, dass Deutschlands Versorgungssicherheit "in einem Maße gesichert ist, wie man das vor Monaten noch nicht hat erwarten können", sagte er. "Jetzt, wo der Herbst gerade begonnen hat, können wir sagen, wir kommen durch diesen Winter."

Energiepartnerschaft mit Emiraten

Daniel Hechler, ARD Kairo, tagesschau 17:45 Uhr

Dazu beigetragen hätten der Bau von Terminals an den norddeutschen Küsten, die Ausweitung der Kapazitäten für Flüssiggasimporte sowie mehr Möglichkeiten, Gas beispielsweise aus den Niederlanden und Norwegen zu importieren. All das habe dazu geführt, dass die Speicher vollgemacht werden konnten. Zudem würden Kohlekraftwerke weiter genutzt und es werde sichergestellt, dass die Atomkraftwerke im Süden weiterlaufen können.

Zur Zukunft der umstrittenen Gasumlage äußerte sich der Kanzler ausweichend. Die dafür eingerichtete Kommission habe erstmals am Samstag getagt, die Arbeit sei "sehr konstruktiv" gewesen.

Keine Abhängigkeiten mehr von einem Partner

Der Bundeskanzler betonte, wie wichtig es sei, bei der Energieversorgung auf möglichst viele Anbieter zu setzen. Die Abhängigkeit von einem Lieferanten "wird uns sicherlich nicht wieder passieren", sagte Scholz. Man wolle sich nicht mehr wie in der Vergangenheit auf wenige Lieferanten beschränken, "sondern vielfältige Quellen haben, um die Energiesicherheit in Deutschland gewährleisten zu können".

Produktion von Flüssiggas in der Welt voranbringen

Mit Blick auf die Ausweitung der Gasförderung in den Golfstaaten fügte er hinzu: "Es ist wichtig, dass überall solche Projekte abgeschlossen werden. Wir müssen dafür sorgen, dass die Produktion von Flüssiggas in der Welt so weit vorangebracht wird, dass die hohe Nachfrage, die existiert, bedient werden kann, ohne dass auf die Produktionskapazitäten zurückgegriffen werden muss, die in Russland existieren." Das sei mit all den Gasprojekten verbunden, die überall in der Welt entstünden.

"Wir können jetzt sagen, wir kommen wohl durch diesen Winter", Kanzler Scholz, zu ersten Ergebnissen bei Besuch in Golfregion

tagesschau 14:00 Uhr

Entwicklung zu einer klimaneutralen Volkswirtschaft

Es gehe um die langfristige Weiterentwicklung hin zu einer klimaneutralen Volkswirtschaft. "Und das gelingt nur in enger Kooperation mit den Ländern, die bisher eine so große Rolle bei der Bereitstellung fossiler Ressourcen gestellt haben und aus eigenem Interesse in großem Maßstab weiter investieren, dass es ihnen möglich wird, auch in der künftigen Welt noch einen Beitrag zu leisten für die Energieversorgung der Welt", sagte Scholz.

Auch der Konflikt im Jemen war Thema bei der Visite von Scholz in der Golfregion. Er dankte Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten für ihre Bemühungen um den Waffenstillstand im Bürgerkriegsland. "Beide Länder, sowohl Saudi-Arabien als auch die VAE, nehmen eine Position ein, die sehr auf eine friedliche Entwicklung des Jemen setzt", sagte Scholz. Sie setzten sich dafür ein, die Situation im Jemen zu stabilisieren. Unter anderem mit Hinweis auf die bisherige Rolle Riads im Jemen hatte Deutschland Waffenexporte nach Saudi-Arabien untersagt. Der Konflikt gilt als Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran.

Die emiratische Staatsagentur WAM teilte mit, der emiratische Präsident Mohammed bin Sajid und Scholz hätten "Zusammenarbeit, Dialog und Vorrang diplomatischer Lösungen" als Schlüssel bezeichnet im Umgang mit "verschiedenen Problemen und Krisen".

Katar hat die drittgrößten Gasreserven weltweit

Bis zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bezog Deutschland noch 55 Prozent seines Erdgases aus Russland. Inzwischen sind die Lieferungen von dort zum größten Teil eingestellt und die deutschen Gasversorger suchen nach neuen Bezugsquellen.

Die Vereinigten Arabischen Emirate verfügen über die siebtgrößten Erdgasvorkommen weltweit. Katar verfügt über die drittgrößten Gasreserven weltweit und ist führender Exporteur von Flüssiggas. Mit Katar gibt es bislang keine konkreten Liefervereinbarungen, daran hat auch Scholz' Besuch dort nichts geändert. Katar war die letzte Station seiner Reise durch die Golfregion. "Wir wollen weitere Fortschritte dort erreichen", sagte Scholz nach einem Treffen mit Emir Tamin bin Hamad bin Khalifa Al Thani.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte bei einem Besuch in Katar im März eine "Energiepartnerschaft", unterzeichnet.

Dass der nun abgeschlossene Vertrag mit den VAE nur ein erster kleiner Schritt ist, zeigt folgender Vergleich: Vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine floss allein am 1. Februar nach Angaben des Betreibers Gas mit einer Energiemenge von 1,76 Milliarden Kilowattstunden durch die Pipeline Nord Stream 1. Die jetzt vereinbarte erste Lieferung von 137.000 Kubikmetern Flüssiggas für RWE per Schiff aus den Vereinigten Arabischen Emiraten entspricht etwa 0,95 Milliarden Kilowattstunden - umfasst also weniger als die Menge, die im Februar an einem Tag über Nord Stream 1 bewegt worden war.

Miriam Staber, ARD Kairo, 25.09.2022 19:09 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 25. September 2022 die tagesschau um 14:00 Uhr sowie tagesschau24 um 10:00 Uhr und MDR Aktuell um 11:08 Uhr.