
Pakistan Die Not nach der Flut
Die Flutkatastrophe vom Sommer hat Millionen Menschen in Pakistan in Not gestürzt - so viele, dass das Welternährungsprogramm nicht jedem helfen kann. Und die zugesagten Spendengelder fließen nur langsam.
Der 17-jährige Saif Ullah hat sich in die Schlange eingereiht. Er wartet darauf, dass er Lebensmittel vom Welternährungsprogramm erhält. Seine Familie hat durch das schwere Monsun-Hochwasser im August in Pakistan fast alles verloren, die Not ist groß.
Die Flut habe einen Teil ihres Ackerlands weggespült, berichtet er, das Wohnhaus sei "nahezu zerstört" und drohe einzustürzen - "wir können es nicht mehr bewohnen".
Kampf ums Überleben
Es war eine Flutkatastrophe historischen Ausmaßes, die Pakistan im vergangenen Sommer erlebte. 33 Millionen Menschen waren betroffen, mehr als 1500 Menschen starben. Die Weltbank beziffert die Höhe der entstandenen Schäden auf rund 30 Milliarden US-Dollar.
Auch in Ullahs Heimategion am Swat-Fluss im Norden Pakistans wurden Häuser, Verbindungsstraßen und Brücken weggerissen. "Wir haben nach den Überschwemmungen fast 45 Tage in einem Zelt gelebt", berichtet er. Jetzt ist er mit seinen Geschwistern bei Verwandten untergekommen.
Eigene Einnahmen hat die Familie nach dem Verlust der Felder nicht mehr, sie kämpft ums Überleben - an einen Wiederaufbau des Hauses ist nicht zu denken.
Dabei wollte Ullah eigentlich studieren, doch da der Vater schon vor ein paar Jahren verstarb, ist er jetzt als ältester Sohn der Familie für seine Mutter und sieben Geschwister verantwortlich.
Hilfe, die für einen halben Monat reicht
Öl zum Kochen, Linsen, Salz und zwei Sack Mehl erhält Ullah vom UN- Welternährungsprogramm. Damit kommt die Familie gerade einen halben Monat über die Runden.
Es sind so viele Menschen, die fast alles verloren haben, dass das UN-Welternährungsprogramm auswählen muss, wer Hilfe bekommt. Hamza Bilal ist deshalb im Auftrag der UN-Organisation im Swat-Tal unterwegs, verschafft sich ein Bild über das Ausmaß der Zerstörung, den Hilfebedarf und vergewissert sich, dass die Lebensmittel bei den Hilfsbedürftigen ankommen.
Doch das Welternährungsprogramm habe bisher nur einen Teil der zugesagten internationalen Spendengelder nach der Flutkatastrophe erhalten, so der Direktor für Pakistan, Chris Kaye. Um das Hilfsprogramm bis zum Mai fortsetzen zu können, werde dringend mehr Geld gebraucht.
"Die Überschwemmungen in Pakistan sind ein gutes Beispiel dafür, wie die Klimakrise Menschenleben, Lebensgrundlagen und Infrastrukturen vernichtet", so Kaye. "Die Wahrheit ist, dass Pakistan und andere Länder, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, weiterhin extreme Klimaereignisse erleben werden. Wir müssen die Menschen darauf vorbereiten, kommende Krisen zu überstehen."
Wetterextreme - trotz geringer CO2-Produktion
Pakistan gehört zu den Ländern, die besonders vom Klimawandel und Wetterextremen bedroht sind, obwohl das Land weltweit mit am wenigsten Treibhausgase produziert. Im April und Mai wurden in Pakistan die höchsten Temperaturen seit 61 Jahren gemessen, mit Spitzenwerten bis 50 Grad Celsius.
Kurz darauf kam die Flutkatastrophe. Und nun ist im Hochgebirge im Norden Pakistans der Winter hereingebrochen, bis auf minus zehn Grad sinken die Temperaturen herab, berichtet Ullah.
In Ullahs Heimatregion könnte es auch in Zukunft schwere Überschwemmungen geben. Dennoch würde seine Familie gern in ihr Haus am Swat-Fluss zurückkehren - trotz aller Zerstörung will sie diese Hoffnung nicht aufgeben.