Aung San Suu Kyi (Archivbild: 17.07.2019)

Myanmar Aung San Suu Kyi in Einzelhaft verlegt

Stand: 23.06.2022 13:20 Uhr

Die Situation für Myanmars Ex-Regierungschefin Aung San Suu Kyi wird immer ernster: Die Friedensnobelpreisträgerin ist in Einzelhaft gebracht worden. Die Junta verweigert dem Roten Kreuz weiterhin den Besuch von Gefängnissen.

Langjährigen Hausarrest ist Myanmars entmachtete Ex-Regierungschefin Aung San Suu Kyi gewohnt - jetzt aber ist sie noch isolierter. Die Friedensnobelpreisträgerin ist in ein Gefängnis in der Hauptstadt Naypyidaw gebracht worden, wie Junta-Sprecher Zaw Min Tun mitteilte. Die 77-Jährige befindet sich dort den Angaben zufolge in Einzelhaft.

Die Bewegung des zivilen Ungehorsams in Myanmar bezeichnete das Verhalten der Junta auf Twitter als "rachsüchtig und schändlich".

Ein Sprecher der Schattenregierung (Regierung der Nationalen Einheit, NUG) twitterte, man sei sehr besorgt über die Verlegung von Suu Kyi in Einzelhaft. "Aung San Suu Kyi und alle politischen Gefangenen müssen in Myanmar freigelassen werden", hieß es.

Diverse angebliche Vergehen

Suu Kyi war im Zuge des Militärputsches vom Februar 2021 festgenommen und unter Hausarrest gestellt worden. Die prominente Politikerin muss sich schon seit Monaten wegen zahlreicher angeblicher Vergehen vor Gericht verantworten. Unter anderem sieht sie sich mit fast einem Dutzend Korruptionsklagen konfrontiert. Für jeden Anklagepunkt drohen der Politikerin bis zu 15 Jahre Gefängnis.

Im April fiel ein erstes Urteil wegen Korruption: Ein Gericht verurteilte Suu Kyi zu fünf Jahren Haft. Jedoch war lange nicht klar, ob sie wirklich ins Gefängnis muss. Sie selbst hatte den Vorwurf zurückgewiesen, Gold und 600.000 US-Dollar (560.000 Euro) Bestechungsgeld von einem Politiker angenommen zu haben.

Menschenrechtler sprechen von Schauprozess

Zuvor war sie in einem anderen Verfahren wegen kleinerer Vergehen bereits zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Die Gerichtstermine finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Suu Kyis Anwälte dürfen nicht mit Medien kommunizieren. Menschenrechtler sprechen von einem Schauprozess. Sie kritisieren die Anklagen als politisch motiviert, um Myanmars Opposition endgültig kaltzustellen.

Suu Kyi hatte bereits in der Vergangenheit insgesamt 15 Jahre unter Hausarrest gestanden. Vor fast 20 Jahren wurde sie in der größten Stadt Yangon kurzzeitig im wegen seiner Foltermethoden berüchtigten Insein-Gefängnis festgehalten.

Für die Generäle zu gefährlich?

Seit 2016 war sie faktische Regierungschefin und das frühere Birma auf dem Weg zu zaghaften demokratischen Reformen. Bei der Parlamentswahl im November 2020 sicherte sie sich mit klarem Vorsprung eine zweite Amtszeit. Beobachter glauben, dass sie den Generälen, die das Land Jahrzehnte lang mit eiserner Faust regiert hatten, zu gefährlich geworden war und diese deshalb Anfang 2021 putschten. Die Junta begründete den Umsturz hingegen mit angeblichem Wahlbetrug - Beweise dafür wurden aber nicht vorgelegt. Das Land versinkt seit fast eineinhalb Jahren in Chaos und Gewalt.

Keine Besuche in Gefängnissen

Zudem verweigert die Junta dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und Familienangehörigen weiterhin den Besuch von Gefängnissen. Die IKRK-Regionaldirektorin für Asien/Pazifik, Christine Cipolla, verlangte "schnellstmögliche Wiederaufnahme" der humanitären Gefängnisbesuche, wie das unabhängige myanmarische Nachrichtenportal Mizzima berichtet. Cipolla hielt sich demnach vom 15. bis 18. Juni in Myanmar auf und traf sich mit Vertretern mehrerer Ministerien.

Die Junta hatte nach dem Putsch vom 1. Februar 2021 Besuche von Gefangenen untersagt und das bis heute geltende Verbot mit der Corona-Pandemie begründet. In weiten Teilen Myanmars setzt die Armee unterdessen ihre Offensive gegen den Widerstand mit allen militärischen Mitteln fort.

UN-Experte glaubt nicht an freie Wahlen

Für das kommende Jahr wurden Wahlen in Myanmar in Aussicht gestellt. Dazu sagte der UN-Sonderberichterstatter für die Lage der Menschenrechte, Tom Andrews: Das Militär arbeite hart daran, den Eindruck von Legitimation zu vermitteln. Er forderte die internationale Gemeinschaft auf, nicht auf die Propaganda der Junta hereinzufallen.

"Jede Andeutung, dass es in Myanmar im Jahr 2023 freie und faire Wahlen geben könnte, ist offen gesagt absurd", erklärte Andrews während eines Besuchs in Malaysia. Freie und faire Wahlen könnten nicht stattfinden, wenn Kritiker eingesperrt würden. "Ihre Propagandamaschine arbeitet rund um die Uhr, und sie werden jedes Fitzelchen an Beweisen nutzen, das sie finden können, um den Anschein zu erwecken, dass die internationale Gemeinschaft sie als legitim anerkennt." Das Ausland müsse daher sehr vorsichtig sein.