
Israel Netanyahu kann rechts-religiöse Regierung bilden
Israels langjähriger Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat kurz vor Ablauf einer Frist zur Bildung einer neuen Regierung Erfolg vermeldet. Künftig will er das Land mit einer rechts-religiösen Koalition regieren.
Israels designiertem Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu ist die Bildung einer rechts-religiösen Regierungskoalition gelungen. Dies teilte der Vorsitzende der rechtskonservativen Likud-Partei kurz vor Ablauf einer Frist dem Staatspräsidenten Izchak Herzog mit, wie ein Sprecher bestätigte.
Netanyahu strebe nun eine zügige Vereidigung der neuen Regierung an. Dies solle wenn möglich bereits in der kommenden Woche geschehen. Formell müsste die neue Regierung bis zum 2. Januar vereidigt werden.
In seinem Gespräch mit Herzog habe Netanyahu bekräftigt, dass sich die künftige Regierung "um alle Bürger Israels kümmern" werde. Auch der Staatspräsident habe die Notwendigkeit betont, sich für alle Bevölkerungsgruppen einzusetzen. "Ich hoffe, dass Ihr alle Euch für diese Aufgabe engagieren werdet", zitierte die Nachrichtenagentur dpa Herzog.
Rechtsextreme an Regierung beteiligt
Bis zuletzt liefen noch Verhandlungen zwischen den künftigen Koalitionspartnern. Erstmals in der Geschichte Israels werden auch rechtsextreme Kräfte an der Regierung beteiligt sein. Neben Netanyahus rechtskonservativer Likud-Partei sind künftig das rechtsextreme Religiös-Zionistische Bündnis sowie zwei streng religiöse Parteien in der Koalition vertreten. Es ist die am weitesten rechts stehende Regierung, die Israel je hatte.
Die neue Regierung will tiefgreifende politische Veränderungen durchsetzen, die Netanyahu auch bei seinem aktuell laufenden Korruptionsprozess in die Hände spielen könnten. Es wurden bereits mehrere umstrittene Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, die als Voraussetzung für einen gemeinsamen Koalitionsvertrag gelten.
Koalition nach fünfter Wahl innerhalb kurzer Zeit
Netanyahus Lager hatte bei der Wahl am 1. November 64 von 120 Sitzen geholt. Anschließend hatte er 28 Tage Zeit, eine neue Regierung zu bilden. Diese Frist wurde nochmals um zehn Tage verlängert.
Es war bereits die fünfte Wahl in Israel binnen dreieinhalb Jahren. Der frühere Langzeit-Ministerpräsident kehrt damit nach anderthalb Jahren in der Opposition an die Macht zurück. In Israels Geschichte war niemand länger im Amt als er.
Der 73-jährige rechtskonservative Politiker war von 1996 bis 1999 Ministerpräsident, danach wieder durchgängig von 2009 bis 2021. Mit seiner Ablösung im vergangenen Jahr galt die Ära Netanyahu vorerst als beendet. Die Acht-Parteien-Koalition seiner Nachfolger war im Juni jedoch an inneren Streitigkeiten zerbrochen. Die liberale Zukunftspartei des scheidenden Regierungschefs Jair Lapid landete mit 24 Mandaten bei der Wahl auf dem zweiten Platz.
Koalitionspartner kündigt radikales Programm an
Netanyahus ultra-rechter Koalitionspartner Bezalel Smotrich kündigte bereits vor der Wahl ein radikales Programm an, was auch eine Aufhebung des Verfahrens gegen Netanyahu bewirken könnte. Er will das Justizsystem deutlich schwächen.
Smotrich gilt auch als glühender Verfechter des Siedlungsausbaus im besetzten Westjordanland. Seine Partei soll künftig weitreichenden Einfluss bei der Verwaltung des Westjordanlands erhalten und strebt die Legalisierung weiterer Siedlungen an.
Die neue Regierung will auch eine sogenannte Überwindungsklausel auf den Weg bringen. Damit könnte eine Mehrheit der Knesset Gesetze verabschieden, auch wenn das Höchste Gericht diese als illegal einstuft. Experten warnen davor, dass durch die Umsetzung die Gewaltenteilung de facto aufgehoben und Israels Demokratie in Gefahr gebracht werde. Das rechts-religiöse Lager hatte dem Gericht in der Vergangenheit immer wieder Aktivismus und Einmischung in politische Entscheidungen vorgeworfen.