Zahlreiche Menschen nehmen an der Trauerzeremonie eines Mitglieds der Iranischen Revolutionsgarde teil.

Nach Tod von Soldaten Israel fürchtet Irans Rache

Stand: 31.05.2022 08:32 Uhr

Im Iran wurde ein Oberst der Revolutionsgarden erschossen, die Täter konnten fliehen. Teheran vermutet, dass Israel hinter dem Anschlag steckt. Israel äußert sich dazu nicht - und fürchtet nun Vergeltungsschläge.

Tausende Trauergäste kamen in der vergangenen Woche zur Beerdigung von Sayad Khodayee. Der Oberst der Iranischen Revolutionsgarden war kurz zuvor erschossen worden. Laut Medienberichten kamen die Täter mit Motorrädern und töteten den Iraner mit insgesamt fünf Kugeln. "Tod Israel" skandierten manche auf der Beerdigung laut Medienberichten.

"Wir fordern nichts als Rache", sagte eine Frau laut Aufnahmen der Agentur AP. "Definitiv eine harte Vergeltung. Das Blut darf nicht umsonst vergossen worden sein. Unsere Gegner müssen wissen, dass wir loyal gegenüber unseren Märtyrern sind und ihr Blut wertvoll ist."

Iran macht Israel verantwortlich

Die iranische Staatsführung kündigte bereits an, die Tötung des Obersts zu vergelten. Der Iran macht Israel für die Tat verantwortlich. Von der Regierung in Jerusalem aber heißt es: Kein Kommentar. Es ist üblich, dass Israel seine mögliche Rolle weder bestätigt noch dementiert. Das ermöglicht dem Land, Botschaften der Stärke auszusenden, ohne von den Gegnern allzu direkt verantwortlich gemacht zu werden. Das wiederum soll das Risiko von Vergeltungsschlägen zumindest reduzieren.

Doch Israels Taktik geht diesmal kaum auf. Die "New York Times" zitiert einen nicht näher genannten Offiziellen. Israel habe gegenüber der US-Regierung eingeräumt, hinter dem Attentat zu stecken. In Israel sind nun manche empört und vermuten, dass Washington Israels Rolle an die Medien durchgestochen hat. Die Interessen beider Länder in Sachen Iran sind aktuell recht verschieden. Die US-Regierung arbeitet an einer Neuauflage des Atomabkommens. Israel lehnt das ab und beobachtet genau, dass die Verhandlungen mit dem Iran aktuell deutlich ins Stocken geraten sind.

Getöteter Oberst soll Anschläge geplant haben

Der Iran ist Israels Erzfeind. Der Konflikt kann kaum noch als Schattenkrieg bezeichnet werden und wird immer offener ausgetragen. Israels Premierminister Naftali Bennett bestätigte nicht, dass Israel hinter dem Attentat steht. Trotzdem wurde er deutlich. Der getötete Oberst soll Anschläge und Angriffe im Ausland geplant haben - auch gegen Israelis.

"Viele Jahre lang hat das iranische Regime Terror gegenüber Israel und die Region über seine Stellvertreter ausgeübt", sagte Bennett. "Aber aus irgendeinem Grund hat der Iran selbst Immunität genossen. Wir haben das immer wieder gesagt: Diese Ära der Immunität ist vorbei. Wer Terroristen finanziert und bewaffnet, wer Terroristen beauftragt, wird den vollen Preis zahlen."

Israel fürchtet Vergeltungsschläge

Sollte Israel tatsächlich hinter der Tötung des Obersts mitten in Teheran stehen, wäre das außergewöhnlich. Bislang soll Israel auf iranischem Territorium ausschließlich Mitarbeiter des iranischen Atomprogramms getötet haben.

"Israel war bereits in der Vergangenheit in Teheran tätig", sagte Yaakov Amidror, früher Chef des Geheimdienstes der israelischen Armee, dem Portal "Ynet". Aber dieses Mal handelte Israel auch gegen einen einfachen Offizier der iranischen Revolutionsgarde. Damit übermittelt Israel die Botschaft: Wer gegen Israel tätig wird, gegen den wird Israel im Iran vorgehen."

Nun fürchtet Israel iranische Vergeltungsschläge. So verschärfte die israelische Regierung eine Reisewarnung für die Türkei. Aus Furcht vor Angriffen oder Entführungen gegen Israelis dort. Außerdem verstärkte die israelische Armee ihre Luft- und Raketenabwehr. Aus Furcht vor Drohnenangriffen aus Richtung Libanon und Syrien. Israels Armee setzt aber nicht nur auf Verteidigung. Der Angriff wird zumindest geprobt. Seit Wochen hält die Armee eine Großübung ab. Dabei wird auch ein Luftangriff gegen den Erzfeind simuliert: gegen den Iran.

Benjamin Hammer, Benjamin Hammer, ARD Tel Aviv, 31.05.2022 07:43 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk in der Sendung "Informationen am Morgen" am 31. Mai 2022 um 05:45 Uhr.