Menschen im Iran protestieren. | picture alliance / ZUMAPRESS.com

Studenten im Iran Protest gegen Geschlechtertrennung

Stand: 25.10.2022 00:12 Uhr

Im Iran wird weiter protestiert, auch an den Hochschulen. An der Scharif-Universität wehren sich Studierende gegen die Geschlechtertrennung, an einer anderen Uni muss ein Regierungssprecher einen Vortrag abbrechen.

Die Proteste gegen das iranische Regime gehen auch in dieser Woche weiter. An mehreren Universitäten des Landes, darunter auch in der Hauptstadt Teheran, demonstrierten Studentinnen und Studenten gegen die Politik der Regierung, wie iranische Medien berichteten.

Ein Sprecher der iranischen Regierung brach einen Vortrag an der Technischen Universität des Irans nach Protesten ab. Ali Bahadori Dschahromi sei von den Anwesenden ausgebuht worden, berichtete die Zeitung "Shargh". Er habe versucht, die Menge zu beruhigen und "Hört mir zu, hört mir zu" gerufen, konnte sich jedoch nicht durchsetzen. In einem Video war auch der Ruf "Tod dem Diktator!" zu hören. Als Dschahromi die Uni verließ, habe die Menge "Zisch ab!" gerufen.

Uni lässt Mensa schließen

Auch an der Scharif-Universität in Teheran gingen die Proteste weiter. Dort wehrten sich die Studierenden gegen die Geschlechtertrennung in der Mensa. Auf Bildern in sozialen Netzwerken war zu sehen, dass Männer und Frauen auf dem Campus gemeinsam picknickten. Schon am Wochenende hatten sie die Geschlechtertrennung in der Mensa ignoriert, viele Frauen hatten ihre Hijabs abgenommen. Daraufhin ließ die Uni-Leitung die Mensa schließen - Anhänger der regimetreuen Basidsch-Milizen verrammelten die Eingänge.

Mittlerweile sollen Studenten die Barrikaden wieder entfernt haben. Auf einem weiteren Video soll zu sehen sein, wie viele Dutzend Studenten in der Mensa "Azadi!", "Freiheit" rufen, nachdem sie die Barrikaden wieder abgebaut haben sollen. Auch eine Dozentin solidarisierte sich mit dem Protest und zeigte sich auf einem Foto auf Twitter ohne Kopftuch. Studierende bestätigten, dass der Account authentisch sei.

Die Universität kündigte an, beteiligte Studenten einer Strafkommission wegen Verstößen gegen die Geschlechtertrennung zu melden. Auf dem Campus der Sharif-Universität ist die Lage seit Wochen angespannt, nachdem Proteste von Sicherheitskräften gewaltsam niedergeschlagen worden waren. Polizei und Miliz riegelten das Gelände zwischenzeitlich ab.

Eltern protestieren vor Mädchenschule

Vor einer Mädchenschule in Teheran kam es ebenfalls zu Protesten. Laut der Weltspiegel-Moderatorin und WDR-Journalistin Isabel Schayani versammelten sich auf dem Gelände der Schule besorgte Eltern, nachdem der Schuldirektor Mädchen gezwungen habe, sich zu entkleiden, um versteckte Smartphones zu finden. Auf einem Video bei Twitter ist eine aufgebrachte Menschenmenge vor dem Schulgebäude zu sehen.

Bereits mehr als 240 Tote

Die seit fünf Wochen anhaltenden Proteste im Iran sind die größten seit Jahren in dem repressiven Land. Das Regime reagiert vielerorts mit Gewalt, mehr als 240 Menschen sind bereits getötet worden. Tausende wurden verhaftet. Ausgelöst wurden die Proteste durch den Tod der 22 Jahre alten Kurdin Mahsa Amini. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie die Vorschriften zum Tragen des Hijab nicht eingehalten haben soll. Am 16. September starb sie in Polizeigewahrsam.

Wie die frühere ARD-Korrespondentin im Iran, Natalie Amiri, auf Twitter berichtete, soll eine weitere junge Frau durch Polizeigewalt ums Leben gekommen sein. Die 17-Jährige sei gestorben, nachdem sie mit einem Polizeischlagstock auf den Kopf geschlagen wurde, berichtet Amiri. Die offizielle Version für ihren Tod laute, sie sei aus dem vierten Stock eines Hauses gesprungen.

Exil-Iraner auf den Straßen

Auch im Ausland demonstrieren Zehntausende Exil-Iraner gegen das Regime. Am Samstag kamen mehr als 80.000 Menschen in Berlin zusammen. Auch in Istanbul, New York, London und vielen weiteren Städten gibt es Proteste in Solidarität mit den Demonstranten im Iran.