Ein indischer Bauer hält ein Büschel Weizen in der Hand.

Indiens Weizen-Exportstopp "Ich sehe das sehr kritisch"

Stand: 14.05.2022 17:13 Uhr

Indien ist der zweitgrößte Weizenproduzent der Welt. Das angekündigte Exportverbot wird die Preissteigerung bei Getreide weiter vorantreiben. Kritik kommt von Landwirtschaftsminister Özdemir und den anderen G7-Agrarministern.

Die Agrarminister und -ministerinnen der G7-Staaten haben an Indien appelliert, das Ausfuhrverbot für Weizen zu überdenken. "Wir haben alle miteinander, gerade die großen Exportnationen, auch eine Verantwortung für den Rest der Welt", teilte Deutschlands Landwirtschaftsminister Cem Özdemir zum Abschluss des G7-Treffens in Stuttgart mit. "Ich sehe das sehr kritisch", sagte er mit Blick auf die Entscheidung Neu-Delhis.

Die G7 riefen Indien auf, seiner "Verantwortung als G20-Mitglied gerecht zu werden". Nach dem Willen der Ressortchefs sollen die G7-Staats- und Regierungschefs nun über das Thema beraten, wie Özdemir berichtete. Indien sei beim Gipfel auf Schloss Elmau in Bayern Ende Juni zu Gast. Deutschland führt derzeit die Staatengruppe. Die G7 sprechen sich Gastgeber Özdemir zufolge grundsätzlich gegen Exportstopps aus. "Wir rufen dazu auf, die Märkte offen zu halten", sagte er. Die G7 wollen laut Özdemir die Preise für Produktions- und Lebensmittel stärker überwachen als bisher, dabei gehe es beispielsweise um Düngemittel.

Eine Inderin erfrischt sich mit einem Eimer Wasser.

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Hitzewelle führte zu Ausfällen

Indien als weltweit zweitgrößter Weizenproduzent hatte zuvor angekündigt, die Ausfuhr des Getreides mit sofortiger Wirkung zu verbieten. Grund sei die unsichere Ernährungslage im Land. In einer von der Regierung veröffentlichten Bekanntmachung hieß es, der sprunghafte Anstieg der Weltmarktpreise für Weizen bedrohe die Ernährungssicherheit Indiens und benachbarter Länder. Mit dem Export sollten Preissteigerungen im eigenen Land eingedämmt werden.

Indien hatte in der Vergangenheit den größten Teil seiner Ernten selber verbraucht. Für die Jahre 2022 und 2023 wollte das Land aber zehn Millionen Tonnen Weizen exportieren, um von Engpässen zu profitieren, nachdem die Ausfuhren aus der Ukraine im Zuge der russischen Invasion stark zurückgegangen waren. Käufer setzten deshalb auf Indien, das nicht nur Lieferungen für Europa, sondern auch Indonesien, die Philippinen und Thailand ins Auge gefasst hatte. Eine extreme Hitzewelle bedroht nun aber die Ernteerträge.

Palästinensische Bauern ernten Weizen auf einem Feld nahe der Grenze zu Israel.

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Schwere Folgen für Asien und Afrika

Das sofortige Ausfuhrverbot für Weizen entfachte die herrschende Sorge vor drohenden Hungerkatastrophen in der Welt weiter. Die Entscheidung aus Neu Delhi dürfte die Preise am Weltmarkt nun weiter in die Höhe treiben, da dort Weizen aus der Ukraine fehlt.

Vor allem ärmere Länder in Asien und Afrika würde das hart treffen. Indien erklärte zwar, bereits bestehende Lieferverträge würden erfüllt und auch Länder, die ansonsten um "Nahrungsmittelsicherheit" fürchten müssten, würden beliefert. Die Ausfuhr weiterer Mengen werde aber gestoppt. "Das Verbot ist schockierend", sagte ein in Mumbai ansässiger Mitarbeiter eines globalen Getreidehändlers zu der jüngsten Entscheidung Indiens.

Annalena Baerbock

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Ausfuhren über baltische Häfen?

Durch den Krieg in der Ukraine verschärfen sich die Versorgungslage und die Preisentwicklung weltweit. Den Vereinten Nationen zufolge derzeit knapp 25 Millionen Tonnen bereits in der Ukraine geerntetes Getreide nicht aus dem Land gebracht werden. Zudem wird sich die kommende Ernte nicht auf dem bisherigen Niveau halten lassen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock warnte, bis zu 50 Millionen Menschen in Afrika und dem Nahen Osten seien durch diese Krise zusätzlich von Hunger bedroht.

Die G7 prüfen nun Möglichkeiten, um doch noch das Getreide aus der Ukraine exportieren zu können.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 14. Mai 2022 um 18:00 Uhr.