Xi Jinping auf einem Monitor in einem Einkaufszentrum in Qingzhou, China
Analyse

Bestätigung für dritte Amtszeit Wohin steuert Xi China?

Stand: 24.10.2022 07:32 Uhr

Chinas Staats- und Parteichef Xi hat seine Macht ausgebaut. Was hat das für Folgen für seinen Umgang mit den Problemen des Landes? Die Null-Covid-Politik nervt viele - und international isoliert sich China immer mehr.

Als Xi Jinping gestern vor ausgewählten Pressevertretern seine neue Führungsmannschaft vorstellte, war endgültig klar, was die meisten Beobachter schon vermutet hatten: Der mächtigste Mann in China seit Staatsgründer Mao Tsetung hat seine Macht noch weiter ausgebaut. Im siebenköpfigen Ständigen Ausschuss des Politbüros, den er selbst anführt, sind nur noch Männer vertreten, die den autokratischen Kurs des 69-Jährigen unterstützen.

Auch für Katja Drinhausen vom China-Thinktank Merics in Berlin ist Xi der große Gewinner: "Was sich als erstes aus der Zusammensetzung des neuen Ständigen Ausschusses des Politbüros - also wirklich des Machtzentrums der Kommunistischen Partei - rauslesen lässt, ist, dass Xi quasi auf ganzer Linie gewonnen hat und dass es wirklich seine Traummannschaft ist, die er sich da zusammengestellt hat."

Loyalität wichtiger als politisches Handeln

Hinter Xi betrat der Shanghaier Parteichef Li Qiang die Bühne - ein Zeichen dafür, dass dieser im Frühjahr Ministerpräsident werden dürfte. Li Qiang war heftig in die Kritik geraten wegen des chaotischen Lockdown-Managements im Frühjahr in Shanghai. Dass er jetzt trotzdem die Nummer zwei im Land nach dem Staats- und Parteichef werden soll, zeigt nach Einschätzung von Beobachtern, dass Loyalität zu Xi Jinping wichtiger ist als politisches Handeln.

Noch-Ministerpräsident Li Keqiang und andere als moderat geltende Politiker sind nicht mehr in dem wichtigsten Entscheidungsgremium vertreten. Die über Jahrzehnte etablierte Praxis, dass unterschiedliche Parteifraktionen gemeinsam Entscheidungen treffen, ist endgültig vorbei.

Xis zentrale Führungsrolle wurde gefestigt

Mit der erneuten Wahl zum Generalsekretär kann sich Xi Jinping im Frühjahr vom Nationalen Volkskongress für eine dritte Amtszeit als Staatschef bestätigen lassen. Er hat dafür extra die Begrenzung auf zwei Amtszeiten abgeschafft, außerdem setzt sich der 69-Jährige über das Alterslimit der Kommunistischen Partei hinweg.

Darauf hat er die vergangenen zehn Jahre hingearbeitet, hat China mit harter Hand regiert, Kontrolle und Zensur verschärft und Gegner aus dem Weg geräumt. Der Parteitag, der am Samstag zu Ende ging, hat die Parteiverfassung auch ideologisch weiter auf Xi Jinping zugeschnitten und seine zentrale Führungsrolle gefestigt.

In seiner Rede gestern sagte Xi Jinping China unter der Führung der Kommunistischen Partei eine glorreiche Zukunft voraus, warnte aber erneut vor schwierigen Zeiten - ohne konkret zu werden.

China ist zunehmend isoliert

Die Herausforderungen in den kommenden Jahren sind groß: Chinas Wirtschaft steckt in der Krise - unter anderem wegen des Wirtschaftskriegs mit den USA und wegen der strikten Null-Covid-Politik im Land. Immer mehr Menschen sind zudem von den harten Lockdowns, Reiseverboten und ständigen Massentests genervt. Die chinesische Gesellschaft überaltert schnell, es werden zu wenige Kinder geboren.

Außerdem steht China international zunehmend isoliert da. Auf der einen Seite hat sich die Volksrepublik in den vergangenen Jahren immer mehr abgeschottet. Auf der anderen Seite sehen viele Länder Geschäfte mit China zunehmend kritisch - zu sehen auch an den jüngsten Diskussionen um die geplante Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Cosco an einem Terminal des Hamburger Hafens.

Scholz-Besuch könnte propagandistisch genutzt werden

Die deutsche Wirtschaft ist weiterhin stark von China abhängig. Anfang November will Bundeskanzler Olaf Scholz mit einer Wirtschaftsdelegation in die Volksrepublik reisen. Möglicherweise ist er der erste ausländische Regierungschef, der Xi Jinping nach seiner Wiederwahl zum Generalsekretär trifft. Kritiker sagen, damit sende der SPD-Politiker ein falsches Signal. In China werde der Besuch des Kanzlers von der Propaganda genutzt werden, so die China-Expertin Drinhausen:

Das wird auf jeden Fall sicher große Wellen schlagen und in den chinesischen Medien und auch von Parteimedien ganz bewusst dafür eingesetzt werden, um zu sagen: Schaut, liebe Bevölkerung, gerade Deutschland als ein ganz, ganz wichtiges Partnerland und als eine gestandene liberale Demokratie ist weiter gewillt, an unserer Seite zu stehen und sozusagen mit uns Chinas Entwicklung in eine großartige Zukunft zu beschreiten. Und das ist natürlich eine Signalwirkung, die man mitbedenken muss.
Benjamin Eyssel, Benjamin Eyssel, ARD Peking, 24.10.2022 06:24 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 24. Oktober 2022 um 06:46 Uhr.