
Nach Explosion in Beirut Libanesischer Premier Diab angeklagt
Stand: 10.12.2020 15:28 Uhr
Mehr als vier Monate nach der Explosion im Hafen von Beirut ist Anklage gegen den scheidenden Ministerpräsidenten Diab und drei seiner Ex-Minister erhoben worden. Sie hätten "nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen".
Nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut hat ein libanesischer Ermittlungsrichter Anklage gegen den amtierenden Regierungschef Hassan Diab und drei frühere Minister erhoben.
Dabei handelt es sich um den früheren Finanzminister Ali Hassan Chalil sowie zwei ehemalige Minister für Öffentliche Arbeiten. Ihnen werde Fahrlässigkeit und Mitschuld an der großen Zahl der Opfer gegeben, hieß es aus Justizkreisen.
Die vier Beschuldigten sollen nächste Woche zu den Vorwürfen befragt werden. Danach fällt die Entscheidung, ob sie vor Gericht müssen.

Ministerpräsident Diab und seine Regierung sind nach ihren Rücktritten nur noch geschäftsführend im Amt. Bild: DALATI NOHRA HANDOUT/EPA-EFE/Shu
Regierung trägt Mitschuld?
Bei der Explosion am 4. August waren mehr als 190 Menschen getötet und mehr als 6000 verletzt worden. Große Teile des Hafens sowie der umliegenden Wohngebiete wurden stark zerstört. Die gewaltige Detonation soll durch große Mengen der hochexplosiven Chemikalie Ammoniumnitrat ausgelöst worden sein. Diese war offenbar über Jahre ungesichert im Hafen gelagert worden.
Kritiker werfen der Regierung vor, davon gewusst, aber dennoch nichts dagegen unternommen zu haben.
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Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Beirut gab es mehrere Verletzte.
Nur noch geschäftsführend im Amt
Der Ministerpräsident und seine Regierung hatten kurz nach der Explosion ihren Rücktritt erklärt und sind nur noch geschäftsführend im Amt. Dem mit der Regierungsbildung beauftragten Politiker Saad Hariri ist es bislang wegen interner Machtkämpfe nicht gelungen, ein neues Kabinett zu bilden.
Der Libanon erlebt seit Monaten eine der schwersten Wirtschaftskrisen seiner Geschichte und braucht dringend ausländische Hilfe. Die Corona-Pandemie und die Explosion haben die Lage weiter verschärft.