
Afghanistan Erneut Frauen-Proteste gegen Taliban
Frauen in Afghanistan haben gegen die rein männlich besetzte Übergangsregierung der Taliban protestiert. Sicherheitskräfte gingen mit Schlägen gegen sie vor. Auch Journalisten wurden misshandelt.
In Afghanistan kommt es weiter zu Protesten - trotz Versuchen der militant-islamistischen Taliban, diese mit Gewalt zu unterdrücken. In der Hauptstadt Kabul gab es mindestens zwei Kundgebungen von Frauen. Diese kritisieren die neu ernannte Übergangsregierung mit dem wenig bekannten Mullah Mohammed Hassan Achund als Regierungschef und, dass das Kabinett nur aus Männern besteht.
Peitschenhiebe gegen Demonstrantinnen
Bei der Demonstration im Stadtteil Dascht-e Bartschi im Westen von Kabul riefen rund 20 Frauen "Ein Kabinett ohne Frauen wird versagen". Sie hielten auch Schilder mit Parolen wie "Arbeit, Bildung, Freiheit" und "Wieso sieht die Welt stillschweigend zu?". Die Frauen drängten sich an mehreren Taliban-Kämpfern vorbei, die nur kurz versuchten, sie aufzuhalten. Bei einem zweiten Protest von Frauen im Stadtteil Kart-e Tschar reagierten Taliban allerdings harsch. Einer schlug mit einer Peitsche mehrmals auf Demonstrantinnen ein, wie auf einem Video zu sehen war.
Auch mehrere Journalisten der Tageszeitung "Etilatrus" wurden festgenommen und für rund zwei Stunden festgehalten, wie der Herausgeber der Zeitung auf Twitter mitteilte. Mindestens zwei seien schwer misshandelt worden. Im Gesicht und am Kopf seien Abdrücke von Kabeln und Peitschen zu sehen. Die größten lokalen TV-Sender stellten offensichtlich die Berichterstattung über die seit drei Tagen andauernden Proteste in Kabul ein. Am Dienstag hatten die Taliban eine Gruppe von Reportern und Kameramännern für mehrere Stunden festgenommen.
Taliban brechen ihr Wort
Auch afghanische Politiker und Oppositionelle kritisierten das von den Taliban aufgestellte Übergangskabinett. "Es gibt darin keine Frauen und religiösen Minderheiten", schrieb die bekannte Frauenrechtlerin Fausi Kufi auf Twitter. Als sie das erste Mal Vertreter der Taliban getroffen habe, habe man ihr erklärt, es gebe keine Hindernisse für Frauen, Ministerin oder Regierungschefin zu werden. Nun gelte aber genau das Gegenteil.
Die Nationale Widerstandsfront (NRF), die zuletzt in der Provinz Pandschir gegen die Taliban kämpfte, bezeichnete das neue Kabinett als illegal. Sie rief erneut zum Widerstand gegen die Taliban auf. Internationale Organisationen und andere Länder sollten die Regierung bis auf Weiteres nicht anerkennen.
Internationale Kritik an Regierung
Die Taliban hatten am Dienstag 33 Regierungsmitglieder vorgestellt - darunter keine einzige Frau, niemand aus einer anderen politischen Gruppierung und niemand etwa aus Minderheit der Hasara. Von den Vereinten Nationen hieß es, dauerhafter Frieden und Stabilität in Afghanistan hingen von einer "bedeutenden" Beteiligung von Frauen und dem Zusammenbringen ethnischer, religiöser und Minderheitengruppen ab. Der EU-Botschafter für Afghanistan, Andreas von Brandt, schrieb auf Twitter: "Es gibt Raum für Verbesserungen in der Vielfalt, um es milde auszudrücken." Derweil begrüßte Afghanistans Nachbarland Usbekistan das Übergangskabinett.