Die Hochstaplerin Anna Sorokin im Gericht in New York

Deutsch-Russin in New York Das Ende einer Hochstaplerin

Stand: 26.04.2019 08:58 Uhr

Sie lebte in Nobelhotels, machte Luxusurlaube - ohne das nötige Geld dafür zu besitzen. Das erschlich sich Anna Sorokin bei der New Yorker High Society. Dafür wurde sie von einem US-Gericht schuldig gesprochen.

Von Kai Clement, ARD-Studio New York

Auch am letzten Prozesstag klicken die Kameras. Es ist eine geradezu unglaubliche Geschichte, die Aufmerksamkeit weckt: Eine Geschichte von plötzlichem Aufstieg und jähem Fall, von einer jungen Frau, die ausgerechnet die Weltstadt New York an der Nase herumgeführt hat.

Nobelhotels und Luxusurlaube

Sie wäre gerne Anna Delvey gewesen. Eine reiche Erbin in teurer Kleidung, die in Manhattans Luxushotels für 400 Dollar die Nacht lebt, die 100-Dollar-Trinkgelder gibt und ihren Urlaub in einer Privatvilla mit Butler in Marokko verbringt. Der superreiche Vater, mal Diplomat, mal Ölbaron - eine Erfindung. Genauso wie der Name: Anna Delvey.

Anna wer? Fragt Juristin und Prozessbeobachterin Sarah Azari in einem Fernsehinterview: "Es gibt keine Anna Delvey. Es gibt nicht die reiche Erbin aus Deutschland. Es gibt keine Stiftung. Ihr Vater ist Lastwagenfahrer."

Die Hochstaplerin Anna Sorokin im Gericht in New York

Sorokin narrte die New Yorker High Society - so erfolgreich, dass sie ein ausschweifendes Luxusleben führen konnte ohne das Geld dafür zu besitzen.

Eine "Diebin und Lügnerin"

Stattdessen gibt es eine junge Frau mit dem Namen Anna Sorokin, heute 28 Jahre alt, die gebürtig aus Russland stammt, im Alter von 16 Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland kommt und dort zunächst in der Nähe von Köln lebt. Als sie nach New York zieht, wechselt sie in ein anderes Leben. Allerdings auch auf Kosten anderer - eine Hochstaplerin. Eine "Diebin und Lügnerin", die ein "längliches Maskenspiel" betrieben habe, so bezeichnet Staatsanwalt Cyrus Vance die Frau. Die Ankläger erklärten, Sorokin habe Banken, Hotels und Freunde über einen Zeitraum von zehn Monaten um umgerechnet fast eine Viertelmillion Euro erleichtert.

"Ein bisschen Anna steckt in jedem von uns"

Ihr Verteidiger Todd Spodek hielt während des Prozesses dagegen: "Anna wollte keine Zuschauerin sein, sondern Mitspielerin. Sie hat nicht auf Chancen gewartet, sondern sie sich selbst geschaffen. Das kennen wir doch alle, ein bisschen Anna steckt in jedem von uns."

Er hat stets zurückgewiesen, dass die junge Frau eine kriminelle Absicht gehabt habe. Sie sei immer der Überzeugung gewesen, das Geld wieder zurückzahlen zu können. Die Leute hätten es ihr zudem ja freiwillig gegeben. Heucheln - bis irgendwann vielleicht doch der große Durchbruch kommt.

Die Hochstaplerin Anna Sorokin im Gericht in New York

Ihre Geschichte soll bald verfilmt werden - möglicherweise mit Jennifer Lawrence in der Hauptrolle.

Mehrfach schuldig

Doch der Durchbruch kommt nicht. Statt dessen kommen die Polizei und Untersuchungshaft auf New Yorks berüchtigter Gefängnisinsel Rikers Island - und nun die Entscheidung der New Yorker Geschworenen. Sie sprachen die Angeklagte in fast allen Anklagepunkten schuldig, darunter in drei Fällen des Diebstahls, in vier Fällen des Erschleichens von Dienstleistungen sowie in einem Fall des versuchten schweren Diebstahls.

Zwei besonders gravierende Vorwürfe allerdings überzeugten die Jury nicht. Der Anwalt argumentierte: Anna habe nur von einem System profitiert, das Leute mit Geld bevorzuge. Oder solche, die den Anschein erweckten, Geld zu haben.

Verfilmung geplant

Nach dem Schuldspruch geht Verteidiger Spodek nun davon aus, dass das Strafmaß zwischen fünf und 15 Jahren liegen wird. Es soll am 9. Mai verkündet werden. Sie könnte außerdem nach Deutschland abgeschoben werden. Die US-Behörden sagen, Sorokin habe ihr Visum überzogen. 

Eine unglaubliche Geschichte. So unglaublich, dass Netflix bereits eine Verfilmung angekündigt hat.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR-Aktuell am 26. April 2019 um 10:20 Uhr.