Kevin McCarthy wird von Reportern umringt.

Machtkampf im US-Repräsentantenhaus Chaos ohne Ende

Stand: 06.01.2023 05:17 Uhr

Und täglich grüßt das Murmeltier: Nach drei chaotischen Sitzungstagen will das US-Repräsentantenhaus heute einen neuen Anlauf machen, um einen Vorsitzenden der Kammer zu wählen. Ausgang offen. Es ist das längste Gezerre um den Chefposten seit dem 19. Jahrhundert.

Nach drei Tagen Wahlchaos im US-Kongress geht der Machtkampf um das höchste Amt im amerikanischen Parlament heute in die nächste Runde. Nach fünf weiteren ergebnislosen Wahlgängen bei der Abstimmung über den Vorsitzenden des Repräsentantenhauses stimmte die Parlamentskammer am Abend dafür, die Sitzung auf diesen Freitag (Ortszeit/18.00 Uhr MEZ) zu vertagen.

Der republikanische Kandidat Kevin McCarthy ist wegen einer parteiinternen Rebellion in den vergangenen Tagen bereits in insgesamt elf Wahlgängen durchgefallen.

Historische Blamage

Das Wahldrama lähmt den Kongress und ist für den 57-Jährigen eine historische Blamage. Die Republikaner haben in der Kammer nur eine ganz knappe Mehrheit. Daher bräuchte McCarthy fast alle Stimmen seiner Parteikollegen, um auf den mächtigen Posten gewählt zu werden, der in der staatlichen Rangfolge in den USA auf Rang drei nach dem Präsidenten und dessen Vize folgt.

Republikaner McCarthy scheitert zum elften Mal in Wahlgängen zum Speaker

Jan Koch, ARD Washington, Morgenmagazin

Doch diverse Republikaner vom rechten Rand der Fraktion verweigerten McCarthy die Unterstützung. Dadurch erreichte er nicht die nötige Zahl an Stimmen. Trotz immer neuer Zugeständnisse McCarthys an seine Gegner sind diese bislang hart geblieben in ihrem Widerstand. Am Donnerstag stimmten wie schon zuvor 20 Republikaner hartnäckig für alternative Kandidaten aus ihrer Partei, stellten McCarthy damit bloß und versagten ihm einen Wahlsieg. Eine weitere republikanische Abgeordnete enthielt sich.

Kevin McCarthy

Kevin McCarthy hofft noch immer, Sprecher des US-Repräsentantenhauses zu werden. mehr

Ende nicht absehbar

Eine Lösung für die verfahrene Situation ist bislang nicht in Sicht - trotz angestrengter Verhandlungen hinter den Kulissen. McCarthy sagte am Abend nach der Sitzung: "Wir machen gute Fortschritte." Konkreter wurde er nicht. Der republikanische Fraktionschef bemühte sich einmal mehr, die interne Revolte gegen ihn kleinzureden und wies zurück, dass ihn der Aufstand in den eigenen Reihen schwäche.

Mit Blick auf das historische Ausmaß des Dramas sagte er: "Ich mag es, Geschichte zu schreiben." Er halte schließlich auch schon den Rekord für die längste Rede im Repräsentantenhaus.

Die US-Abgeordneten Matt Gaetz und Lauren Boebert.

Eine Gruppe von 20 republikanischen Abgeordneten des rechtsextremen Flügels gibt sich kompromisslos und verweigert Kevin McCarthy die Wahl zum Sprecher des US-Repräsentantenhauses. mehr

Eine der längsten Abstimmungen der US-Geschichte

Die aktuelle Abstimmung über den Spitzenposten gehört bereits jetzt zu den längsten in der US-Geschichte. Seit dem 19. Jahrhundert haben die Abgeordneten im Repräsentantenhaus nicht mehr so viele Anläufe gebraucht, um einen neuen Vorsitzenden zu wählen wie derzeit. Mehr Wahlgänge gab es zuletzt nur 1859/1860.

Damals wurde der Republikaner William Pennington erst im 44. Wahlgang zum Vorsitzenden der Kongresskammer gewählt. Das Prozedere dauerte damals mehrere Wochen. Wie lange das Gezerre diesmal andauern wird, ist völlig unklar.

Ralf Borchard, Ralf Borchard, ARD Washington, 06.01.2023 05:34 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 05. Januar 2023 um 23:15 Uhr.