
Streit um Wahlrecht in den USA Biden will Regeln im Senat ändern
Mittels Bundesgesetzgebung will der US-Präsident Wahlrechtsänderungen in den Bundesstaaten aushebeln. Weil die Abstimmung darüber im Senat blockiert wird, will Biden die Regeln des Senats verändern.
Georgia gehört zu den Bundesstaaten, die aus Sicht der US-Demokraten ihr Wahlrecht eingeschränkt haben. Präsident Joe Biden wählte deshalb Atlanta, um zu verkünden, dass er jetzt bereit ist, das allgemeine Wahlrecht mit allen Mitteln zu verteidigen. "Die Gefahr für unsere Demokratie ist so groß, dass wir einen Weg finden müssen, Gesetze zum Schutz des Wahlrechts zu verabschieden, zu debattieren und abzustimmen", sagte er. "Wenn schon das blockiert wird, haben wir keine andere Möglichkeit, als die Regeln des Senats zu verändern, inklusive des Filibuster."
Zum Hintergrund des sogenannten Filibuster zählt, dass es häufig 60 Stimmen braucht, um im Senat eine Debatte zu beenden, und ein Gesetz zur Abstimmung zu bringen. Dafür fehlen den US-Demokraten zehn Stimmen. Und die Republikaner blockieren. Das will Biden ändern: "Ich sage es heute deutlich, um die Demokratie zu schützen, unterstütze ich eine Reform des Senats. Was immer es braucht, um zu verhindern, dass eine Minderheit von Senatoren die Gesetze zum Schutz des Wahlrechts blockiert."
Biden unter Druck
Bisher hatte der US-Präsident es abgelehnt, die Abstimmungsregeln zu verändern. Aber Biden steht unter Druck. Zum einen zieht der abgewählte Präsident, Donald Trump, mit seiner Lüge, ihm sei die Wahl gestohlen worden, das US-Wahlsystem weiter in Zweifel. Zum anderen wächst die Kritik an Biden innerhalb der Demokratischen Partei.
Politische Aktivisten blieben der Rede in Atlanta demonstrativ fern. Der Vorsitzende der National Association for the Advancement of Colored People, James Woodall, erklärte im Fernsehsender CNN, es sei bereits genug geredet worden: "Auch wenn der Präsident für diese Gesetzentwürfe Unterstützung zugesagt hat, passiert ist bisher nichts. Wir können nicht zu unseren Communities zurückgehen und sagen, der Präsident ist zwar dafür, aber es gibt kein Gesetz."
Eine Reform auf Bundesebene soll Gesetze in den Staaten aushebeln. So wäre es in Georgia der Landesgesetzgebung zufolge künftig zum Beispiel verboten, Wähler vor Abstimmungslokalen mit Wasser und Snacks zu versorgen. Diese und ähnliche Regelungen in 19 Bundesstaaten zielten vor allem auf Minderheiten, sagt Michael Waldman vom Brennan Center für Gerechtigkeit: "Es ist empirisch belegt, dass vor allem schwarze und hispanische Amerikaner länger an Wahllokalen anstehen müssen. Es sind kleine Dinge, die sich addieren. Und während einige Gesetze härter sind als andere, so versuchen sie doch alle ganz unverhohlen, das gleiche zu erreichen."
Republikaner wollen an alten Regeln im Senat festhalten
Die Republikaner weisen den Vorwurf, Wählerstimmen systematisch zu unterdrücken, zurück. Der republikanische Senator John Thune aus dem Bundesstaat South Dakota hält die Debatte über das Wahlrecht auch nur für einen Vorwand: "Es geht um nichts anderes als den US-Senat zu beschädigen. Um eine Atmosphäre zu schaffen, in der sie ihre Agenda allein mit den Stimmen der Demokraten durchbekommen. Und das ist komplett das Gegenteil von dem, was die Gründungsväter für den Senat im Sinn hatten."

Die Republikaner sind gegen eine Reform der Senats-Regeln. Bild: AP
Der Senat ist ein Kulturkampfthema in den USA. Von den Senatoren der Demokratischen Partei hat auch Joe Manchin aus West Virginia angekündigt, an den Abstimmungsregeln der Kammer vorerst festhalten zu wollen. Es drohe völliger Stillstand, so Wodall: "Wenn wir dieses Gesetzesvorhaben nicht durchbekommen, gehen die Angriffe auf die Demokratie weiter, Angriffe wie der Sturm aufs Kapitol. Und wir werden insgesamt einen Verfall diese Landes erleben."
Eine Abstimmung über die Wahlrechtsreform ist für den 17. Januar geplant, am Gedenktag für den Bürgerrechtler Martin Luther King jr. Ein symbolischer Tag. Doch Symbole allein werden Präsident Biden nicht länger helfen.