Trump bei einem Auftritt in Nashville (USA) | AP

US-Republikaner Hoffen auf Trump, bangen vor Trump

Stand: 09.07.2022 12:02 Uhr

Tut er es oder tut er es nicht? In den USA nehmen die Spekulationen zu, Ex-Präsident Trump könne schon bald seine erneute Kandidatur erklären. Bei den Republikanern löst das gemischte Gefühle aus.

Von Julia Kastein, ARD-Studio Washington

Dick Wadhams war jahrelang Parteichef der Republikaner in Colorado. Der 66-Jährige hat Donald Trump zweimal gewählt und findet bis heute: ein sehr guter Präsident. Trotzdem sagt er: "Mich schaudert bei dem Gedanken, dass Trump demnächst seine Kandidatur erklären könnte!" Wie Trump sich seit der verlorenen Wahl verhalten habe, vor allem seit den 6. Januar 2021, das sei "widerwärtig", sagt Wadhams.

Julia Kastein ARD-Studio Washington

So zuwider der Gedanke dem Republikaner auch sein mag: Wadhams ist überzeugt, dass Trump seine Kandidatur schon sehr bald erklären wird - und er ist damit nicht allein: US-Medien berichten, Trump habe seinen engsten Beratern erklärt, er sei kurz davor und könne das auch ohne größere Vorankündigung über sein soziales Netzwerk "Truth Social" tun.

Zu viele negative Schlagzeilen

Der Ex-Präsident wolle so von den ständig neuen negativen Enthüllungen der Untersuchungskommission zum 6. Januar ablenken - und andere potenzielle Kandidaten ausbremsen, sagt Politologe Darrell West von der liberalen Denkfabrik Brookings.

Trump wisse, dass einige prominente Republikaner eine Kandidatur erwägen. Er wolle "einen Pflock einschlagen und sagen: 'Wenn ihr die Nominierung wollt, müsst ihr erstmal an mir vorbei.' Und er ist eine gewaltige Hürde."

Anhaltend hohe Zustimmungsraten

Noch ist Trumps innerparteilicher Rückhalt groß: 80 Prozent Zustimmungsrate, mehr als 60 Prozent der Republikaner glauben seine Lüge von der "gestohlenen Wahl". Und in Umfragen liegt der Ex-Präsident deutlich vor potenziellen Gegenkandidaten wie Floridas Gouverneur Ron De Santis oder Ex-Vize Mike Pence.

Politologe West stammt aus einem ländlichen Landkreis in Ohio, hat dort noch viele Freunde. 78 Prozent der Menschen in seinem Heimat-County haben 2020 Trump gewählt. Aber jetzt drehe sich dort die Stimmung langsam, meint West:

Die Leute dort mögen Trumps Politik. Was sie nicht mochten war seine Attitüde, seine Unhöflichkeit, seine Widerwärtigkeit, weil sie wissen, dass das jede Menge Ballast kreiert. Ihr Idealkandidat für 2024 wäre jemand, der Trumps Politik unterstützt, aber ein netterer Mensch ist.

Hoffen auf eine andere Ära 

Auch Wadhams aus Colorado glaubt, dass immer mehr Republikaner die Ära Trump gerne endgültig hinter sich lassen würden: "Glauben Sie mir: Donald Trump hat immer noch eine enorme loyale Basis in der republikanischen Partei, und die wird ihm folgen, wo immer er hingeht. Aber ich glaube, viele andere Republikaner denken: Wir brauchen einen neuen Vorkämpfer für 2024."

Wie verhalten sich die Wechselwähler?

Der Parteistratege fürchtet, was Trumps Kandidatur für die Zwischenwahlen im November bedeuten würde. In Colorado beispielsweise gibt es über 40 Prozent sogenannte unabhängige Wähler, die sich keiner Partei zugehörig fühlen. Viele von ihnen hätten zuletzt demokratisch gewählt, aber seien vor allem wegen der enormen Inflation im Land enttäuscht. Die Republikaner hätten deshalb eigentlich gute Chancen bei ihnen, glaubt Wadhams.

Mit Folgen: "Wenn Trump seine Kandidatur erklärt, dann wird das die republikanische Partei als die Partei von Trump und die Partei der Wahl-Verschwörungen neu definieren. Es wird uns schaden. Es ist diese eine Sache, die vor allem unabhängige Wähler zurück in die Arme der Demokraten treiben wird."

Trump bleibt umtriebig

Trump selbst hat sich öffentlich noch nicht festgelegt: Täglich bombardiert er seine E-Mail-Abonnenten, bittet um Spenden oder um die Teilnahme an Umfragen, um den Puls seiner Anhänger zu messen.

Beim rechten Kabelsender Newsmax erklärte er kürzlich, er werde sich zur richtigen Zeit erklären.

Die Strategie könnte aufgehen

Dass Trumps Strategie aufgehen könnte, belegen letztlich auch seine Kritiker: Republikaner Wadhams beispielsweise will nicht ausschließen, dass er 2024, wenn Trump tatsächlich der republikanische Kandidat ist, ihn ein drittes Mal wählen wird.

Weil er die möglichen Alternativen, egal ob Biden oder ein anderer Demokrat, noch schlimmer findet: "Ich hoffe wider alle Hoffnung, dass Republikaner wie ich diese Wahl nie treffen müssen."

Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 08. Juli 2022 um 05:20 Uhr in der Sendung "Informationen am Morgen".