Bei einer Wahlkampfveranstaltung von Ex-US-Präsident Trump in Warren (Michigan) macht ein Teilnehmer ein Herz-Zeichen

US-Republikaner Jung - und begeistert von Trump

Stand: 31.10.2022 09:03 Uhr

Republikaner sind unter den jungen US-Amerikanern insgesamt zwar in der Minderheit. Aber sie sind weniger politikverdrossen als andere - und begeistert von Ex-Präsident Trump. Was treibt sie um?

Von Kerstin Klein, Washington

Es dämmert bereits über dem Schuppen in der texanischen Provinz, als Joel Castro das Mikrofon ergreift. "Wer hier hat Joe Biden satt?", fragt er in die Menge und gibt sich selbst die Antwort: "Jeder! Daher müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen auf allen Ebenen freiheitsliebende Kandidaten wählen, sei es für den Kongress in Washington, für unseren Gouverneur hier in Texas oder lokale Ämtern hier in unserem County."

Castro ist Vorsitzender der "Jungen Republikaner" im Brazoria County in der Nähe von Houston, der Nachwuchsorganisation der Partei. Und die Veranstaltung ist ein Heimspiel: Republikanerinnen und Republikaner treffen sich hier, um sich für den Wahlkampfendspurt anzufeuern.

Castro, 23, ist bereits seit fünf Jahren in der Politik. Mit 18 wurde er zum ersten Mal zum Councilman in seiner Heimatstadt Alvin gewählt, also in den Stadtrat. Für Politik begeistert hat ihn: Donald Trump. "Schon als er damals die Rolltreppe herunterkam, um anzukündigen, dass er kandidiert, wusste ich: Den will ich unterstützen; der wird ein phänomenaler Präsident! Er hat in mir ein Feuer entfacht, weil ich es satt hatte, dass meine Eltern und ich zu viele Steuern zahlen. Weil ich es satt hatte, dass andere Länder uns ausnutzten. Weil ich wusste, dass Trump Amerika an erste Stelle setzen würde."

Ein Wähler gibt seine Stimme für die Midterm-Wahlen in Minneapolis ab.

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Mehrheit der Jungen wählt Demokraten

Castro ist Teil der sogenannten "Gen Z", der Generation, die zwischen 1997 und 2012 geboren wurde. Die meisten dieser jungen Amerikanerinnen und Amerikaner steht politisch links. Sie sorgen sich um das Klima, das Recht auf Abtreibung im Land, die Rechte der LGBTQ-Community, schärfere Waffengesetze.

Wie junge Republikaner um Wähler für Trump trommeln

K.Klein, L.Banholzer, A.Leier, ARD Washington, Weltspiegel, 18:30 Uhr

Von den Amerikanern unter 30 wollen einer Umfrage der Harvard Kennedy Scholl zufolge 55 Prozent, dass die Demokraten nach der Wahl weiterhin den Kongress kontrollieren - 35 Prozent erhoffen sich das für die Republikaner.

Doch stellt die gleiche Studie fest: Junge Demokraten sind politikverdrossener als junge Republikaner, gehen also vielleicht gar nicht erst zur Abstimmung. Eine Einschätzung, die auch Castro teilt: "Wir sehen immer mehr junge Menschen, die sich in der republikanischen Partei engagieren. Die leidenschaftlich sind, sich einmischen wollen. Viele Menschen wachen auf, stellen Fragen, weil sie der Zensur durch klassische Medien müde sein; weil sie der Indoktrination in der Universitäten müde sind. Sie stehen auf und wehren sich."

Junger US-Republikaner Castro bei einem Meeting

Begeisterte sich schon als Jugendlicher für Trump: US-Republikaner Castro.

Das Narrativ von den "Fake News"

Auch Savanah Hernandez ist fest überzeugt: Die klassischen Medien erzählten nicht die Wahrheit. Nicht über Trump und nicht über die Lage im Land. Savanah ist 26, Reporterin für die ultra-konservative Internetplattform "Turningpoint USA", rechte Kommentatorin in Netz und TV.

Bei Instagram folgen ihr mehr als 123.000 Menschen; von Twitter wurde sie schon dreimal verbannt. An diesem Tag filmt sie in New York City. Missstände in demokratisch regierten Städten aufdecken, das ist eines ihrer Hauptthemen.

Auch Hernandez wurde in den Trump-Jahren politisiert. "Ich war viel auf Anti-Trump-Veranstaltungen unterwegs und habe die Menschen gefragt: Was hasst ihr an Donald Trump? Da kam oft dasselbe: Er ist ein Rassist, er hasst Frauen. Dann habe ich mir das selbst angeschaut: Stimmt das oder zeigen uns die Medien nur Schnipsel und befeuern damit eine falsche Empörung? Und letzteres war der Fall", ist Hernandez überzeugt.

Die Reporterin und Trump-Anhängerin Hernandez interviewt einen Passanten

Glaubt an eine Zensur durch klassische Medien: Reporterin und Trump-Anhängerin Hernandez

Republikaner gewinnen bei Hispanics

Wie Castro zählt auch Hernandez zu der wachsenden Gruppe der Hispanics in den USA. Die wählen traditionell mehrheitlich die Demokraten. Das wird auch bei der anstehenden Wahl so sein. 63 Prozent für die Demokraten, 36 Prozent für die Republikaner - so das Ergebnis einer aktuellen Umfrage im Auftrag der "Washington Post".

Das dürfte auch damit zu tun haben, dass Menschen wie Castro mittlerweile für die Republikaner kandidieren, deren Vertreter also ebenfalls diverser werden. Es hat aber sicherlich vor allem damit zu tun, dass das Hauptthema - auch bei vielen Latinos und jungen Wählern - die Rekord-Inflation und die steigenden Preise sind.

Helferinnen sortieren Lebensmittelspenden.

Die Inflation macht Lebensmittel teuer - in den USA jagen viele ihr Essen selbst. mehr

Alle Kraft auf das Thema Wirtschaft

Und konservative Reporter und Kommentatoren wie Hernandez befeuern das Thema derzeit in ihrer Berichterstattung: "Die Biden Regierung erzählt uns, unserer Wirtschaft gehe es gut, wir hätten keine Inflation, obwohl die auf Rekordhoch ist. Daher gehe ich auf die Straße und frage die Leute: 'Unter welchem Präsidenten ging es euch wirtschaftlich besser - Donald Trump oder Joe Biden?' Und alle sagen: 'Donald Trump'."

Sicher keine repräsentative Umfrage. Aber die steigenden Preise, deutlich spürbar für jede Amerikanerin und jeden Amerikaner, dürften wichtig sein bei dieser Wahl und dabei vor allem den Republikanern in die Karten spielen. Einer ABC-News-Umfrage zufolge traut eine Mehrheit von 54 Prozent der Amerikaner den Republikanern eher zu, die Inflation zu bekämpfen, den Demokraten nur 36 Prozent.

Die Republikaner werden vielfältiger

Castro jedenfalls ist wild entschlossen, als Latino bei den Republikanern Karriere zu machen. Und seine Chancen stehen nicht schlecht. Auch die Partei scheint erkannt zu haben, dass sie nicht nur weiße Männer aufstellen darf, wenn sie die immer diversere Wählerschaft auch in Zukunft ansprechen will.

Bisher sind die Abgeordneten der Demokraten deutlich diverser. Aber bei den jetzt anstehenden Wahlen zum Repräsentantenhaus schicken auch die Republikaner Dutzende People of Color ins Rennen. Dass es unter den Republikanern auch solche gibt, die rassistische Töne anschlagen, stört weder Castro noch Hernandez. Castro ist überzeugt: "Ich habe festgestellt, dass es unter republikanischer Führung allen besser geht - egal welche Hautfarbe man hat."

Noch ist er mit dieser Auffassung in den USA in der Minderheit - aber auch er möchte in den kommenden Jahren seinen Beitrag dazu leisten, dies zu ändern.

Die Reportage "Trumps Erbe(n)" sehen Sie am Montag um 22:50 Uhr im Ersten und ab sofort in der ARD Mediathek.