Eine Frau in New York hält ein Schild mit der Aufschrift "Remove Trump" ("Entfernt Trump") an einer Straße hoch.
FAQ

Nach Erstürmung des Kapitols Kann Trump noch abgesetzt werden?

Stand: 07.01.2021 13:07 Uhr

Die Demokraten haben erfolglos versucht, Trump aus dem Amt zu heben - doch nun denkt offenbar auch seine eigene Partei darüber nach. Aber ist so etwas kurz vor dem Machtwechsel überhaupt noch möglich? Ein Überblick.

Militante Anhänger Trumps stürmen das Kapitol - aufgestachelt vom US-Präsidenten selbst. Das ist selbst für viele seiner treuesten Gefolgsleute zu viel. Innerhalb der Regierung, aber auch bei den Rebublikanern im Senat mehren sich Stimmen, die Trump absetzen wollen und zwar sofort - zwei Wochen vor seinem Ausscheiden aus dem Amt.

Hochrangige Mitglieder der scheidenden US-Regierung haben laut übereinstimmenden Medienberichten bereits über eine mögliche Absetzung durch sein eigenes Kabinett beraten. Die Demokraten des künftigen Präsidenten Joe Biden fordern einen solchen Schritt ebenfalls. Warum darüber diskutiert wird und ob es überhaupt möglich wäre - hier ein Überblick:

Warum wird über eine Absetzung gesprochen?

Kritiker machen Trump für die gewaltsame Erstürmung des Kapitols mitverantwortlich. Der scheidende Präsident erkennt seine seine Wahlniederlage vom 3. November noch immer nicht an. Seit der Wahlnacht rief er wiederholt zum Widerstand auf und schürte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abstimmung. Gestern, der Tag an dem der Wahlsieg seines Konkurrenten Joe Biden im US-Kongress bestätigt werden sollte, forderte er seine Anhänger in einer Rede zu einem Marsch auf den Kongress auf. Befürchtet wird nun, dass Trump in seinen letzten Tagen im Amt noch mehr Unheil anrichten könnte. Sein Nachfolger Joe Biden soll am 20. Januar vereidigt werden.

Eine Büste von US-Präsident Trump und zahlreiche seiner Anhänger vor dem Kapitol in Washington.

Nach der Rede Trumps versammelten sich hunderte Anhänger vor dem Kapitol und drangen schließlich in das Gebäude ein.

Wie könnte Trump abgesetzt werden?

Der Präsident könnte vom eigenen Kabinett unter Führung von Vizepräsident Mike Pence abgesetzt werden. Festgehalten ist dies im 25. Zusatzartikel ("Amendment") zur US-Verfassung. Darin heißt es, eine Absetzung sei möglich, wenn "der Präsident unfähig ist, die Befugnisse und Obliegenheiten seines Amtes wahrzunehmen". Vorgesehen ist ein solcher Schritt für den Fall einer schweren Erkrankung oder geistiger Probleme des Präsidenten. Bei vielen Beobachtern drängt sich seit Trumps Wahlniederlage der Eindruck eines Realitätsverlustes beim Präsidenten auf. Der Nachrichtensender CNN zitierte republikanische Spitzenpolitiker nach der Erstürmung des Kongresses mit den Worten, Trump sei "außer Kontrolle". 

Wäre die Absetzung nach dem 25. Zusatzartikel zeitlich noch möglich?

Pence und eine Mehrheit des Kabinetts müssten gegenüber dem Kongress erklären, dass Trump amtsunfähig ist - es wäre eine historische Premiere in den USA. Der Vizepräsident würde dann sofort die Amtsgeschäfte des Präsidenten übernehmen, Trump könnte sich dem aber mit einer Gegenerklärung widersetzen. Entscheiden müsste letztlich der Kongress mit Zweidrittelmehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus, er hätte dafür 21 Tage Zeit. Die Prozedur könnte deswegen nicht abgeschlossen sein, bevor Trumps Amtszeit am 20. Januar ohnehin endet.

Trump-Anhänger stürmen US-Kapitol

Verena Bünten, ARD Washington, tagesthemen, tagesthemen, 06.01.2021 23:00 Uhr

Ist ein neues Impeachment möglich?

Sogar über ein neues parlamentarisches Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten - das sogenannte Impeachment - wird inzwischen diskutiert. Ein solches Verfahren gegen Trump war bereits Ende 2019 wegen der Ukraine-Affäre eingeleitet worden, letztlich aber im damals konservativ dominierten Senat gescheitert. Laut US-Verfassung kann ein Präsident wegen "Verrats, Bestechung oder anderer hoher Verbrechen und Vergehen" seines Amtes enthoben werden. Für die Anklageerhebung gegen Trump reicht eine einfache Mehrheit im Repräsentantenhaus aus. Für eine tatsächliche Amtsenthebung wäre dann aber eine Zweidrittelmehrheit im Senat nötig. Allerdings gilt eine neues Impeachment derzeit als höchst unwahrscheinlich.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 07. Januar 2021 um 12:18 Uhr.