Sergej Lawrow, Außenminister von Russland und derzeitiger Präsident des Sicherheitsrates in Russland, spricht während einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York.

Lawrow im UN-Sicherheitsrat "Ukraine-Frage nicht losgelöst von Geopolitik"

Stand: 24.04.2023 19:44 Uhr

Russlands Außenminister Lawrow hat dem Westen hegemoniale Pläne vorgeworfen und den Einmarsch seines Landes in die Ukraine erneut verteidigt. Das stieß auf viel Gegenwind und Empörung im UN-Sicherheitsrat.

Turnusgemäß hat Russland in diesem Monat den Vorsitz im wichtigsten UN-Gremium. Und das Land nahm den heutigen internationalen Tag des Multilateralismus zum Anlass, das Thema auf die Agenda des Sicherheitsrats zu setzen. Dazu war eigens der russische Außenminister Sergej Lawrow nach New York gereist. Er nutzte den Auftritt, um den Einmarsch seines Landes in die Ukraine zu rechtfertigen: Die NATO habe die Sicherheit Russlands in der Region über Jahre bedroht:

Es geht darum, wie die internationalen Beziehungen künftig gestaltet werden: Indem ein solider Konsens auf der Grundlage von Interessenabwägungen hergestellt wird oder indem die Vormachtstellung Washingtons aggressiv und sprunghaft vorangetrieben wird. Wir können die Ukraine-Frage nicht losgelöst vom geopolitischen Kontext betrachten.

Lawrow warf dem Westen vor, die UN-Charta als Basis der internationalen Ordnung durch eigene Regeln ersetzen zu wollen - gegen den Willen des Rests der Welt.

Russland übernimmt turnusmäßig den Vorsitz des UN-Sicherheitsrates

Marion Schmickler, ARD New York, tagesschau, tagesschau, 24.04.2023 20:00 Uhr

Guterres: Spannungen auf historischem Höhepunkt

Zuvor hatte UN-Generalsekretär Antonio Guterres erneut davor gewarnt, dass das multilaterale System stärker unter Druck stehe als je zuvor seit der Gründung der Vereinten Nationen:

"Die Spannungen zwischen den Großmächten sind auf einem historischen Höhepunkt. Auch das Risiko, dass der Konflikt durch Unfälle oder Fehleinschätzungen eskalieren könnte." Russlands Einmarsch in die Ukraine unter Verletzung der Charta der Vereinten Nationen und des internationalen Rechts verursache massives Leid und Verwüstungen und verstärke die globalen wirtschaftlichen Verwerfungen durch die Covid-19-Pandemie.

Vorwurf der Heuchelei

Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, warf Russland Heuchelei vor. Die Regierung in Moskau habe mit der Invasion seines Nachbarn Ukraine die UN-Charta ins Herz getroffen - und damit alle gemeinsamen Werte: "Dieser illegale, nicht provozierte und unnötige Krieg widerspricht direkt unseren am weitesten verbreiteten Prinzipien, dass ein Angriffskrieg und territoriale Eroberungen niemals akzeptabel sind."

Während man hier in New York zusammen sitze, gehe diese Aggression weiter - russische Streitkräfte würden währenddessen weiter Zivilisten töten und verletzen. Und weiter beklagte Thomas-Greenfield: "Während wir hier sitzen, zerstören russische Streitkräfte die kritische Infrastruktur der Ukraine."

Skoog: Grundregeln der Vereinten Nationen verletzt

Vor der Sitzung des Sicherheitsrats hatte sich im Namen aller 27 Mitgliedsstaaten auch der UN-Botschafter der Europäischen Union, Olof Skoog, zu Wort gemeldet. Jeder wisse, dass Russland mit dem Krieg die Grundregeln der Vereinten Nationen verletze: "Durch die Organisation der Debatte versucht Russland, sich als Verteidiger der UN-Charta und des Multilateralismus darzustellen." Nichts sei weiter von der Wahrheit entfernt. "Das ist zynisch", so Skoog.

Gespräch über Zukunft des Getreideabkommens

Am Rande des Besuchs will sich der russische Außenminister Lawrow mit UN-Generalsekretär Guterres zu einen Gespräch treffen. Dabei soll es vor allem um die Zukunft des Getreideabkommens gehen.

Russland hatte zuletzt wiederholt damit gedroht, die Vereinbarung über die sichere Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine zum 18. Mai auslaufen zu lassen.

Peter Mücke, Peter Mücke, ARD New York, 24.04.2023 19:06 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 24. April 2023 um 20:00 Uhr.