Trump-Anhänger stürmen das US-Kapitol. | AP

Sturm auf das US-Kapitol Ausschuss empfiehlt Anklage gegen Trump

Stand: 20.12.2022 05:42 Uhr

Es ist ein in der US-Geschichte einmaliger Schritt: Der Untersuchungsausschuss des Kongresses hat wegen des Sturms auf das Kapitol eine Anklage von Ex-Präsident Trump empfohlen. Ob es dazu kommt, ist aber keineswegs klar.

Von Rolf Borchard, ARD-Studio Washington

Als der Ausschussvorsitzende Bennie Thompson die Sitzung mit dem üblichen Hammerschlag beendete, war klar: Ein in der Geschichte der USA beispielloser Schritt ist gemacht. Noch nie hat ein Untersuchungsausschuss des Kongresses empfohlen, einen früheren Präsidenten anzuklagen. Die neun Ausschussmitglieder - sieben Demokraten, zwei Republikaner - empfahlen einstimmig eine Anklage gegen Ex-Präsident Donald Trump.

Ralf Borchard ARD-Studio Washington

"Das Vertrauen in unser Wahlsystem ist die Grundlage der amerikanischen Demokratie", hatte der Demokrat Thompson zu Beginn der Sitzung betont. "Donald Trump hat dieses Vertrauen zerstört."

Trump habe gewusst, dass er die Präsidentschaftswahl 2020 verloren hatte, so Thompson. Dennoch habe Trump versucht, das Ergebnis zu kippen, indem er die Lüge des Wahlbetrugs verbreitete, das Justizministerium, Wahlbeamte und den eigenen Vizepräsidenten unter Druck setzte - und am Ende einen bewaffneten Mob aufstachelte, zum Kapitol zu marschieren und auf "Teufel komm raus" zu kämpfen.

"Präsident Trump hat die Flamme entzündet"

Die demokratische Abgeordnete Elaine Luria fasst die Ereignisse um den 6. Januar 2021 so zusammen: "Präsident Trump hat die Flamme entzündet, hat Öl ins Feuer gegossen, und dann im Esszimmer des Weißen Hauses stundenlang am Fernseher zugesehen, wie das Feuer brannte." Noch heute fache Trump die Flammen an, in dem er weiter die Mär vom Wahlbetrug verbreite, so Luria.

Die Republikanerin Liz Cheney, stellvertretende Ausschussvorsitzende und seit dem Sturm auf das Kapitol vehemente Trump-Gegnerin, sagte: Niemand, der sich so verhalte, dürfe je wieder ein öffentliches Amt ausüben.

Anklage in vier Punkten empfohlen

In vier Punkten empfahl der Ausschuss eine Anklage. Der schwerwiegendste Vorwurf: "Insurrection", Aufruhr. Dafür drohen bis zu zehn Jahre Haft. Die künftige Ausübung öffentlicher Ämter wäre im Fall einer Verurteilung für Trump tatsächlich ausgeschlossen.

Doch der Untersuchungsausschuss kann eine Anklage nur empfehlen, entscheiden muss Justizminister Merrick Garland. In den USA übt der Justizminister gleichzeitig die Funktion des Generalbundesanwalt aus.

Anklage keineswegs sicher

Jamil Jaffer, Jura-Professor an der George Mason-Universität, war sich im Fernsehsender PBS keineswegs sicher, ob es zur Anklage kommt: "Wir werden sehen. Es liegen viele Beweise vor, aber die Frage ist, ob sie aus Sicht des Justizministeriums gerichtsfest sind, für eine Verurteilung ausreichen."

Donald Trump selbst reagierte auf die Ausschuss-Empfehlungen auf seiner Online-Plattform unter anderem mit dem Satz, was ihn nicht umbringe, mache ihn stärker.

Trump bewirbt sich 2024 erneut

Der republikanische Wahlkampfberate Ron Bonjean zeigte sich im Radiosender NPR dagegen überzeugt, dass die Anklage-Empfehlung Trump politisch schade: "Es schadet dem Ex-Präsidenten bei den Wechselwählern. Sie sind auch in Zukunft entscheidend. Es ist für Trump nicht hilfreich mit Blick auf seine Präsidentschaftskandidatur 2024."

Vor dem Kongress-Gebäude, in dem der Untersuchungsausschuss zum letzten Mal öffentlich tagte, skandierten diesmal keine Trump-Anhänger. Ein einsamer Demonstrant stand dort mit einem Schild, auf dem stand: "Bringt Trump ins Gefängnis". Er meinte: "Man kann Leute nicht damit davonkommen lassen. Man kann auch einen Präsidenten nicht damit davonkommen lassen, ein Wahlergebnis zu kippen oder es zu versuchen."

Über dieses Thema berichtete BR24 am 19. Dezember 2022 um 21:31 Uhr.