
Abkehr von Trump "Schäme mich für seinen Narzissmus"
Stand: 08.01.2021 17:36 Uhr
Dass Trump nach der Erstürmung des Kapitols doch noch mäßigende Worte gefunden hat, nützt ihm nichts mehr. Seine Regierung zerbröselt - und die Rufe nach einer Amtsenthebung werden lauter.
Von Arthur Landwehr, ARD-Studio Washington
"Als sein Freund bin ich zutiefst enttäuscht, ich schäme mich so für seinen rücksichtslosen Narzissmus", sagt der konservative Journalist Geraldo Rivera, ein langjähriger Vertrauter Donald Trumps in einem Twitter-Video.
Er bricht mit dem Präsidenten - so wie einer nach dem anderen sich noch ganz schnell von Trump lossagt. Zu groß die Gefahr, mit ihm unterzugehen. "Ohne Frage ginge es Amerika besser, wenn der Präsident zurücktreten oder seines Amtes enthoben würde", meint auch der republikanische Gouverneur von Maryland, Larry Hogan, der allerdings nie zu Trumps Getreuen gehörte.
Weitere Rücktritte nach Gewalt im Kapitol
Aber zwei von Trumps Ministerinnen traten seit dem Sturm auf das Kapitol zurück, mit ihnen zahlreiche Führungskräfte im Weißen Haus. Vom Justitiar des Weißen Hauses, Pat Cipollone, wird das noch heute erwartet.
Dass Trump endlich seine Niederlage eingesteht, nützt ihm nichts mehr. Sein plötzlicher neuer Ton kommt zu spät. "Jetzt ist die Zeit zu heilen und für Versöhnung", hieß es in seiner Videobotschaft gestern Abend.
Aber das will niemand mehr, zumindest nicht mit ihm. Stattdessen werden die Rufe nach einem Rücktritt lauter. Wenn er nicht freiwillig gehen sollte, wollen die Demokraten nächste Woche die Amtsenthebung beantragen.
Aufarbeitung der Ausschreitungen am Kapitol
tagesschau 17:00 Uhr, 08.01.2021, Claudia Buckenmaier, ARD Washington
Republikaner in Sorge um Zukunft der Partei
Die Republikaner aber wollen kein Impeachment - schon deshalb, weil sie dann bei der Abstimmung Farbe bekennen müssten. Gleichzeitig sorgen sie sich um die Zukunft der Partei, darum, wie man Trumps Wählerbasis auffangen will.
Dass die noch fest zu ihm steht, davon muss man ausgehen. Die Aufgabe lautet, aus Trumpisten wieder Republikaner zu machen. "Geht und wählt Republikaner, wenn ihr daran glaubt. Wir stehen zu unseren Inhalten, aber wir können nicht mehr zu diesem Mann stehen", sagt Alyssa Farah, bis vor kurzem Kommunikationsdirektorin des Weißen Hauses und Trumps Beraterin in einem Fernsehinterview.
Sie war im Dezember zurückgetreten, weil sie Trumps Umgang mit dem Wahlergebnis nicht mittragen wollte. Sie fordert ihn jetzt auf, sofort die Geschäfte an Mike Pence zu geben.
"Unglaubliche Reise hat erst begonnen"
Denn eines wollen die Republikaner verhindern, dass das wahr wird, was Trump in seiner gestrigen Videobotschaft ankündigt: "An all meine wunderbaren Unterstützer: Ich weiß, dass ihr enttäuscht seid. Aber ich möchte auch, dass ihr eines wisst: Unsere unglaubliche Reise hat gerade erst begonnen."
Von den Senatoren und Abgeordneten, die auch nach der Gewalt im Kapitol noch versucht haben, das Wahlergebnis zu kippen, ist nichts mehr zu hören, allen voran Ted Cruz aus Texas. Sein politisches Kapital verwandelte sich innerhalb eines Tages vom aufrechten Kämpfer zum bedauernswerten Populisten, der sich verzockt hat.
Der tiefe Fall - Trump-Ära nähert sich ihrem unrühmlichen Ende
Arthur Landwehr, ARD Washington
08.01.2021 16:57 Uhr
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