Dina Boluarte nach ihrer Vereidigung im peruanischen Parlament in Lima.

Machtkampf in Peru Vizepräsidentin ist die neue Staatschefin

Stand: 07.12.2022 22:46 Uhr

Kurz nach der Absetzung des peruanischen Präsidenten Castillo ist die bisherige Vizepräsidentin Boluarte als neue Staatschefin vereidigt worden. Castillo hatte zuvor das Parlament auflösen wollen - die Abgeordneten enthoben ihn daraufhin seines Amtes.

Nachdem das Parlament von Peru den bisherigen Präsidenten Pedro Castillo abgesetzt hat, ist kurz darauf die bisherige Vizepräsidentin Dina Boluarte als neue Staatschefin vereidigt worden. Die 60-jährige Juristin legte im Kongress in Lima ihren Amtseid ab - sie ist damit die erste Präsidentin des südamerikanischen Landes.

Bei ihrer Vereidigung sagte sie: "Es hat einen Putschversuch gegeben - der weder in den Institutionen noch auf den Straßen ein Echo gefunden hat." Sie rief zur Einigkeit auf. "Worum ich bitte ist Spielraum und Zeit, um das Land zu retten."

Zwischen Castillo und dem Parlament hatte es zuvor einen Machtkampf gegeben. Castillo hatte angekündigt, das Parlament auflösen und zunächst per Dekret weiter regieren zu wollen. Daraufhin stimmte eine große Mehrheit der Abgeordneten für die Amtsenthebung des Präsidenten. Er wurde festgenommen und von Staatsanwälten vernommen.

Castillo verhängte Ausgangssperre

"Der Kongress hat den Rechtsstaat, die Demokratie und das Gleichgewicht zwischen den Staatsgewalten zerstört", hatte Castillo vor seiner Festnahme gesagt. Laut Medienberichten wollte er eine Notfallregierung einsetzen und den Kongress "so schnell wie möglich" neu wählen lassen. Unklar war allerdings, ob der Präsident tatsächlich den Kongress hätte auflösen können.

Ein neugewählter Kongress sollte laut Castillo eine neue Verfassung ausarbeiten. "Bis der neue Kongress seine Arbeit aufnimmt, werden wir mit Dekreten regieren", hatte er angekündigt. Er hatte zudem eine landesweite nächtliche Ausgangssperre verhängt.

Dritter Amtsenthebungsversuch

Es war bereits das dritte Mal seit Castillos Amtsantritt im Juli 2022, dass über seine Amtsenthebung abgestimmt wurde. Gegen seine Regierung wird wegen Korruptionsvorwürfen ermittelt. Zwei seiner Vorgänger wurden in ähnlichen Verfahren ihres Amtes enthoben. Aber auch gegen Parlamentarier wird Berichten zufolge wegen verschiedener Vorwürfe ermittelt.

Das peruanische Parlament posiert nach der Abstimmung im Amtsenthebungsverfahren gegen Castillo für ein Foto.

Peruanische Abgeordnete posieren nach der Abstimmung im Amtsenthebungsverfahren gegen Castillo jubelnd für ein Foto.

Opposition: "Das ist illegal"

Wegen Castillos Ankündigung, den Kongress auflösen zu wollen, hatte die Opposition von einem Staatsstreich gesprochen. "Er darf nicht tun, was er gerade getan hat. Das ist illegal", sagte die Abgeordnete Martha Moyano von der rechten Partei Fuerza Popular im Radiosender RPP. Ihr Parteifreund Héctor Ventura erklärte: "Die Streitkräfte müssen heute die demokratische Ordnung respektieren." Der Abgeordnete und frühere Admiral José Cueto schrieb auf Twitter: "Was Pedro Castillo getan hat, ist ein Staatsstreich. Die Streitkräfte werden die Verfassung unterstützen und nicht den Diktator."

Zahlreiche Minister traten nach Castillos Ankündigung bereits zurück. Generalstaatsanwältin Patricia Benavides sagte: "Wir weisen den Bruch der verfassungsmäßigen Ordnung auf das Schärfste zurück."

Anne Herrberg, Anne Herrberg, ARD Rio de Janeiro, 07.12.2022 23:53 Uhr