
Wahl in Brasilien Ex-Präsident Lula bestätigt Kandidatur
Bei der brasilianischen Präsidentschaftswahl steht Amtsinhaber Bolsonaro ein starker Kontrahent gegenüber. Der ehemalige Präsident Lula hat seine Kandidatur verkündet und führt derzeit in den Umfragen.
Ein knappes halbes Jahr vor der Präsidentschaftswahl in Brasilien hat der ehemalige Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva seine Kandidatur angekündigt. Der Ex-Präsident bewirbt sich im Team mit Gerardo Alckmin, der ehemaliger Gouverneur des Bundesstaates São Paulo ist und früherer Rivale von Lula.
"Demokraten aller Herkünfte und Farben vereinigen"
Lula warb bei der Ankündigung seiner Kandidatur vor allem um Parteien der Mitte für eine künftige Koalition: "Wir müssen Demokraten aller Herkünfte und Farben vereinigen, um der totalitären Bedrohung, Hass, entgegenzustehen und sie zu schlagen", sagte der Linke mit Blick auf die aktuelle Regierung des rechtsextremen Populisten Jair Bolsonaro vor Tausenden Anhängern der Arbeiterpartei, Gewerkschaften und politischer Verbündeter in São Paulo. "Alles, was wir getan haben und was das brasilianische Volk erreicht hat, wird von der aktuellen Regierung zerstört", warf er Bolsonaro vor.
Außerdem griff der 76-Jährige den amtierenden Staatschef erneut wegen dessen Kurs in der Corona-Pandemie an. Der Präsident sei mitverantwortlich für die rund 660.000 Todesopfer in Brasilien, sagte Lula. Zudem habe die aktuelle Regierung Millionen Menschen durch die steigende Inflation und hohe Lebensmittelpreise in die Armut getrieben. "Wir werden nicht aufgeben - nicht ich, und nicht unser Volk. Die Sache, für die wir kämpfen, hält uns am Leben", sagte Lula vor seinen Anhängern.
Erste Präsidentschaft von 2003 bis 2011
Lula regierte Brasilien von 2003 bis 2011. Mit Sozialprogrammen holte er Millionen Menschen aus der Armut. Auch wirtschaftlich boomte Brasilien während seiner Amtszeit. Allerdings blühte unter seiner Präsidentschaft auch die Korruption in der größten Volkswirtschaft in der Region.
Im Vorfeld der Wahlen 2018, die schließlich Bolsonaro gewann, war Lula wegen Korruption und Geldwäsche zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte die Ermittlungen gegen ihn stets als politisch motiviert zurückgewiesen. Im März vergangenen Jahres hob ein Richter am Obersten Gerichtshof alle Urteile gegen den linken Ex-Präsidenten auf, auch der UN-Menschenrechtsausschuss bezeichnete den Ausschluss Lulas von den Wahlen 2018 als rechtswidrig.
Doch der Linke hat noch immer viele Feinde im rechtskonservativen Lager, 37 Prozent der Brasilianer lehnen in kategorisch ab. Immer wieder sorgt er auch im progressiven Lager für Kopfschütteln, beispielsweise mit einer Aussage im Interview mit dem Magazin "Time" zum Ukraine-Krieg. Für ihn sei der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj genauso verantwortlich wie Putin, erklärte der Brasilianer: "Er wollte Krieg. Wenn er keinen Krieg gewollt hätte, hätte er ein bisschen mehr verhandelt. Das ist so. Ich habe Putin kritisiert, als ich in Mexiko-Stadt war, und gesagt, dass es ein Fehler war einzumarschieren. Aber ich glaube nicht, dass gerade irgendjemand versucht, Frieden zu schaffen."
Lula führt in Umfragen vor Bolsonaro
Brasilien wählt am 2. Oktober einen neuen Staatschef. Laut Umfragen liegt Lula im beginnenden Wahlkampf vor Bolsonaro, der sich um eine zweite Amtszeit bewirbt. Derweil hat dieser immer wieder Zweifel an der Verlässlichkeit des elektronischen Wahlsystems gestreut. Experten befürchten, dass er sich - ähnlich wie sein Vorbild Donald Trump in den USA - weigern könnte, eine Niederlage bei den Wahlen einzugestehen.
Mit Informationen von Anne Herrberg, ARD-Studio Rio de Janeiro