
Kontinuität oder Neuanfang Wie weiter, Joe Biden?
In den USA werden die entscheidenden Weichen für die Präsidentschaftswahl 2024 gestellt. Bei den regierenden Demokraten wird heftig diskutiert, ob Amtsinhaber Biden nochmal antreten soll oder es Zeit für einen Generationswechsel ist.
Als Joe Biden sein Amt als ältester US-Präsident aller Zeiten antrat, da hielten ihn viele für einen Übergangschef im Weißen Haus, gewählt für eine Interimsaufgabe: das Versöhnen und Einen des tief gespaltenen Landes nach den turbulenten Trump-Jahren. Doch Biden hat, trotz seiner ernüchternden Zustimmungsraten, Geschmack gefunden am Gestalten.
Vizepräsidentin als Thronfolgerin abgeschrieben
Seine Familie wolle wohl, dass er es noch einmal versucht, aber es gäbe noch Diskussionsbedarf, so das politische Urgestein. Im Frühjahr falle die Entscheidung. Damit ist auch der ursprüngliche Automatismus - Biden macht eine Amtszeit und baut umgehend seine prominente Vizepräsidentin zur natürlichen Thronfolgerin auf - vom Tisch.
Kamala Harris ist während der vergangenen zwei Jahre erstaunlich blass geblieben, obwohl ihr mit viel Vorschusslorbeer die Chefsache Migration übertragen worden war. "Kommen Sie erst gar nicht: Sie werden ohnehin an der Grenze abgewiesen!" Mit dieser altbekannten Botschaft tingelte Harris durch die mittelamerikanischen Anrainerstaaten - ansonsten tat sich nicht viel in Sachen Einwanderungspolitik.
Mögliche Herausforderer sagen ab
Die Lage an der Grenze ist so angespannt wie eh und je, was Bidens ambitionierter Vize den Glamour der ersten Stunde genommen hat. Aus dem inneren Washingtoner Zirkel, rund um Biden und Harris, wird nach wie vor Pete Buttigieg als aufsteigender Stern gehandelt. Der heutige Verkehrs- und Infrastrukturminister hatte es ja 2020 schon einmal versucht.
"Wollen Sie immer noch Präsident werden?", wird Buttigieg gefragt. Der 40-jährige weicht aus: Damals hätte er gedacht, seine Kandidatur hätte in die Zeit gepasst. Ähnlich winken auch die beiden Hoffnungsträger auf Gouverneursebene ab: Gavin Newsom in Kalifornien, und Gretchen Whitmer in Michigan. Letztere verschwende keinerlei Energie darauf, an etwas anderes zu denken als ihren Gouverneursjob. Newsom tut ähnlich desinteressiert und bleibt beim Nein. Es sei nicht der geeignete Moment, diesen Weg einzuschlagen.
Ein Spiel auf Zeit
Doch ein solcher Moment kann jederzeit kommen - wenn der Familienrat der Bidens zum Schluss gelangen sollte, dass die Belastung durch das Amt zu hoch ist für einen dann deutlich über 80-Jährigen, wenn Biden gesundheitlich abbaut. Oder wenn er nicht aus dem Umfragetief von zwischenzeitlich ernüchternden 36 Prozent Zustimmungsrate herauskommt.
"Was wollen Sie in den nächsten beiden Jahren anders machen?", fragt ein Reporter. "Nichts", antwortet Biden, "je mehr die Leute kapieren, was wir für sie tun, desto mehr werden sie uns unterstützen!" Die Demokraten spielen auf Zeit: Solange der Amtsinhaber sich nicht erklärt, solange dürften auch seine potentiellen Erben die Füße stillhalten. Doch hofiert werden sie jetzt bereits.