
Regierungskrise in Südafrika Präsident Ramaphosa unter Druck
Trotz Skandalen und massiven Vorwürfen schließt der südafrikanische Präsident Ramaphosa einen Rücktritt aus. Zudem will er sich gegen ein drohendes Amtsenthebungsverfahren wehren.
Kein anderes Thema hat in den vergangenen Tagen Südafrika so beschäftigt wie die Diskussion über Präsident Cyril Ramaphosa. Grund ist ein Parlamentsbericht, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Laut dem Bericht könnte der ANC-Vorsitzende gegen Anti-Korruptions-Regeln verstoßen haben, obgleich er Vetternwirtschaft von jeher den Kampf angesagt hat. Die obersten Gremien der Partei wollen über die Zukunft von Ramaphosa beraten.
Ramaphosa droht Amtsenthebungsverfahren
Anstoß der Krise ist ein mysteriöser Raubüberfall auf Ramaphosas Großwild-Farm Phala Phala in Limpopo, gut zweieinhalb Stunden Autofahrt nördlich von Johannesburg gelegen. Im Jahr 2020 wurden dort nach Angaben von Ramaphosa 580.000 US-Dollar in bar gestohlen, umgerechnet gut 555.000 Euro. Erst im Juni dieses Jahres wurde das bekannt. Nach wie vor werfen die Umstände Fragen auf, weil das Geld in einer Couch versteckt gewesen sein und aus dem Verkauf von Büffeln stammen soll.

Präsident Ramaphosa hat ein aufwändiges und teures Hobby - wird ihm diese Farm politisch nun zum Verhängnis?
Eine unabhängige Richterkommission, die vom Parlament eingesetzt worden war, hatte am Mittwoch ihren Untersuchungsbericht dazu veröffentlicht. Dem Staatschef werden darin ernste Rechtsbrüche vorgeworfen. Er soll beispielsweise die hohen Beträge nicht gegenüber den Steuerbehörden angemeldet haben. Zudem soll er die Diebe entführt haben lassen. Ramaphosa habe sie laut Bericht für ihr Schweigen bezahlen wollen, damit geheim bleibt, dass so viel Geld auf dem Landgut gelagert war.
Die Kommission unterstellt Ramaphosa einen Interessenskonflikt sowie einen Verstoß gegen Anti-Korruptionsgesetze und sieht genug Hinweise auf ein Fehlverhalten des Präsidenten, die rechtfertigen würden, ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten. Omry Makgoale, ein seit Jahrzehnten einflussreiches ANC-Mitglied, warnt davor:
Ich glaube, Ramaphosa ist besser als jeder andere in den vergangen 10 bis 15 Jahren. Wenn er jetzt gehen muss, könnte das bei den nächsten Wahlen 2024 das Aus für den ANC bedeuten. Wir sind enttäuscht, ja, wir hatten mehr von ihm erwartet. Aber wenn er gehen muss, garantiere ich, dass das Land ausbluten wird. ANC-Funktionäre haben das Land in der Vergangenheit beraubt, und ich glaube, der Staat würde zusammenbrechen. Das wäre eine ernste Krise, dem Land würde das Schlimmste bevor stehen.
Entscheidungen der Parteispitze in kommender Woche
Oppositionsparteien hatten Ramaphosa umgehend zum Rücktritt aufgerufen. Aus dem ANC verlautete, der Präsident selbst sei bereit gewesen zu gehen. Einflussreiche Vertreter hätten sich aber hinter ihn gestellt und gebeten, die Entscheidung der Parteispitze abzuwarten.
Die Dringlichkeitssitzung der Partei war am Freitag verschoben worden, nachdem Zweifel an dem Bericht aufkamen. Am Wochenende sollte die Diskussion fortgesetzt werden und für Dienstag ist geplant, dass im Parlament über den Bericht debattiert wird. Der Politologe Oscar van Heerden hält für möglich, dass sich alles sich in Wohlgefallen auflösen könnte:
Als er den Bericht übergab, hat der Richter selbst betont, er sehe einige Mängel. Er hätte beispielsweise mehr Zeit haben wollen, er hätte mehr Zeugen anhören wollen, er hätte mehr Beweise sammeln wollen.
Das wäre nicht ausreichend, und dennoch komme der Bericht zu einem Ergebnis, sagt van Heerden. Ramaphosa werde das wahrscheinlich juristisch überprüfen lassen. Heerden glaubt, dass die Entscheidung dann in der ANC-Krisensitzung fällt. "Wenn Ramaphosa viel Unterstützung bekommt, könnte im Parlament entschieden werden, dass der Bericht nicht weiter verfolgt wird", so Heerden.
Ramaphosa hat ein Fehlverhalten zurückgewiesen und mehrfach betont, die zuständigen Behörden würden in der Sache ermitteln. Das fordert auch Karam Singh. Er leitet die Organisation Corruption Watch, die sich dem Kampf gegen Korruption verschrieben hat. Singh sagt:
In einem Land, das über einen langen Zeitraum von Korruptionsskandalen heimgesucht wurde, die die Institutionen ausgehöhlt, die Wirtschaft ausgehöhlt und die Erbringung von Dienstleistungen ernsthaft beeinträchtigt haben, verdienen die Südafrikaner Antworten. Es ist zwingend notwendig, dass sich der demokratische Prozess entfalten kann und dass niemand ungestraft handeln darf.
Zweifellos ist Transparenz nötig. Das Medienunternehmen Independent Media berichtet unter Berufung auf eigene Quellen, dass mehr als 100 Millionen US-Dollar auf Ramaphosas Farm versteckt gewesen seien.
Ramaphosa: Kein Rücktritt wegen Phala Phala
Beobachter erwarten, dass Ramaphosa um seine politische Zukunft kämpfen wird. Sein Sprecher, Vincent Magwenya, bestätigte am Samstag, der Präsident wolle für eine zweite Amtszeit kandidieren und seine Reformen fortführen. Sollte Ramaphosa beim ANC-Parteitag als Vorsitzender wiedergewählt werden, könnte er auch bei der Präsidentschaftswahl 2024 antreten. Der Parteitag beginnt in gut zwei Wochen, am 16. Dezember.
Von der Ramaphoria genannten Aufbruchsstimmung, die herrschte, als Ramaphosa 2018 ins Amt kam, ist kaum noch etwas zu spüren. Überall im Land diskutieren die Menschen derzeit über die Zukunft des Präsidenten und die wirtschaftliche Stabilität Südafrikas. Die Finanzmärkte reagierten in dieser Woche umgehend. Der südafrikanische Rand schwankte kurzzeitig deutlich, erholte sich aber wieder.