Saif al-Islam al-Gaddafi, Sohn des früheren Machthabers Muammar al-Gaddafi (Archivbild).

Libyen Gaddafi-Sohn will Präsident werden

Stand: 14.11.2021 16:05 Uhr

Seif al-Islam, Sohn des früheren libyschen Machthabers al-Gaddafi, will bei der Präsidentenwahl antreten. Der 49-Jährige wird seit Jahren vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen möglicher Kriegsverbrechen gesucht.

Ein Sohn des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi, Saif al-Islam al-Gaddafi, möchte Präsident von Libyen werden. Er habe sich als Kandidat für die Wahl am 24. Dezember registrieren lassen, erklärte die Hohe nationale Wahlkommission.

Der 49-Jährige hatte im Juli erstmals Präsidentschaftsambitionen geäußert. In einem Interview mit der "New York Times" sagte der seit Jahren nicht mehr öffentlich aufgetretene Gaddafi-Sohn, die libyschen Politiker der vergangenen zehn Jahre hätten dem Land "nichts als Elend" gebracht. Nun sei es "Zeit für eine Rückkehr zur Vergangenheit".

Allerdings rechnen Analysten dem jungen Gaddafi eher schlechte Chancen aus, da die Ära des alten Machthabers Gaddafi vielen Libyern immer noch als harte Autokratie in Erinnerung ist.

Gesucht wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen

Vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag wird Seif al-Islam wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen gesucht. Ein Gericht in Tripolis verurteilte ihn zudem 2015 in Abwesenheit zum Tode.

Er sei "zuversichtlich, dass diese juristischen Probleme wegverhandelt werden können", wenn eine Mehrheit der Libyer ihn "als ihren Anführer wollen", sagte Seif al-Islam der "New York Times".

Lange als Nachfolger seines Vaters im Gespräch

Gaddafi galt schon lange als mutmaßlicher Nachfolger seines Vaters. Vor der Revolte gegen Gaddafi trat Seif al-Islam für eine Annäherung an den Westen und einer Öffnung des Systems ein. Nach Beginn der Proteste im Februar 2011 befürwortete er jedoch ein hartes Vorgehen gegen die Opposition.

Einen Monat nach dem Tod seines Vaters im Oktober 2011 wurde Seif al-Islam von einer bewaffneten Gruppe gefasst, die sich aber weigerte, den Gaddafi-Sohn an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag IStGH auszuliefern. 2017 wurde Seif al-Islam freigelassen, danach verlor sich seine Spur.

Bis zu dem Interview, das laut der Zeitung in einer Villa in der libyschen Stadt Sintan geführt wurde, hatte es seit Juni 2014 kein öffentliches Lebenszeichen des Gaddafi-Sohnes gegeben. In dem Interview sagte er, die Milizionäre, die ihn einst festgenommen hätten, seien heute seine "Freunde". Er sei ein freier Mann, der seine Rückkehr in die Politik organisiere.

Zudem teilte ein Mitglied der Wahlkommission nun ein Video, in dem sagte Saif al-Islam in die Kamera sagte, Gott werde über die Zukunft des Landes entscheiden. Er trug ein traditionelles libysches Gewand, einen Turban und eine Brille. Es war sein erster öffentlicher Auftritt seit Jahren.

MuGaddafi hatte acht Kinder, von denen die meisten in seiner Regierung eine bedeutende Rolle spielten. Ein Sohn wurde getötet, als Gaddafi gefangen genommen wurde, zwei weitere Söhne kamen zuvor in dem Volksaufstand ums Leben.

Wahlen am 24.12. - ein Teil des UN-Friedensplans

Gaddafi ist eine der prominentesten Persönlichkeiten, die für das Präsidentenamt kandidieren. Auf der Liste stehen auch Militärkommandeur Chalifa Haftar, sowie der Regierungschef Abdulhamid al-Dbeibah und Parlamentspräsident Aguila Saleh.

Am 24. Dezember sollen - wie es der Friedensplan der Vereinten Nationen vorsieht - neben dem Präsidenten auch das Parlament gewählt werden. Die beiden Wahlen gelten als wichtiger Schritt in den Bemühungen, eine neue politische Führung zu installieren, deren Legitimität weithin akzeptiert wird.

Muammar al-Gaddafi

Muammar al-Gaddafi hatte acht Kinder, von denen die meisten in seiner Regierung eine bedeutende Rolle spielten. Ein Sohn wurde getötet, als Gaddafi gefangen genommen wurde, zwei weitere Söhne kamen zuvor in dem Volksaufstand ums Leben. Dieses Foto zeigt Gadaffi am 15.04.2009.

Nach dem Tod des langjährigen Machthabers Gaddafi zerfiel Libyen inmitten eines Bürgerkriegs praktisch in zwei Teile. In Tripolis amtierte eine von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung, rivalisierende Kräfte im Osten des Landes stützten sich vor allem auf den mächtigen Militärkommandeur Chalifa Haftar.

Beide Seiten erhielten Unterstützung von diversen bewaffneten Gruppen und ausländischen Regierungen. Anfang des Jahres einigten sich die Streitparteien auf die Bildung einer Übergangsregierung und Wahlen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete der Weltspiegel am 17. Oktober 2021 um 19:20 Uhr.