Umgang mit illegalen Einwanderern Europaparlament beschließt gemeinsame Abschieberegeln

Stand: 18.06.2008 13:56 Uhr

Wer keine Aufenthaltsgenehmigung bekommt, muss in der Europäischen Union oft hinter Gittern auf seine Abschiebung warten. Bisher entschied jeder Mitgliedsstaat selbst über Abschiebehäftlinge. Jetzt legte das Europaparlament gemeinsame Standards fest.

In Europa gelten künftig strenge Regeln für den Umgang mit illegalen Einwanderern. Das Europaparlament stimmte in Straßburg mehrheitlich für die umstrittene "Rückführungsrichtlinie", in der eine Abschiebehaft von sechs Monaten, in Ausnahmefällen von bis zu 18 Monaten, vorgesehen ist. Bislang hatte jeder Mitgliedsstaat selbst über die Abschiebehaft entschieden. Zudem sieht die Richtlinie ein Wiedereinreiseverbot von fünf Jahren vor und legt Mindeststandards für die Abschiebeverfahren fest.

Mit diesem Text wird eine über zweijährige Diskussion innerhalb der EU beendet. Das neue Gesetz wird voraussichtlich in zwei Jahren in Kraft treten. Nach Angaben des EU-Parlaments leben etwa zehn Millionen illegale Einwanderer in der EU. Die meisten von ihnen sind demnach legal eingereist und anschließend einfach geblieben. Nach der neuen Richtlinie sollen sie in erster Linie in ihre Heimatländer oder in sichere Drittländer abgeschoben werden, mit denen die EU Rückführungsabkommen abgeschlossen hat.

Menschenrechtler: "Richtlinie der Schande"

Politiker linker Parteien und Teile der Sozialdemokraten konnten sich nicht durchsetzen. Sie hatten bis zuletzt eine Begrenzung der Abschiebehaft auf höchstens drei Monate gefordert. Ihre Kritik galt zudem einem Passus über die Inhaftierung von Minderjährigen. Außerdem hatten sie für weitergehende Schutzmaßnahmen bei der Ausweisung unbegleiteter Kinder in Transitländer plädiert.

Menschenrechtsorganisationen hatten das neue Regelwerk als "Richtlinie der Schande" bezeichnet und zuletzt am Dienstag vor dem Europaparlament dagegen demonstriert. Sie befürchten, dass sich auch Länder, in denen die Zeit der Abschiebehaft kürzer ist, in Frankreich beispielsweise 30 Tage, den längeren Zeiten anpassen.

Pro und contra deutscher Politiker

Die Befürworter der Richtlinie verweisen auf neun EU- Mitgliedsstaaten - darunter die skandinavischen Länder, Estland, Großbritannien und die Niederlande - in denen die Haftdauer unbegrenzt ist. "Die Richtlinie ist für diese Länder wichtig, in denen es so eine Begrenzung überhaupt nicht gibt", erklärte der deutsche SPD- Parlamentarier Wolfgang Kreissl-Dörfler. Die Grünen kritisierten das Wiedereinreiseverbot für fünf Jahre. Dies sei inakzeptabel, sagte der deutsche Grüne Cem Özdemir. Illegale, die seit Jahren in unseren Ländern lebten, hätten zwischenzeitlich Familienbeziehungen aufgebaut.

Für Deutschland ändert sich wenig, da die Abschiebehaft in der Regel bis zu sechs Monate dauert, aber auch bis zu 18 Monate möglich ist. Die Abschiebe-Richtlinie ist das erste EU-Gesetz zur Migrationspolitik, bei der das Parlament voll mitentscheiden darf.