
500 Jahre Havanna Jubiläum in schweren Zeiten
Stand: 16.11.2019 12:48 Uhr
Die kubanische Hauptstadt hat viel Geld in die Hand genommen, um sich für das 500-jährige Jubiläum herauszuputzen. Doch das kann nicht über die aktuelle Krise hinwegtäuschen.
Von Anne-Katrin Mellmann, ARD-Studio Mexiko-Stadt
Hinter dem frisch renovierten Kapitol von Havanna scheinen ganze Straßenzüge dem Verfall preisgegeben. In einem der heruntergekommenen Gebäude langweilt sich Juan Carlos in einem staatlichen Laden, in dem es Lebensmittel auf Zuteilung gibt. Es herrscht gähnende Leere. Der ewige Mangel habe sich in den vergangenen Monaten noch verschärft, meint der 25-Jährige: "Und eine weitere Veränderung ist, dass sie einige Gebäude, die an den Prachtstraßen liegen, renoviert haben. Hier ist nichts passiert. Oft wurden einfach nur Fassaden gestrichen."


Ein paar Meter weiter liest der Rentner Juan José in der Zeitung der kommunistischen Jugend vom Gala-Dinner mit dem spanischen König, der Kuba anlässlich der 500-Jahrfeier besucht. José wartet auf seine tägliche Gratis-Mahlzeit in einer Suppenküche. Er muss mit umgerechnet 20 Euro Rente im Monat auskommen: "Auch wenn jemand das Vierfache bekommt, reicht es nicht zum Leben. Die Lebenshaltungskosten sind sehr gestiegen, alles ist teuer."
Schwere Wirtschaftskrise
Die Feiern zum Stadtjubiläum finden ohne den Rentner statt. Der Veranstaltungsmarathon mit vielen Gratiskonzerten kann nicht über die Wirtschaftskrise hinwegtäuschen. Kuba leidet unter dem Zusammenbruch des verbündeten Venezuela, das kaum noch Öl schickt. Hinzu kommen US-Sanktionen, die vor allem auf die wichtige Devisenquelle, den Tourismus, abzielen. Die Sanktionen seien illegal und unmoralisch, meint der EU-Botschafter in Havanna, Alberto Navarro:
"Fast jede Woche denkt sich die Trump-Regierung - von den Medien fast unbemerkt - neue Kuba-Sanktionen aus. Seit einigen Wochen dürfen keine Kreuzfahrtschiffe mehr kommen. Die Tausenden Touristen haben Taxifahrern und Restaurants Arbeit gebracht. US-Touristen dürfen überall hin reisen, nur nicht mehr nach Kuba. Die Sanktionen sollen größtmöglichen Schaden anrichten. Das Land soll untergehen, seine Wirtschaft ersticken."
Feuerwerk und Gala: Kuba feiert 500 Jahre Havanna
tagesschau24 09:00 Uhr, 17.11.2019
Kuba braucht Touristen
Hinter prächtigen Fassaden in Havannas Altstadt sind Dank ausländischem Geld in den letzten Jahren mehrere Luxushotels entstanden. Jetzt dürften Investoren abgeschreckt sein: Schon gibt es in den USA erste Klagen gegen Betreiber von Hotels, die im Zuge der kubanischen Revolution vor 60 Jahren enteignet wurden. Auch Buchungsplattformen sind betroffen. Aber Kuba braucht Touristen - und Investitionen. Der Ökonom Ricardo Torres von der Universität Havanna meint, das Land müsse mehr dafür tun:
"Kuba muss sein Wirtschaftsmodell reformieren. Dinge tun, die funktionieren, die Wettbewerbsfähigkeit verbessern, damit wir in die ganze Welt verkaufen können. Es sind bessere Strategien nötig, um Investoren anzulocken. Es muss alles getan werden, was möglich ist, um ihren Einstieg zu erleichtern, etwa die Bürokratie abbauen. Und das Land muss eine Lektion lernen: Es darf seine Wirtschaftsbeziehungen nicht mehr nur auf ein Land konzentrieren, wie in der Vergangenheit. Wann immer Kuba das getan hat, ging es schief. Das muss endlich verstanden werden."
Keine Euphorie zum Jubiläum
Neue Freunde sind zwar in Sicht: Unter anderem plant Russland weitreichende Investitionen. Zur 500-Jahrfeier kommt dennoch keine Euphorie auf. Daran kann auch der erste offizielle Besuch eines spanischen Königs auf der Insel nichts ändern. Nur Kubas Partei- und Staatsführung präsentiert ein nach wie vor unbeugsames Land - trotz US-Sanktionen und ungewisser Zukunft.
500 Jahre Havanna: Fiesta im Krisenmodus
Anne-Katrin Mellmann, ARD Mexiko City
16.11.2019 12:16 Uhr
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