Arbeiten an einem schwimmenden Pier im Mittelmeer vor dem Gazastreifen.
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Nahost-Krieg ++ Briten senden weitere Hilfsgüter nach Gaza ++

Stand: 15.05.2024 23:29 Uhr

Ein britisches Schiff soll Hilfsgüter zu provisorischem Pier an der Küste des Gazastreifens bringen. Die Europäische Union fordert von Israel, den Einsatz in Rafah sofort zu beenden. Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen.

15.05.2024 • 23:29 Uhr

Ende des Liveblogs

Wir beenden den Liveblog an dieser Stelle - vielen Dank für Ihr Interesse.

Die radikal-islamische Hisbollah-Miliz im Libanon hat nach eigenen Angaben einen israelischen Stützpunkt westlich von Tiberias mit Drohnen angegriffen. Grund seien israelische Attentate, heißt es weiter. Seit dem Beginn des Krieges ist kein Hisbollah-Angriff derartig tief im israelischen Staatsgebiet bekanntgeworden. Eine Stellungnahme Israels liegt bisher nicht vor. Am Dienstag war ein Hisbollah-Kommandeur im Südlibanon getötet worden.

Die US-Regierung hat angesichts von Berichten über eine neue Waffenlieferung an Israel in Milliardenhöhe ihre Unterstützung für das Land bekräftigt. Zwei Dinge könnten gleichzeitig wahr sein, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre.

Man könne schwierige Gespräche mit Verbündeten führen und Bedenken teilen, betonte sie mit Blick auf Israels umstrittenes Vorgehen in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens. "Und wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir sicherstellen wollen, dass (Israel) in der Lage ist, sich zu verteidigen." Diese beiden Dinge schlössen sich nicht aus.

Mit fast 100 Tonnen Ausrüstung für Notunterkünfte aus Großbritannien an Bord ist ein Schiff auf dem Weg zum Gazastreifen. Die Lieferung soll zu den ersten gehören, die über einen provisorischen Pier an Land gebracht werden sollen. Es handele sich um 8.400 Notunterkünfte aus Plastikplanen und sei der erste Teil eines britischen Hilfspakets im Wert von zwei Millionen Pfund (2,33 Mio Euro), teilte das britische Außenministerium mit.

Premierminister Rishi Sunak sprach von einem wichtigen Moment. Es sei aber noch mehr Einsatz nötig. "Deshalb werden wir uns neben der intensiven Arbeit zur Befreiung der Geiseln aus Gaza auch weiterhin darum bemühen, mehr Wege zu erschließen, um lebenswichtige Hilfe zu erhalten - um Menschen in dringender Not zu helfen."

Der provisorische Pier, der von der US-Marine und der US-Armee gebaut wurde, soll nach britischen Angaben zunächst die Lieferung von rund 90 Lastwagen-Ladungen internationaler Hilfsgüter pro Tag ermöglichen. Bei vollem Betrieb sollen bis zu 150 Ladungen möglich sein.

Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant hat die Unentschlossenheit Israels in der Frage, wer nach dem Krieg in Gaza herrschen soll, scharf kritisiert. Es müsse eine politische Alternative zur Herrschaft der islamistischen Hamas im Gazastreifen geschaffen werden, forderte Gallant vor Journalisten in Tel Aviv. 

Ohne eine solche Alternative blieben nur zwei negative Optionen, nämlich eine Fortsetzung der Hamas-Herrschaft oder eine israelische Militärherrschaft, sagte Galant. Es müssten palästinensische Vertreter in Gaza die Kontrolle übernehmen, begleitet von internationalen Akteuren, die eine Regierungsalternative zur Hamas-Herrschaft schaffen, sagte er. 

Israels Offensive im Gazastreifen schaffe bereits Ergebnisse, die Hamas sei militärisch schon sehr dezimiert. "Solange die Hamas aber die Kontrolle über das zivile Leben in Gaza bewahrt, kann sie sich wieder neu aufbauen und erstarken, sodass die israelische Armee zurückkommen und kämpfen muss, in Gebieten, in denen sie bereits im Einsatz gewesen war", erklärte Gallant. 

Auch Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant drängt seine Regierung zu einer Entscheidung über die Nachkriegsordnung im Gazastreifen. Er werde eine unbefristete militärische Kontrolle über das Palästinenser-Gebiet nicht mittragen, sagt er auf einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz. Er habe seit Beginn des Konflikts im Oktober wiederholt einen Plan für eine neue Palästinenser-Regierung ohne die radikal-islamische Hamas vorgelegt, jedoch keine Reaktion vom Kabinett erhalten.

Zuvor hatte US-Außenminister Antony Blinken von der Regierung in Jerusalem einen Plan für die Zukunft des Gazastreifens gefordert.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hält es für sinnlos, vor einem Sieg über die Terrororganisation Hamas über die Verwaltung des Gazastreifens nach dem Gaza-Krieg zu beraten. "Die Zerstörung der Hamas ist ein notwendiger Schritt, um sicherzustellen, dass es 'am Tag danach' niemanden in Gaza gibt, der uns bedrohen kann", sagte Netanyahu in einer Videobotschaft.

Im Westjordanland haben palästinensische Demonstranten an die Flucht und Vertreibung von mehr als 700.000 Palästinensern während des ersten Nahost-Kriegs 1948 erinnert. Die Palästinenser begehen den sogenannten Nakba-Tag (Tag der Katastrophe) jedes Jahr am 15. Mai und damit einen Tag nach dem Jahrestag der israelischen Staatsgründung vom 14. Mai 1948. Im Westjordanland fand die zentrale Veranstaltung in Ramallah statt. Mittags heulten dort für 76 Sekunden Sirenen - eine Sekunde für jedes Jahr seit der Nakba. Nach Berichten von Augenzeugen kamen deutlich weniger Teilnehmer als in den Vorjahren.

Palästinenser halten während einer Demonstration zum 76. Jahrestag der Nakba in Ramallah eine palästinensische Flagge.

Demonstrationszug in Ramallah

Nördlich von Ramallah kam es in der Nähe einer jüdischen Siedlung zu Zusammenstößen von demonstrierenden Jugendlichen und israelischen Soldaten. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurde dabei ein junger Mann getötet und ein weiterer festgenommen.

Das israelische Militär hat weitere Palästinenser im Norden des Gazastreifens aufgerufen, sich vor einem größeren Militäreinsatz gegen die islamistische Hamas in Sicherheit zu bringen. Ein Armeesprecher veröffentlichte auf der Plattform X eine Karte mit den Gebieten der Stadt Dschalabia, die sofort verlassen werden müssten. In diesen Bereichen feuerten die Hamas und andere Terrorgruppen Raketen auf israelische Städte ab, hieß es. Die Einwohner sollten in Schutzeinrichtungen im Westen der Stadt Gaza Zuflucht vor den bevorstehenden Militäroperationen suchen.

Die Hisbollah im Libanon hat nach Angaben des israelischen Militärs am Mittwoch rund 60 Geschosse auf den Norden Israels abgefeuert. Die Miliz selbst teilte mit, Dutzende Raketen auf das Hauptquartier der Luftüberwachungseinheit bei Meron abgefeuert zu haben. Der Angriff sei eine Reaktion auf das "Attentat des israelischen Feindes" vom Dienstagabend gewesen. Die proiranische Schiitenmiliz teilte darüber hinaus mit, weitere Standorte der israelischen Armee angegriffen zu haben.

Israels Premierminister Benjamin Netanyahu erklärte, sein Kabinett habe beschlossen, die Vorschriften zu lockern und die Quote für ausländische Arbeitskräfte in Israel "erheblich zu erhöhen", da das Land angesichts des Gaza-Kriegs mit einem Arbeitskräftemangel konfrontiert sei.

Zu den Maßnahmen, die Israel ergreifen will, gehört die Zulassung von mehr als 300.000 ausländischen Arbeitnehmern, was bis zu 3,3 Prozent der Bevölkerung entspricht. Damit soll der Mangel in der gesamten Wirtschaft gedeckt werden, unter anderem im Baugewerbe, in der Landwirtschaft und in der Krankenpflege.

Die irische Regierung will Palästina noch im Mai als eigenen Staat anerkennen. Das sagte Irlands Außenminister Micheál Martin in einem Interview des irischen Radiosenders Newstalk. Das genaue Datum stehe noch nicht fest, sagte Martin, weil man sich noch mit anderen Ländern abstimmen wolle. Es werde aber mit Sicherheit vor Ende des Monats geschehen.

Ägypten hat den Vorwurf Israels zurückgewiesen, für die Schließung des Grenzübergangs Rafah im Süden des Gazastreifens verantwortlich zu sein. Ursache sei vielmehr eine ungerechtfertigte Eskalation Israels in der Stadt, erklärte der ägyptische Außenminister Samih Schukri. Israelische Militäroperationen sowie die daraus resultierenden Gefahren seien Hauptgrund für die Schwierigkeiten bei Hilfslieferungen über den Grenzübergang. Ägypten sei für die humanitäre Krise im Gazastreifen nicht verantwortlich, betonte der Minister.

Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hat scharfe Kritik an den Vereinten Nationen geübt. Die Haltung der UN, die Anerkennung eines palästinensischen Staates zu fördern, lehne seine Regierung geschlossen ab, teilte Netanyahu mit und betonte: "Wir werden nicht zulassen, dass sie einen Terrorstaat gründen, von dem aus sie uns noch mehr angreifen können. Niemand wird uns, Israel, daran hindern, unser Grundrecht auf Selbstverteidigung auszuüben - nicht die UN-Generalversammlung und keine andere Instanz."

Die UN-Vollversammlung hatte sich in der vergangenen Woche mit großer Mehrheit hinter eine Vollmitgliedschaft der Palästinenser bei den Vereinten Nationen gestellt. Eine Vollmitgliedschaft der Palästinenser würde faktisch die staatliche Anerkennung bedeuten. Allerdings müsste ein solcher Schritt vom UN-Sicherheitsrat angenommen werden. Dort hatten die USA im vorigen Monat eine entsprechende Resolution mit ihrem Veto blockiert.

Angaben des Generalkommissars des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge, Philippe Lazzarini, zufolge, wurden an der Zentrale des Hilfswerks in Ostjerusalem mehrere Feuer gelegt. Er veröffentlichte beim Kurznachrichtendienst X Videoaufnahmen, die kleine Brände entlang des Geländes des Gebäudes zeigen. Lazzarini gab an, israelische Kinder und Jugendliche hätten am Montagabend einen Brandanschlag auf das Gelände verübt. Zu dem Zeitpunkt hatten sich Mitarbeiter des Hilfswerks in dem Gebäude aufgehalten, es sei aber niemand verletzt worden.

Zuvor hatten Demonstrierende zweimal das UNRWA-Gelände in Brand gesetzt und Steine auf Mitarbeiter geworfen, die versuchten, die Brände zu löschen.

Mit Blick auf pro-palästinensische Demonstrationen an deutschen Universitäten und Hochschulen will Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume auch eine Exmatrikulation von Studierenden nicht als Konsequenz ausschließen. "Hochschulen sind keine rechtsfreien Räume, und relevantes Fehlverhalten muss konsequent verfolgt, geahndet und unterbunden werden", sagte Blume im Gespräch mit der Zeitung "Die Zeit". Allerdings dürfe die Exmatrikulation nur "die letzte Eskalationsstufe" darstellen, wenn zuvor mildere Mittel ergriffen werden könnten, solle dies geschehen. Er hoffe, dass eine Exmatrikulation nicht zur Anwendung kommen müsse.

Die Europäische Union hat Israel nach Angaben des Außenbeauftragten Josep Borrell aufgefordert, den Militäreinsatz in Rafah im Gazastreifen "unverzüglich" zu beenden. Sollte Israel den Einsatz fortsetzen, würde dies die Beziehungen der EU zu Israel stark belasten, wie es in einer Mitteilung hieß. Der Militäreinsatz behindere die Verteilung von humanitären Hilfen in dem Küstengebiet. Das führe zu weiteren Vertreibungen, Hungersnot und menschlichem Leid. "Die Europäische Union fordert Israel auf, die ohnehin schon katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen nicht weiter zu verschärfen", hieß es weiter. 

Am 15. Mai begehen die Palästinenser den sogenannten Nakba-Tag und gedenken damit an die Flucht und Vertreibung während des ersten Nahost-Kriegs. In den Palästinenserlagern im Libanon sind das Schrecken und das Leid von damals noch genauso spürbar, berichtet Martin Durm.

Hanna Resch, ARD Tel Aviv, zu Gedenken der Palästinenser an die Nakba und aktueller Lage in Gaza

tagesschau24, 15.05.2024 11:00 Uhr

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben bei einem Luftangriff im Südlibanon am Dienstagabend einen ranghohen Kommandeur der Hisbollah-Miliz getötet. Die proiranische Miliz bestätigte den Tod eines ihrer Kämpfer, ohne aber den Rang zu nennen. Nach Angaben des israelischen Militärs soll der Mann für die Planung und Durchführung zahlreicher Terroranschläge gegen israelische Zivilisten und israelisches Territorium verantwortlich gewesen sein.

Der im israelischen Kriegskabinett sitzende Ex-General Benny Gantz hat zu mehr internationalem Druck auf die islamistische Hamas im umkämpften Gazastreifen aufgerufen. Es brauche "unbedingt" mehr solchen Druck, schrieb Gantz am Abend auf der Plattform X - das habe er auch in einem Telefonat mit Jake Sullivan betont, dem nationalen Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden. Außerdem bleibe militärischer Druck auf die Terrororganisation nötig, "um eine Vereinbarung zur Rückgabe der Geiseln zu erreichen und die Bedrohung durch die Hamas zu beseitigen", so Gantz.

Die USA planen Medienberichten zufolge eine neue Waffenlieferung an Israel im Volumen von mehr als einer Milliarde US-Dollar (rund 924 Millionen Euro). Darüber habe die Regierung von US-Präsident Joe Biden den Kongress informiert, berichtete unter anderem die Zeitung "Wall Street Journal". Das Paket enthält demnach Panzermunition, taktische Fahrzeuge und Mörsergranaten. Auch anderen US-Medienberichten zufolge hat die Regierung den Genehmigungsprozess im Kongress angestoßen, er befindet sich laut dem US-Fernsehsender CNN noch in einer frühen Phase. 

Claudia Sarre, ARD Washington, tagesschau, 15.05.2024 05:39 Uhr

Die UN haben einen israelischen Angriff auf einen Hilfskonvoi im Gazastreifen scharf kritisiert. Katar will nach Angaben von Ministerpräsident Al Thani weiter im Gaza-Krieg vermitteln. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 15. Mai 2024 um 08:26 Uhr im Deutschlandfunk.