Das Bild zeigt wei Jungs mit braunen Haaren und in Sportkleidung in einer Schulsporthalle. Der Junge links ist kleiner und trägt eine Brille und ein weiß-schwarz gestreiftes Shirt, der Junge rechts trägt ein dunkelblaues Achselshirt.

Zehn Tage verbringt eine israelische Schülergruppe auf Einladung des Landes in Hessen. Bei Ausflügen mit Frankfurter Jugendlichen sollen sie eine Ablenkung vom Krieg bekommen, der seit Monaten ihr Leben bestimmt. Doch das fällt ihnen schwerer als erhofft.

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Pause vom Krieg - israelische Schüler besuchen Hessen

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Es riecht nach Schulturnhalle. Knapp 25 Jugendliche haben sich an diesem Montag in der Carl-von-Weinberg-Schule in Frankfurt versammelt. Schuhe quietschen über den Linoleumboden, Turnmatten werden gezogen, Basketbälle auf Körbe geworfen.

Dass die Schülerinnen und Schüler hier im Stadtteil Schwanheim nicht regelmäßig zusammen Sport treiben, sondern sich erst an diesem Morgen kennengelernt haben, merkt man nicht. Die Hälfte von ihnen ist Teil einer Jugendgruppe aus Israel, die auf Einladung der Landesregierung zu einem Besuch nach Hessen gereist ist.

Austausch zunächst verschoben

Die zwölf Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren stammen aus Kibbuzen in der Wüste Negev, der Region nahe dem Gazastreifen, die am schwersten von dem Hamas-Terrorangriff am 7. Oktober getroffenen wurde.

Eigentlich sollten die Schüler schon vor zwei Wochen eintreffen, doch die Entwicklungen im Nahostkonflikt kamen ihnen dazwischen. Wegen des Angriffs des Irans auf Israel mit Drohnen und Raketen wurde ihr Besuch zunächst verschoben. Im zweiten Anlauf hat es nun geklappt.

Bis Mitte kommender Woche sind sie in Frankfurt. Im Gegensatz zu einem normalen Schüleraustausch sind die Jugendlichen in Hotels untergebracht und werden nicht von Lehrkräften, sondern von Elternteilen begleitet.

Ausflüge in die Kletterhalle und den Landtag

Auf dem Programm stehen gemeinsame Ausflüge mit den hessischen Jugendlichen, unter anderem in eine Kletter- und eine Bowlinghalle sowie in den Landtag in Wiesbaden.

Der 13-jährige Ofir hofft, auch Sehenswürdigkeiten besuchen zu können, und sein Freund Inbar ist ganz angetan davon, wie grün es in Hessen ist. "In Israel gibt es keine Wälder", sagt er. "Ich bin erst einen Tag hier und will schon wieder zurückkommen."

Das Bild zeigt zwei Jungs, die in einer Turnhalle auf Holzbänken sitzen. Sie tragen Sportkleidung. Der Junge links hat kurze dunkle Haare und trägt ein dunkelblaues T-Shirt, der Junge rechts dunkelblonde lange Locken und ein hellblaues Shirt. Sie gestikulieren.

Kultusminister: Zeichen der Solidarität

An diesem Morgen steht aber erst einmal Kennenlernen auf dem Lehrplan - und das spielerisch, ganz passend zum Schwerpunkt der Schwanheimer Gesamtschule, der liegt auf sportlicher Förderung.

Die Schülerinnen und Schüler sollen sich zum Beispiel mit einer Räuberleiter gegenseitig helfen, über aufgestellte Matten zu klettern oder sich aufgestellt auf Bänken so umsortieren, dass sie mit ihren Vornamen nach dem Alphabet geordnet stehen. Wer herunterfällt, muss Liegestütze machen.

Das Bild zeigt Jugendliche in einer Sporthalle. Sie stehen um hochkant aufgestellte Turnmatten herum. Ein Schüler klettert darüber.

Auf die verzichtet Kultusminister Armin Schwarz (CDU), er hüpft zum Beispiel mit den Schülerinnen und Schülern auf einem Bein. Für ihn ist der Austausch auch ein Zeichen der Solidarität mit Israel und gegen Antisemitismus.

"Wir können nicht ungeschehen machen, was die Hamas am 7. Oktober und seitdem Fürchterliches getan hat", sagt Schwarz an die Jugendlichen gerichtet. "Wir wollen euch aber ein tolles Angebot machen, um ein Stück weit rauszukommen, um Normalität und Ablenkung zu erfahren." Er hoffe, die Jugendlichen können sich in Frankfurt etwas erholen.

Freundschaften als Ziel

Dass es dieses Angebot überhaupt gibt, ist auf die Initiative von Tal Borenstein zurückzuführen. Der 44-Jährige, der früher für die Jüdische Gemeinde in Frankfurt gearbeitet hat, führte bereits eine Delegation von israelischen Schülerinnen und Schülern nach München, damit diese dort an Schulen über die Geschehnisse vom 7. Oktober sprechen.

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Israelische Jugendliche für Austausch in Frankfurt angekommen

Das Bild zeigt einen Mann mit Glatze und schwarzem Shirt. Er steht in einer Schulturnhalle.
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Das Programm für den Besuch in Frankfurt habe er gemeinsam mit dem hessischen Kultusministerium zusammengestellt. "Wir haben entschieden, dass es um Spaß geht." Das Ziel sei, dass die Jugendlichen Freundschaften schließen, die auch Ländergrenzen überstehen. Borenstein ist Organisator und Ansprechpartner für die Schüler zugleich.

Er wolle den israelischen Schülerinnen und Schülern zeigen, wie ein normales Leben aussehe, so Borenstein - und vermitteln, dass sie ein solches auch wieder haben werden. "Diese Vorstellung sollen sie mitnehmen, auch wenn sie wieder ins Kriegsgebiet zurückkehren."

Vorsichtiges Kennenlernen

Auch wenn in der Sporthalle keine Berührungsängste zwischen den israelischen und den deutschen Jugendlichen zu spüren sind - ein Thema wird zunächst ausgespart.

"Man fragt nicht direkt: Wie geht's euch mit dem Krieg?", sagt die 17 Jahre alte Schulsprecherin Lilly. Sie sei sich nicht sicher, ob sich das im Verlauf des Austauschs noch ändere.

Das Bild zeigt ein Mädchen mit langen dunkelblonden Haaren, die in Zöpfen den Rücken herunterfallen. Sie trägt ein braunes Shirt, eine dunkle Sportleggings und eine Brille mit hellem Rahmen und lächelt in die Kamera. Im Hintergrund ist eine Sporthalle zu sehen.

Ihr Mitschüler Fynn hat für sich zumindest schon beschlossen, nicht nach dem 7. Oktober und seinen Folgen zu fragen. "Wenn sie mit mir reden möchten, dann habe ich ein offenes Ohr dafür", sagt er. "Aber selbst offensiv zu fragen, finde ich ein bisschen übergriffig."

Kein normaler Schulbesuch möglich

Die zwölf Jugendlichen, die die Reise nach Deutschland angetreten haben, haben den Tag des Hamas-Überfalls unterschiedlich erlebt. Sie erzählen von Schüssen und nicht endenden Schreien, dass Terroristen in ihre Häuser eingedrungen seien, während sie im Safe Room verharrten, einem Raum mit verstärkten Wänden, der Menschen in Israel in erster Linie vor Raketenangriffen schützen soll.

Fast jeder von ihnen hat jemanden verloren: den Onkel, Freunde, einen Mitschüler. Und den Alltag. "Sie sind noch nicht zurück in ihrem Zuhause", sagt Borenstein. "Sie leben in Hotels, ziehen von einem Platz zum nächsten, vermissen ihre Schule."

Die Schule, die die Austauschgruppe zuvor besucht hat, befindet sich laut Borenstein im Kriegsgebiet und ist deshalb nicht erreichbar. Einige Monate habe es gar keinen Unterricht gegeben, nun seien die Kinder auf unterschiedliche Schulen aufgeteilt.

"Die Erlebnisse sind immer da"

"Jeder kämpft mit seinen eigenen Schwierigkeiten", erklärt der 44-Jährige. Einige Kinder seien deshalb vor der Reise ängstlich gewesen. "Es ist hart, von Zuhause weg zu sein und die Familie zurückzulassen, selbst für zehn Tage", sagt zum Beispiel die 15 Jahre alte Juval.

Das Bild zeigt drei Mädchen mit langen braunen Haaren und in Sportkleidung in einer Schulsporthalle.

Wie der Urlaub, als den der hessische Ministerpräsident den Austausch bezeichnet, fühle sich die Reise für sie nicht an. "Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder Ferien machen und relaxt am Strand sitzen kann", sagt sie und ihre Freundin Tamar ergänzt: "Die Erlebnisse sind immer da, das ist nichts, das man ignorieren oder vergessen kann."

Schulsprecherin: Immer willkommen

Gleichzeitig betont die 16-Jährige, den deutschen Jugendlichen davon erzählen zu wollen. "Ich will, dass sie mehr darüber lernen, was passiert ist - und dass sie es nicht alles aus den sozialen Netzwerken erfahren, denn da ist viel fake", so Tamar.

Für Tal Borenstein ist das Teil der israelischen Mentalität. "Wir sagen, was wir denken und drucksen nicht herum." Er hoffe aber, dass die Frankfurter sie nicht nur als Opfer oder Teil des israelisch-palästinensischen Konflikts sehen.

"Jetzt sind sie einfach sie selbst und haben Spaß", sagt der 44-Jährige. "Ich will mehr davon sehen." Das wünscht sich auch Schulsprecherin Lilly. "Sie sollen nach den zehn Tagen mit schönen Erinnerungen und dem Gefühl gehen, dass sie hier immer herzlich willkommen sind."

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