Grundsatzprogramm-Konferenz Ein erster Stimmungstest für die CDU
Die CDU diskutiert ihr neues Grundsatzprogramm mit der Basis. Der Auftakt der "Deutschlandtour" war in Mainz. Die Parteiführung bekommt viel Zuspruch - aber auch teils Kritik.
"Grundsätzlich CDU" ist ein Slogan, der an der Mainzer Rheingoldhalle an mehreren Stellen prangt. Aber wofür steht die Partei eigentlich, so ganz grundsätzlich? Am Dienstagabend diskutiert das die Parteispitze mit der Basis. Es ein Stimmungstest für die CDU. Mit ihrem neuen Grundsatzprogramm will die Partei ihre politischen Leitlinien klarer ziehen.
Melissa Enders ist eine von knapp 1.000 CDU-Mitgliedern, die zum Auftakt der "Deutschlandtour" der CDU in der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz gekommen sind. Die 32-Jährige ist in der Kommunalpolitik in Mainz aktiv und trat bereits mit 19 Jahren in die CDU ein. "Ich erwarte eine klare Marschlinie", sagt sie. "Aber auch ein offenes Ohr der Parteiführung."
Die Führung gibt jedenfalls die Richtung vor. In seiner Grundsatzrede betont Parteichef Friedrich Merz den Wert von Freiheit und Zusammenhalt und setzt dabei außen-, gesellschafts- und wirtschaftspolitische Schwerpunkte. Merz mahnt etwa ein besseres Verhältnis zu Frankreich und Polen an, sieht das Zusammenleben durch extremistische Parteien "von links und vor allem jetzt von rechts" bedroht und erteilt der Vier-Tage-Woche eine Abfuhr: Es gebe "keinen anstrengungslosen Wohlstand".
Sehnsucht nach "konserativen Ideen"
Merz umreißt das, was die Partei auf rund 70 Seiten in ihrem Entwurf des neuen Grundsatzprogrammes ausgearbeitet hat. Das Konzept wurde im Dezember vergangenen Jahres vorgestellt.
In dem Papier definiert sich die Union als christlich-soziale, liberale und konservative Partei. Sie will unter anderem ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr, setzt auf die Schuldenbremse und die "Option Kernkraft". Sie fordert einen "weltoffenen Patriotismus" sowie "Mut zur Leitkultur". Diese Leitkultur umfasse nicht nur Gesetze, sondern auch "das gemeinsame Bewusstsein von Heimat und Zugehörigkeit".
"Das Grundsatzprogramm gibt gerade konservativen Mitgliedern neue Orientierung. Viele in der Partei haben sich nach mehr konservativen Ideen gesehnt, auch ich", sagt in Mainz CDU-Mitglied Thomas Esper aus Rheinhessen. "Ich finde eine Leitkultur wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Eine Gesellschaft braucht Regeln und gemeinsame Werte", meint der 58-Jährige.
Diskussion über Migrationspolitik
Melissa Enders hat eine andere Meinung mit Blick auf eine Leitkultur für alle. "Kritisch sehe ich die Hervorhebung davon, dass nur die Personen zu Deutschland gehören, die sich auch klar nach CDU-Definition zu Deutschland bekennen", sagt sie. Auch der Atomkraft steht sie eher ablehnend gegenüber.
Für Diskussionen hatten bislang vor allem die Vorstellungen der Partei bei der Migrationspolitik gesorgt. Die CDU setzt im Grundsatzprogrammentwurf auf das Konzept der "sicheren Drittstaaten". "Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll in einen sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufen", heißt es im Grundsatzprogramm-Entwurf. Eine "Koalition der Willigen" in der EU soll dann ein gewisses Kontingent an Schutzbedürftigen aufnehmen.
Großer Redebedarf
Bei der Regionalkonferenz in Mainz ist die Migration jedoch kaum ein Thema. Der Redebedarf aus dem Publikum ist aber groß: Rund 40 Wortmeldungen gibt es zum Schluss, aus Zeitgründen wird nur ein kleiner Teil abgearbeitet. Darunter findet sich vereinzelt auch Kritik an Programm und Partei.
Warum die Parteiführung "rein männlich" sei, wird angemerkt. Ein anderes Mitglied fordert, den Satz "Muslime, die unsere Werte teilten, gehören zu Deutschland" aus dem Grundsatzprogramm zu streichen. Parteichef Merz lässt durchblicken, dass er auch nicht ganz glücklich mit dieser Formulierung ist.
Melissa Enders ist nach der Veranstaltung zufrieden. Die Parteispitze habe zugehört, vor allem aber seien aus der Basis wichtige Punkte angesprochen worden. Trotzdem wünscht sie sich noch weitere Diskussionen: "Da gehört die Cannabis-Legalisierung dazu, da gehört die Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance dazu. Das sind Themen, die meine Generation umtreiben."
Weitere Diskussionen soll es in jedem Fall geben: Die CDU hat fünf weitere Stationen bei ihrer Tour mit dem Grundsatzprogramm geplant. Im Mai soll es dann final beim Parteitag beschlossen werden. Dann soll klar sein, wofür die Partei grundsätzlich steht.