Demonstranten halten Schilder mit den Aufdrucken "Censored" und "Verboten" auf einer Kundgebung des islamistischen Netzwerks Muslim Interaktiv im Hamburger Stadtteil St. Georg in die Höhe

Kundgebung von Muslim Interaktiv Mehr als 2.000 Teilnehmer bei Islamisten-Demo

Stand: 11.05.2024 18:41 Uhr

Die islamistische Gruppe Muslim Interaktiv hatte erneut zu einer Demonstration in Hamburg aufgerufen. Nach Polizeiangaben folgten dem Aufruf etwa 2.300 Teilnehmer - fast nur Männer.

Unter großer Polizeipräsenz hat im Hamburger Stadtteil St. Georg nahe des Hauptbahnhofs eine Demonstration der islamistischen Gruppierung Muslim Interaktiv stattgefunden.

Es galten strenge Auflagen. Unter anderem war es den Teilnehmenden verboten worden, ein Kalifat in Deutschland zu fordern. Entsprechende Äußerungen und Plakate bei einer ersten Demonstration des Netzwerks Ende April hatten bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Nach Angaben der Polizei verlief die Demonstration friedlich. Die Polizei bezifferte die Zahl der Teilnehmer auf etwa 2.300.

Susanne Schröter, Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam, zu den Teilnehmern der Islamisten-Demo in Hamburg

tagesschau24, 11.05.2024 18:00 Uhr

Behörden hatten Geschlechtertrennung untersagt

Zahlreiche Teilnehmer hielten weiße Plakate mit den Aufschriften "Censored" oder "Verboten" in die Höhe. Die Organisatoren riefen die Teilnehmer dazu auf, sich nicht provozieren zu lassen und nicht mit der Presse zu sprechen. In der Nähe versammelten sich einige Gegendemonstranten.

Anders als vom islamistischen Netzwerk Muslim Interaktiv als Anmelder gewünscht durfte die Versammlung nur als stationäre Kundgebung stattfinden. Ein Demozug erlaubten die Behörden nicht. Die Teilnehmer waren nach Beobachtungen von Reportern vor Ort fast ausschließlich Männer. Die Versammlungsbehörde hatte als eine von neun Auflagen vorgegeben, dass es keine Geschlechtertrennung geben dürfe.

Aufmarsch im April sorgte für Empörung

Entsprechend den Auflagen verlas der Veranstalter zum Auftakt die Bedingungen der Versammlungsbehörde auf Deutsch und Arabisch. Wie schon bei dessen Demonstration Ende April durfte nicht zu Hass und Gewalt aufgerufen und das Existenzrecht Israels nicht geleugnet werden. Auch das Beschädigen oder Verbrennen israelischer Flaggen wurde untersagt. 

Eine Reaktion auf die vergangene Kundgebung war das Verbot, ein Kalifat in Deutschland in Wort, Bild oder Schrift zu fordern. Bei der Demonstration am 27. April war auf Schildern der Schriftzug "Kalifat ist die Lösung" zu lesen gewesen. Offen sicht- oder hörbare Forderungen nach einem Kalifat in Deutschland gab es heute nicht. Ein Beobachter berichtete aber davon, dass etwa bei einer Rede ein Kalifat in der muslimischen Welt gefordert wurde.

Faeser: Im Fokus der Behörden

Zahlreiche Politiker hatten als Reaktion auf die Demo Ende April ein Verbot einer erneuten Kundgebung sowie das Verbot von Muslim Interaktiv gefordert. Das Netzwerk wird seit vier Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet. Es ist vor allem auf Social-Media-Plattformen aktiv.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärte heute, dass die Teilnehmer im Fokus der Sicherheitsbehörden stehen würden. "Wir setzen alle Instrumente ein: von der nachrichtendienstlichen Beobachtung bis hin zu intensiven Ermittlungen", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

"Wer lieber in einem Kalifat und damit in der Steinzeit leben will, steht gegen alles, wofür Deutschland steht. Wir verteidigen unsere Verfassung - mit den Mitteln unserer Verfassung", sagte Faeser weiter.

Sie bezeichnete die scharfen Auflagen der Hamburger Behörden als richtig. "Das ermöglicht ein sofortiges hartes Einschreiten, wenn aus der Demonstration heraus aggressiv nach einem Kalifat in Deutschland gerufen wird."

"Teil des geistigen Meinungskampfes"

Aus Sicht von Bundesjustizminister Marco Buschmann ist es zwar absurd, wenn Islamisten in Deutschland ein Kalifat fordern, das sei aber nicht zwangsläufig ein Fall für die Justiz. "Reine Sympathiebekundung für ein Kalifat ist etwas, was ich für politisch absurd und abwegig halte", sagte er.

Das Bundesverfassungsgericht habe allerdings sinngemäß festgestellt: Solange eine absurde Meinung, auch eine, die dem Grundgesetz widerspricht, einfach nur geäußert werde, ohne dass Anstalten unternommen würden, die Ordnung des Grundgesetzes dann auch zu beseitigen oder andere Rechtsgüter zu verletzen, müsse dies als Teil des geistigen Meinungskampfes ertragen werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 16. Mai 2024 um 18:00 Uhr.