Mini-Ansturm auf Banken Pflichtabgabe schockiert Sparer

Stand: 16.03.2013 11:54 Uhr

Wütend und verärgert haben zyprische Sparer auf den Beschluss der Eurogruppe reagiert, mit einer Pflichtabgabe das finanziell marode Land retten zu helfen. Die Garantie, Spareinlagen unter 100.000 Euro blieben geschützt, gilt nicht mehr. Viele versuchten, ihr Konto schnell zu räumen - vergeblich.

Der Beschluss der Eurogruppe zur Rettung Zyperns hat viele Bewohner der Mittelmeerinsel massiv verärgert. Alle zyprischen Banken hatten in den vergangenen Tagen noch versichert, es gelte - wie in ganz Europa - die Garantie der Geldeinlagen in Höhe von 100.000 Euro. Doch diese Schutzgarantie wurde in der Nacht in Brüssel gekippt.

Dem Beschluss der Eurogruppe zufolge werden von Guthaben unter 100.000 Euro nun 6,75 Prozent eingezogen. Ab 100.000 Euro steigt der Satz auf 9,9 Prozent.

"Ich bin extrem wütend. Ich habe Jahre über Jahre gearbeitet, um dies anzusparen und jetzt verliere es, weil die Niederländer und Deutschen es sagen", sagte ein 54-jähriger Zyprer der Nachrichtenagentur Reuters. Ein Rentner meinte: "Das ist schlicht und einfach Diebstahl." Zypern sei nicht Sizilien. Dies sei nicht die Insel der Mafia.

Ansturm auf die Banken

Nachdem die Nachricht von der Pflichtabgabe Zypern erreicht hatte, versuchten zahlreiche Bankkunden, ihre Spareinlagen abzuheben, berichtete der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Dabei sei es kurzzeitig zu einem Ansturm auf einige Genossenschaftsbanken gekommen, die auch am Samstag geöffnet sind.

Angestellte informierten die Kunden darüber, dass das Onlinesystem der Banken außer Betrieb gesetzt sei. Später schlossen auch die wenigen geöffneten Filialen, wie der stellvertretende Präsident der Cooperative Central Bank of Cyprus, Erotokritos Chlorakiotis, im Rundfunk sagte.

Der zyprische Rundfunk berichtete weiter, die Kunden könnten selbstverständlich Geld am Automaten abheben, aber nicht den Betrag, der der Sonderabgabe für ihre Einlagen entspreche.

Pflichtbeträge bereits in der Nacht eingefroren

In der Nacht hatte die Eurogruppe beschlossen, auch Bankkunden ohne Ausnahme kräftig zur Kasse zu bitten, um einen Staatsbankrott wegen der maroden Finanzinstitute abzuwenden.

Um einem Banken-Run zuvorzukommen, wurden die entsprechenden Beträge auf allen Konten in der Nacht eingefroren. Rund ein Drittel der Einlagen in Zypern sind in der Hand ausländischer Kontoinhaber - vor allem reicher Russen und Briten.

Dramatische Szenen in Brüssel?

Wie die Deutsche Presse Agentur (dpa) auf Zypern erfuhr, soll es bei den Verhandlungen in Brüssel zu dramatischen Szenen gekommen sein. Mindestens drei Mal soll die zyprische Delegation bei der Eurogruppe kurz davor gewesen sein, abzureisen.

Die anderen Europäer hätten Zypern vor die Alternative gestellt, entweder der Sonderbesteuerung der Geldeinlagen zuzustimmen oder zur früheren Währung des Landes, dem Zypern-Pfund, zurückzukehren, berichteten laut dpa zyprische Reporter.

"Wir werden den Gürtel enger schnallen müssen"

Zyperns Finanzminister Michalis Sarris setzt auf einen Neuanfang für sein Land mithilfe des Rettungspakets. Nach den Verhandlungen in Brüssel sagte er: "Uns stehen harte Zeiten bevor und wir werden den Gürtel enger schnallen müssen - aber ich denke, es gibt uns eine Chance, mit Zuversicht in die Zukunft zu schauen."

Er betonte, dass die Pflichtabgabe zwar unangenehm für die Betroffenen, aber die bestmögliche Lösung sei. Als Finanzminister sei er nicht glücklich über das Verfahren: "Aber die Aufgabe, den Wohlstand der Menschen und die Stabilität des Systems zu schützen, ließ uns keine andere Wahl."

Thomas Bormann, T. Bormann, ARD Istanbul, 16.03.2013 13:02 Uhr

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 16. März 2013 um 06:10 Uhr im Deutschlandfunk.