Russland wird WTO-Mitglied Willkommen im Club - nach 18 Jahren

Stand: 16.12.2011 16:06 Uhr

1993 beantragte Russland die Mitgliedschaft, nun ist es soweit: Das Land wird in die Welthandelsorganisation WTO aufgenommen. Die Mitgliedschaft soll den Handel erleichtern - sowohl für die russischen Unternehmen als auch für die Handelspartner. Die russischen Verbraucher hoffen auf sinkende Preise.

Nach 18 Jahre währenden Verhandlungen ist Russland neues Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO). Regierungsvertreter zahlreicher Staaten hießen die Rohstoff- und Energiegroßmacht bei der WTO-Ministerkonferenz in Genf willkommen. Zehn Jahre nach der Aufnahme Chinas ist Russland die letzte der großen Volkswirtschaften, die Mitglied der Handelsorganisation wurde. Allerdings muss Moskau die Übernahme der damit verbundenen Pflichten erst noch ratifizieren.

Schild der Welthandelsorganisation WTO

Die WTO hat nun 157 Mitglieder.

Eines der Hindernisse für den Beitritt waren zahlreiche russische Regelungen, die den freien Handel mit dem Land verhinderten - die Öffnung des russisschen Marktes war eine der Hauptforderungen anderer WTO-Staaten. Nach langen Verhandlungen stimmte Russland einem Abbau dieser Regelungen zu. Zum Teil wurden dem Land dafür aber lange Übergangsfristen eingeräumt.

Hoffen auf mehr Handel und sinkende Preise

Russland hofft durch den Beitritt auf Handelserleichterungen für seine Exportunternehmen und russische Verbraucher hoffen auf stabilere oder sogar sinkende Preise. Derzeit bezahlen sie nach Angaben von Analysten für importierte Waren 30 bis 40 Prozent mehr als im Westen. Das wird zum Teil durch hohe Importzölle verursacht, die nun gesenkt werden sollen.

Was macht die WTO?

Die Welthandelsorganisation (WTO) ist gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank eine der wichtigsten Institutionen im Umgang mit internationalen Wirtschaftsproblemen.

Die WTO wurde 1995 als Nachfolgeorganisation des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) gegründet. Sie soll die internationalen Handelsbeziehungen innerhalb verbindlicher Regelungen organisieren und überwachen sowie bei Handelskonflikten für eine Streitschlichtung sorgen. Um einen freien Welthandel zu gewährleisten, setzt die WTO unter anderem auf die Liberalisierung durch den Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen.

Ziel der WTO ist es, in den Mitgliedstaaten den Lebensstandard und die Realeinkommen zu erhöhen, Vollbeschäftigung zu erreichen und zu sichern und zu diesem Zweck den Handel auszuweiten und den Protektionismus zu bekämpfen.

Der WTO-Beitritt werde auch die Zusammenarbeit in der sogenannten BRICS-Gruppe der Schwellenstaaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika voranbringen, sagte Russlands Wirtschaftsministerin Elwira Nabiullina - sie führt die Delegation in Genf an. Die Weltbank erwartet durch Russlands WTO-Aufnahme etwa 3,3 Prozent Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt für die kommenden Jahre. Russland soll künftig mehr von westlicher Hochtechnologie profitieren können, um die von Kremlchef Dimitri Medwedjew immer wieder beschworene Modernisierung des Landes voranzubringen.

Durch die Marktöffnung würden einheimische Produzenten gezwungen, die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, schreibt die regierungskritische Zeitschrift "The New Times". Besonders auch der nicht konkurrenzfähige Bankensektor werde den internationalen Druck zu spüren bekommen. In vielen Wirtschaftszweigen erwarten Experten Massenentlassungen in den Betrieben, die oft noch Strukturen aus der Sowjetzeit haben.

"Gut für Deutschland, gut für Russland"

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) erklärte, die Aufnahme Moskaus sei "gut für Deutschland, gut für Russland und gut für die WTO". Deutschland als einer der wichtigsten russischen Handels- und Wirtschaftspartner werde davon in besonderem Maße profitieren, hieß es in einer Mitteilung Röslers.

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft lobte die WTO-Aufnahme Russlands auch wegen des damit verbundenen "Modernisierungsdrucks". Das Land werde sich neuen Standards und Regeln unterwerfen und transparenter mit Ausschreibungen für Geschäfte und mit Investoren umgehen müssen.

Auch Montenegro, Samoa und der südpazifische Inselstaat Vanuatu gehören zu den neuen Mitgliedern der WTO, in der künftig zusammen mit Russland 157 Staaten vertreten sein werden.