US-Rettungsplan kostet "hunderte Milliarden" Gut für die Börsen, schlecht für die Steuerzahler

Stand: 19.09.2008 17:10 Uhr

Der Rettungsplan für die US-Banken wird von Experten höchst zwiespältig bewertet. Sie sehen zwar keine Alternative - aber auch enorme Kosten auf die Steuerzahler zukommen. Der Plan von US-Finanzminister Paulson, die Banken von "faulen Krediten" zu befreien, kostet nach seinen Angaben "hunderte Milliarden Dollar".

Der angekündigte US-Rettungsplan für die von der Finanzmarktkrise gebeutelten Banken hat für ein dickes Plus an den Börsen weltweit gesorgt - und geht vermutlich zu Lasten der Steuerzahler. Die Commerzbank verwies auf Erfahrungen mit derartigen Rettungsaktionen in anderen Ländern. "In Schweden kostete die Rettung der Banken Anfang der 90er-Jahre den Staat sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts." Schätzungen für die Kosten der Stützung des japanischen Bankensystems in den 90er-Jahren gehen den Frankfurter Bankern zufolge sogar auf 20 Prozent des BIP.

850 Milliarden Dollar wären das geringere Übel

Sollte es den US-Staat, wie bei der schwedischen Rettungsaktion, sechs Prozent kosten, würde das einer Summe von etwa 850 Milliarden Dollar entsprechen, schreibt Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner in einer Studie. Eine Alternative zu dem geplanten Programm sieht er aber nicht. "Einmal mehr ist damit das geringere Übel gewählt." Weiteres Abwarten und eine Verschärfung der Krise könnten noch teurer werden.

Der Chef-Analyst der Bremer Landesbank, Folker Hellmeyer, sieht in den Plänen eine "offene Flanke" für den US-Haushalt. "Angesichts eines Staatsdefizits im laufenden Haushaltsjahr von bereits 640 Milliarden US-Dollar oder vier Prozent der Wirtschaftsleistung, birgt der Rettungsplan fiskalische Gefahren nicht überschaubaren Ausmaßes", sagte Hellmeyer der Nachrichtenagentur dpa. Vor allem für den amerikanischen Steuerzahler und damit auch für die bereits angeschlagene Konjunktur der USA sei der Plan bedrohlich.

"Größtmögliche Kapitulation eines Finanzsystems"

Höchst bedenklich sei, dass durch eine Rettung die Krisenverantwortlichen freigestellt und geschont würden. "Zwar bleibt dem Staat in der derzeitigen Situation möglicherweise gar keine andere Wahl. Allerdings wird durch ein Rettungspaket die dringend notwendige Bereinigung im US-Bankensektor verhindert." Darüber hinaus sieht Hellmeyer in den Plänen der US-Regierung eine deutliche "Asymmetrie": Nachdem die US-Investmentbank Lehman Brothers insolvent sei, werde nun den verbleibenden Instituten unter die Arme gegriffen.

Die Rettungspläne der Regierung seien "stabilitätspolitisch absolut dramatisch und verwerflich", sagte Marktexperte Robert Halver von der Baader Bank. "Das ist die größtmögliche Kapitulation eines Finanzsystems." Die Alternative sei allerdings eine Rezession mit ungeahnten Konsequenzen. Letztlich erkaufe sich der Steuerzahler Stabilität, erklärte Halver.

Rettungsplan kostet "Hunderte Milliarden"

Angesichts immer größerer Turbulenzen der Finanzmarktkrise hatte US-Finanzminister Henry Paulson einen Rettungsplan für Banken angekündigt, die wegen fauler Kredite in Bedrängnis geraten sind. Der Plan bedürfe aber der Zustimmung des Kongresses, sagte Paulson nach einem Krisentreffen bei Präsident George W. Bush. Paulson will zusammen mit Notenbankchef Ben Bernanke und Vertretern des Kongresses am Wochenende über einen umfassenden Plan zum Umgang mit den faulen Positionen in den Büchern der Banken beraten. Kernpunkt dürfte dabei eine staatliche Auffanggesellschaft sein, in der riskante Papiere und Kredite, die bisher die Banken gefährdeten, gebündelt werden.

Nach Einschätzung Paulsons muss das geplante US-Kreditrettungspaket ein Volumen von hunderten Milliarden Dollar umfassen. Das Programm müsse "umfangreich genug sein, um maximale Wirkung zu entfalten und Elemente beinhalten, um die Steuerzahler so weit wie möglich zu schützen", sagte der Minister. Nötig sei aber auch ein Rückgriff auf Steuergelder in bedeutsamen Maße. Er sei jedoch überzeugt, "dass dieser kühne Ansatz amerikanische Familien weit weniger kostet als die Alternative: weitere Zusammenbrüche von Finanzinstitutionen und ein eingefrorener Kreditmarkt, der Wirtschaftswachstum nicht mehr finanzieren kann".

Als ersten Schritt kündigte das Finanzministerium ein Programm zur Stützung der Geldmarktsfonds an. Bush ermächtigte Paulson, bis zu 50 Milliarden Dollar aus dem "Exchange Stabilization Fund" für die Sicherung zu verwenden. Geldmarktfonds investieren beispielsweise in Termingelder und Anleihen und gelten als gut verzinste Alternative zu Tagesgeldkonten.

Weltweite Kurssprünge

Die Hoffnung auf ein massives staatliches Eingreifen zur Behebung der Finanzkrise in den USA hatte die Stimmung an Aktienmärkten wieder aufgehellt. Sämtliche Börsen meldeten deutliche Kurssteigerungen.