Spanien kommt kaum noch an frisches Geld "Tür zu den Märkten steht uns nicht mehr offen"

Stand: 05.06.2012 20:58 Uhr

Das von Schulden geplagte Spanien hat Probleme bei der Beschaffung von frischem Geld auf den Finanzmärkten eingeräumt. Die Zinsen für Spaniens Staatsanleihen seien zu hoch, sagte Finanzminister Montoro. Die Börsen sackten ab. Regierungschef Rajoy sprach sich erstmals öffentlich für Eurobonds aus.

Der spanische Finanzminister Cristobal Montoro hat zwei Tage vor einer weiteren Emission von Staatsanleihen eingeräumt, bei den derzeitigen Zinsen sei der Finanzmarkt für sein Land de facto nicht mehr zugänglich. "Die Tür zu den Märkten steht uns derzeit nicht offen", sagte er dem Radiosender Onda Cero. Der Grund liege in den hohen Zinsen, die Spanien für seine Staatsanleihen bieten müsse. "Wir haben als Staat da ein Problem."

Bis zu 6,7 Prozent Zinsen

In der vorigen Woche stieg der Satz, den Spanien für seine Zehn-Jahres-Anleihen bieten musste, auf bis zu 6,7 Prozent. Auf die Dauer ist eine Belastung, die nahe 7 Prozent oder darüber liegt, nur schwer zu tragen, wie die Entwicklung anderer Euro-Krisenländer wie Portugal und Irland gezeigt hat.

Die EU-Institutionen hätten es in der Hand, Spanien den Zugang zu den Finanzmärkten wieder zu öffnen, sagte Montoro. Er rief die EU zur Eile auf. "Die Zukunft des Euro steht auf dem Spiel", sagte er.

Montoro weiter gegen EFSF-Hilfe

Einen Hilfsantrag beim Euro-Krisenfonds EFSF schloss Montoro erneut aus. Dies sei unmöglich und nicht notwendig. Am Donnerstag will Spanien versuchen, durch die Ausgabe von Staatsanleihen mit teils zehn Jahren Laufzeit ein bis zwei Milliarden Euro aufzubringen. Die spanische Regierung stützt den unter einer geplatzten Immobilien- und Kreditblase leidenden Bankensektor derzeit mit Milliardenbeträgen, um dessen Zusammenbruch zu verhindern.

Bisher will Spanien keine mit zahlreichen Auflagen verbundene Darlehen aus dem EFSF beantragen, sondern die Krise allein in den Griff bekommen. Wegen leerer öffentlicher Kassen, der lahmenden Konjunktur und einer sehr hohen Arbeitslosenrate gilt Spanien allerdings seit geraumer Zeit als Kandidat für europäische Hilfen.

Rajoy fordert erstmals öffentlich Eurobonds

Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy sprach sich erstmals öffentlich für die Einführung von Eurobonds aus. Europa müsse jene unterstützen, die in Schwierigkeiten sind, sagte Rajoy abei einer Sitzung des spanischen Senats. Dafür sei eine Bankenunion mit Eurobonds notwendig.

Rajoy hatte sich in der Frage der umstrittenen Eurobonds bis dahin öffentlich nicht eindeutig festgelegt. Dies war vor allem darauf zurückgeführt worden, dass die spanische Regierung in dem Zwist zwischen Deutschland und Frankreich sich nicht offen auf die Seite der Franzosen stellen wollte. Frankreichs Staatspräsident François Hollande tritt für eine möglichst rasche Einführung von Eurobonds ein, Bundeskanzlerin Angela Merkel ist dagegen.

Abrutschen der Börsen

Nach den Äußerungen Montoros rutschten die europäischen Börsen erneut ab. Am deutschen Aktienmarkt fiel der Dax nach einer freundlichen Eröffnung über 6000 Punkten wieder unter diese psychologisch wichtige Marke. Am Vortag war er erstmals seit Januar unter die Schwelle gerutscht.

Zunächst hatte die Ankündigung einer Telefonkonferenz der G7-Staaten und Notenbankchefs an den Märkten die Zuversicht genährt, dass ein gemeinsames Vorgehen gegen die Schuldenkrise und die abflauende Konjunktur möglich sei. Brüssel dämpfte jedoch die Erwartungen. Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte, es handele sich um einen regelmäßigen Dialog und "kein Alarmtreffen". Er sagte aber, dass auch die Probleme des spanischen Bankensektors angeschnitten werden sollen.

Kauder und Reul drängen Madrid zu rascher Entscheidung

Die japanische Regierung versicherte bei der G7-Telefonkonferenz laut Finanzminister Jun Azumi, sie vertraue auf die Fähigkeit Europas, die Probleme in den Griff zu bekommen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters drängt Deutschland die Regierung in Madrid, bei der Lösung der Bankenprobleme des Landes Hilfen des Euro-Rettungsschirms EFSF in Anspruch zu nehmen. "Die Spanier wollen aber nicht, sie sind zu stolz", erklärte demnach ein Regierungsvertreter.

Madrid solle sich zügig entscheiden, ob es zur Bankenrettung weiter den Kapitalmarkt anzapfen oder Kredithilfen aus dem Euro-Rettungsschirm beantragen wolle, sagten die Vorsitzenden der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Herbert Reul und Volker Kauder. "Zur Stabilisierung des Euro sind jetzt klare Perspektiven notwendig", erklärten die Politiker. Falls Spanien unter den Rettungsschirm schlüpfen müsse, sollten Mittel daraus auf zwei Jahre begrenzt werden.

Der Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, forderte Spanien zur Flucht unter den Euro-Rettungsschirm auf.