
Werksschließungen Explosive Stimmung bei Siemens
Stand: 17.11.2017 14:33 Uhr
Mehr als 3000 Stellen will Siemens in Deutschland abbauen. An den betroffenen Standorten wurde die "geplättete und geschockte" Belegschaft informiert - teilweise flossen Tränen. Der Betriebsrat kündigte Widerstand gegen die Pläne an.
Der geplante Konzernumbau bei Siemens stößt auf massiven Widerstand bei den Beschäftigten. Vor der Berliner Siemens-Zentrale protestierten mehr als 1000 Mitarbeiter gegen den geplanten Stellenabbau. Zu der Kundgebung hatte die IG-Metall aufgerufen.
Proteste gab es auch im hessischen Offenbach, wo die Belegschaft über die Pläne des Konzerns informiert wurde. In Mülheim an der Ruhr, das ebenfalls von Kürzungen betroffen sein könnte, kündigte der Betriebsrat einen "heißen Dezember" an.
Beschäftigte protestieren gegen Kürzungen von Siemens
tagesschau 20:00 Uhr, 17.11.2017, Sonja Lüning, MDR
Tränen in Erfurt
Im Siemens-Werk in Erfurt verließen gut 500 Mitarbeiter vorzeitig eine Belegschaftsversammlung. "Sie sind hochgradig enttäuscht von der angekündigten Planung und können das in keinster Weise nachvollziehen", sagte der Betriesratsvorsitzende Mario In der Au.
Nach seinen Angaben informierte Siemens die Belegschaft über zwei Optionen für das Erfurter Generatorenwerk mit rund 700 Beschäftigten: einen Verkauf oder Personalabbau inklusive Produktverschlankung. Die Stimmung während der Mitarbeiterversammlung sei explosiv gewesen, sagte In der Au. "Das habe ich schon lange nicht mehr erlebt, so eine Stimmung. Tränen sind geflossen."
Konsequenzen für Görlitz nach geplanten Kürzungen von Siemens
tagesthemen 21:45 Uhr, 17.11.2017, Paul Pietraß, Patricia Klieme, MDR
Belegschaft reagiert "geplättet und geschockt"
Siemens hatte am Donnerstag angekündigt, weltweit in der Kraftwerks- und der Antriebssparte 6900 Arbeitsplätze zu streichen, davon etwa die Hälfte in Deutschland. Zwei Standorte im sächsischen Görlitz und in Leipzig mit zusammen 920 Arbeitsplätzen sollen geschlossen werden, auch der Standort Offenbach, wo rund 700 Beschäftigte mit Planung und Bau von Kraftwerken beschäftigt sind, ist stark bedroht.
"Diese Ankündigung von Standortschließungen und von Personalabbau, der angeblich aus Strukturgründen alternativlos ist, das ist für uns gar keine Basis für Verhandlungen", sagte Siemens-Gesamtbetriebsratschefin Birgit Steinborn. Über die geplanten Maßnahmen seien "alle wirklich geplättet und geschockt" gewesen, sagte sie.
Sollte es tatsächlich zu betriebsbedingten Kündigungen kommen, die Siemens-Personalchefin Janina Kugel nicht ausgeschlossen hatte, würde das zu einem "ernsthaften Zerwürfnis" zwischen Management und Betriebsräten führen, sagte die Betriebsrätin. Es gehe darum, die Strukturänderungen zu gestalten, hier müssten alle Beteiligten eng zusammenarbeiten. "Wir sind nicht die reinen Abwickler von Personalabbau", so Steinborn.
"Entlassungen bei Milliardengewinnen unverständlich"
Auch die Berliner SPD kündigte Protest gegen die geplanten Schließungen an. Vor dem Hintergrund von Milliardengewinnen, die das Unternehmen erwirtschafte, seien Entlassungen unverständlich, teilte die Partei mit. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) bezeichnete die Pläne als "nicht hinnehmbar". Er erwarte von der Wirtschaft mehr "Pflichtbewusstsein für die gemeinsame Sache".
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