Nach Probeabstimmung zur Euro-Rettung Union kämpft um die Kanzlermehrheit

Stand: 06.09.2011 13:23 Uhr

Bei einer Probeabstimmung hat die Koalition die notwendige Mehrheit für den erweiterten Euro-Rettungsschirm verfehlt. Dennoch verbreitet die Unionsspitze Optimismus: Sie rechnet damit, dass Schwarz-Gelb im Bundestag die Kanzlermehrheit erreicht. Wenn nicht, sei die Regierung am Ende, glaubt die SPD.

Trotz fehlender Mehrheit bei einer internen Probeabstimmung glaubt die schwarz-gelbe Koalition an die Kanzlermehrheit bei der Bundestagsentscheidung über den erweiterten Euro-Rettungsschirm. "Wir werden eine große Mehrheit dafür kriegen", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im Bundestag.

Auch Unionsfraktionsvize Michael Fuchs gab sich überzeugt, dass Union und FDP alleine die notwendige Stimmenzahl für die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms zusammenbekommen. Die Diskussionen über den Gesetzentwurf vor dem Bundestagsvotum am 29. September würden dazu führen, "dass die Kollegen sich für das Gesetz entscheiden", sagte er im Deutschlandfunk. Dieser Einschätzung schloss sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier, an. "Am Ende hat die Koalition immer, wenn es darauf ankam, eine eigene Mehrheit zustande gebracht", sagte er.

CDU, CSU und FDP verfügen im Bundestag zusammen über 330 der 620 Sitze. Die sogenannte Kanzlermehrheit entspricht der absoluten Mehrheit und liegt zurzeit bei 311 Sitzen. Demnach dürfen höchstens 19 Abgeordnete von Union und FDP dem erweiterten Euro-Rettungsschirm ihre Zustimmung verweigern, damit Bundeskanzlerin Angela Merkel auch ohne Unterstützung der Opposition die Reformpläne durch das Parlament bringen kann. Bei einer Probeabstimmung in den Koalitionsfraktionen fehlten allerdings 25 Stimmen. Zwölf Abgeordnete der Union votierten gegen den Gesetzentwurf, sieben enthielten sich. In der FDP-Fraktion stimmten zwei Abgeordnete mit Nein und vier enthielten sich.

Schäuble wirbt um Zustimmung

Umso intensiver warb Schäuble im Bundestag um die Unterstützung in den eigenen Reihen. "Wir müssen unsere Währung verteidigen - in unser aller Interesse", sagte er in der Haushaltsdebatte. Eine Erweiterung der Instrumente des Euro-Rettungsschirms EFSF sei erforderlich, weil die von der Krise besonders betroffenen Staaten Zeit bräuchten, "bis sie sich an den Finanzmärkten zu erträglichen Konditionen refinanzieren können".

Schäuble mahnte zugleich einen konsequenten Konsolidierungskurs in den Ländern an, die wegen der Schuldenkrise internationale Hilfen benötigen. "Ohne energische Reformen in den betroffenen Ländern wäre jede Hilfe nicht zielführend." Daher werde auch die nächste Tranche von Hilfen für Griechenland erst ausbezahlt werden, wenn die Prüfungen durch die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und den Internationalen Währungsfonds (IWF) dem Land bescheinigte, dass es beim Abbau des Staatsdefizits ausreichend vorankomme. "Das muss man in Griechenland wissen. Da gibt es keinen Entscheidungsspielraum." Die griechische Regierung hatte zuvor deutlich gemacht, dass sie trotz der wachsenden Kritik an ihrer Haushaltssanierung fest mit der Überweisung der nächsten Milliardenkredite rechen.

SPD will für erweiterten Rettungsschirm stimmen

Unabhängig von der Zahl der Gegner der EFSF-Reform in den Reihen der Koalition ist der Bundesregierung die notwendige Bundestagsmehrheit für die Pläne sicher. Denn die SPD machte erneut deutlich, dass sie die Reform mittragen werde. "Wir stellen keine Bedingungen für unser Mitwirken bei der Währungsstabilisierung", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. Dies gelte auch dann, wenn die SPD zunächst nicht alle ihre Vorstellungen zur Bekämpfung der Schuldenkrise durchsetzen könne. Allerdings betonte Oppermann zugleich, dass er die schwarz-gelbe Regierung für "politisch gescheitert" halte, wenn sie keine eigene Mehrheit zustande bekomme. Oppermann sagte, die SPD sei zur Übernahme der Regierungsverantwortung bereit. Sollte Merkel keine eigene Mehrheit haben, dann seien Neuwahlen zwingend. Die SPD stehe nicht für eine Koalition mit der Union zur Verfügung.

Oppermann räumte ein, auch in der SPD-Fraktion gebe es Gegner der jetzigen Gesetzgebungspläne zur Stabilisierung der Euro-Zone: "Auch die SPD-Abgeordneten wollen, dass die Griechen ihre Hausaufgaben machen", sagte er mit Blick auf Kritik an den Sparbemühungen in Griechenland. Er rechne aber mit "großer Geschlossenheit" in der SPD-Fraktion bei der Abstimmung am 29. September.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, dass die Abstimmung zur "Zerreißprobe für Schwarz-Gelb" wird. Obwohl die SPD der Kanzlerin angeboten habe, in dieser tiefen Krise auch schwierige Entscheidungen mitzutragen, gebe man ihr "keinen Blankoscheck", sagte Nahles der "Passauer Neuen Presse".