Austritt aus Eurozone abgelehnt Spardruck auf Griechenland wächst

Stand: 05.09.2011 23:22 Uhr

Vielen Euro-Partnern geht Griechenlands Sparpolitik nicht schnell genug. Trotzdem rechnet die Regierung in Athen mit der Auszahlung der nächsten Kredithilfen. Kanzlerin Merkel und EU-Ratspräsident van Rompuy drängten die Griechen zu eisernem Sparen - wollen sie aber nicht aus der Eurozone ausschließen

Griechenland rechnet trotz wachsender Kritik an der Umsetzung der Sparvorgaben mit der pünktlichen Auszahlung der nächsten Milliardenkredite der Euro-Staaten. "Wir erwarten die Überweisung im September", sagte ein Regierungssprecher. Die Kredittranche umfasst etwa acht Milliarden Euro. Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos kündigte zugleich an, die Maßnahmen zum Abbau des Haushaltsdefizits "schneller und entschlossener" umzusetzen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erwartet nach eigenen Angaben, dass Griechenland seine Zusagen gegenüber den anderen Staaten der Eurozone einhalte. "Sie haben gerade einige wichtige Hinweise gemacht, dass sie ihre Verpflichtungen einhalten werden", erklärte er. Es sei aber zu früh, um mit Bestimmtheit zu sagen, ob Griechenland seinen Sparkurs tatsächlich einhalte.

Troika wartet Sparpaket der griechischen Regierung ab

Am Freitag war eine Delegation der Geldgeber von EU, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank überraschend aus Griechenland abgereist. Sie will erst Mitte September zurückkehren, wenn die Regierung in Athen ihren Haushalt 2012 fertig ausgearbeitet hat. Die Überprüfung der Sparanstrengungen wurde unterbrochen, um den Druck auf Griechenland zu erhöhen.

Ministerpräsident Giorgos Papandreou stößt mit den radikalen Einschnitten, die die Geldgeber fordern, auf den Widerstand der Opposition, der Gewerkschaften und großer Teile der Regierungspartei Pasok. Bereits fest zugesagte Maßnahmen kommen nach übereinstimmenden Berichten der griechischen Presse nicht voran.

Merkel verärgert über Griechenland und Italien

In Deutschland wächst der Unmut über die schleppenden Fortschritte bei der Sanierung der griechischen Staatsfinanzen. Laut Teilnehmerangaben klagte Bundeskanzlerin Angela Merkel im CDU-Präsidium über den mangelnden Sparwillen der griechischen und auch der italienischen Regierung. Es gehe nicht, dass Regierungen von Euro-Staaten in der Not erst Reformen zusagten und diese dann wieder zurückzögen, wenn sich die Lage an den Finanzmärkten etwas entspanne, habe Merkel erklärt. Dabei soll sie ausdrücklich Griechenland und Italien genannt haben.

Öffentlich wies Merkel Forderungen nach einem Austritt Griechenlands aus der Eurozone zurück. "Ich glaube, dass wir damit einen Dominoeffekt einleiten könnten, der außerordentlich gefährlich für unser Währungssystem ist" sagte sie. Ein Ausschluss sei fachlich und rechtlich nicht möglich. Dennoch sei es wichtig, dass Griechenland seine Zusagen als Gegenleistung für die Notkredite auch umsetze und einhalte.

Van Rompuy: "Austritt würde zu viele Probleme schaffen"

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy schloss ebenso wie Merkel einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone aus. "Das würde mehr Probleme schaffen als Lösungen bieten", sagte er im belgischen Sender Radio 1. Europa müsse allerdings den Druck auf die Schuldenstaaten verstärken, damit diese ihre selbst gesteckten Ziele auch tatsächlich erreichten. Im Gegensatz zu Merkel und van Rompuy legten der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach und der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms der Regierung in Athen den Austritt aus der Euro-Zone nahe.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble stellte in der "Financial Times" klar, dass Schuldenstaaten weiter geholfen werde. "Die Mitglieder der Eurozone haben und werden weiter gemeinsam unter Bedingungen Finanzhilfe für die Länder bereitstellen, die sich von den Finanzmärkten abgeschnitten sehen, um ihnen Zeit zu kaufen, damit sie ihre öffentlichen Haushalte auf ein nachhaltiges Fundament stellen und ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern.", schrieb er.

Bundestag: Schwarz-gelbe Mehrheit für EFSF unklar

Bei einer Abstimmung in der Unionsfraktion über die Einbringung des Gesetzentwurfs zum Euro-Rettungsschirm (EFSF) stimmten unterdessen zwölf Abgeordnete gegen den Gesetzentwurf, sieben enthielten sich der Stimme. In der FDP-Fraktion stimmten zwei Abgeordnete mit "Nein" und es gab vier Enthaltungen. Damit wackelt die Mehrheit der schwarz-gelben Regierung, die über eine Mehrheit von 19 Stimmen im Bundestag verfügt.

EZB weitete Kauf von Staatsanleihen aus

Unterdessen teilte die Europäische Zentralbank (EZB) mit, dass sie die umstrittenen Ankäufe von Staatsanleihen in der vergangenen Woche überraschend deutlich ausgeweitet habe. Sie kaufte demnach Papiere im Wert von 13,3 Milliarden Euro. In Woche davor waren es 6,7 Milliarden Euro gewesen. Seit Mai 2010 kaufte sie demnach Staatsanleihen im Gesamtwert von 129 Milliarden Euro auf. Die EZB rechtfertigt ihre Ankäufe von Staatsanleihen von Schuldenländern wie Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Italien mit einer Stabilisierung der Märkte.

Den Ankauf italienischer Staatsanleihen verteidigte EZB-Ratsmitglied Mario Draghi als vorübergehende Krisenmaßnahme. Damit könne die Notwendigkeit einer fundamentalen Haushaltsdisziplin in Italien nicht umgangen werden, mahnte der Notenbankchef des Landes. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte Italien bereits aufgefordert, das vereinbarte Sparpaket über 45,5 Milliarden Euro vollständig umzusetzen. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte allerdings einige der versprochenen Reformen vor wenigen Tagen wieder kassiert und damit auch bei der EZB Kritik ausgelöst.