Deutsch-französischer Vorstoß Automatik-Strafen für Europas Schuldenmacher

Stand: 06.12.2011 02:06 Uhr

Deutschland und Frankreich wollen durchsetzen, dass EU-Staaten mit zu hoher Neuverschuldung künftig automatisch mit Sanktionen rechnen müssen. Das wollen Kanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy ihren Partnern beim Gipfel in Brüssel vorschlagen. Gemeinsame Eurobonds für Staatsanleihen lehnten sie klar ab.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy haben unter anderem einen automatischen Strafmechanismus bei hoher Neuverschuldung auf die Tagesordnung des EU-Gipfels Ende der Woche in Brüssel gesetzt. Deutschland und Frankreich wollen ihren Vorschlag vor dem Treffen des Europäischen Rates am Donnerstag und Freitag in einem Brief an EU-Ratspräsident Hermann van Rompuy erläutern.

Der Plan werde sicherstellen, dass sich "so etwas wie jetzt nie wiederholt", sagte Sarkozy. "Wir müssen uns beeilen, wir haben nicht so viel Zeit", sagte er weiter."

Sanktionen für zu hohe Staatsverschuldung

Mitgliedsländer, deren Defizit die Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreitet, sollen künftig mit direkten Sanktionen rechnen müssen. Das wollen Deutschland und Frankreich in die EU-Verträge schreiben.Beide bevorzugen einen neuen Vertrag aller 27 EU-Staaten. Sie sind aber entschlossen, notfalls einen Vertrag nur der 17 Euro-Länder abzuschließen. Dem könnten sich auch Nicht-Euro-Länder anschließen. Die Verhandlungen sollten bis März abgeschlossen sein.

"Wir brauchen strukturelle Änderungen. Wir müssen unsere Verlässlichkeit und die Verbindlichkeit der Absprachen zurückgewinnen", sagte Bundeskanzlerin Merkel in Paris. "Die rechtlichen Grundlagen müssen der Realität angepasst werden."

EuGH soll Schuldenbremsen überwachen

Zudem fordern sie einheitlich definierte Schuldenbremsen in Europa, die in die Verfassungen der Einzelstaaten geschrieben werden sollen und vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) überprüft werden können. Deutschland hat bereits eine Schuldenbremse im Grundgesetz verankert, andere Länder wie Österreich stehen davor.

Merkel stellte klar, dass der EuGH nicht die Haushalte einzelner Staaten für ungültig erklären, sondern nur die Schuldenbremsen überwachen solle. Statt dessen soll er prüfen können, ob die geforderten nationalen Schuldenbremsen in den Verfassungen der 17 Euro-Länder eine ausreichende Verpflichtung für die Einhaltung des Stabilitätspakets darstellen. Vor allem Frankreich hatte sich dagegen gewehrt, dass EU-Institutionen zu stark in die nationale Budgethoheit eingreifen könne.

Monatliche Treffen als "Wirtschaftsregierung"

Merkel und Sarkozy schlugen weiterhin vor, als eine Art gemeinsamer Wirtschaftsregierung bis zum Ende der Finanzkrise Treffen abzuhalten. Die Staats- und Regierungschefs sollen regelmäßig zusammenkommen. Laut Merkel will die Euro-Gruppe monatlich zusammenkommen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu überprüfen und Wachstum anzukurbeln.

Außerdem solle der Start des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM von 2013 möglichst schon auf Ende 2012 vorgezogen werden. Im Rahmen des ESM sollen Merkel zufolge Beschlüsse nicht mehr einstimmig gefasst werden müssen, damit nicht einzelne Länder nicht "den gesamten Zug" aufhalten können.

Zitat

"Wir sind fest entschlossen, die Entscheidung genau bei diesem Rat herbeizuführen."

Nein zu Eurobonds

Den Wunsch nach Eurobonds, also gemeinsamen Staatsanleihen, lehnten Merkel und Sarkozy einmütig ab. "Wir wollen nicht für Schulden anderer einstehen", sagte Sarkozy.

Außerdem sagten Sarkozy und Merkel, dass ein Schuldenschnitt wie bei Griechenland ein Einzelfall bleiben solle. Auch die Euro-Zone solle künftig den Regeln des Internationalen Währungsfonds (IWF) in einem Insolvenzfall folgen.

Polen gegen "exklusive Strukturen"

Die polnische Regierung warnte, eine engere Zusammenarbeit in der Eurozone als Antwort auf die Schuldenkrise dürfe nicht zu "exklusiven Strukturen" führen. Dies berge die Gefahr einer Spaltung zwischen den 17 Euro-Ländern und den zehn restlichen EU-Ländern, die wie Polen nicht der Eurozone angehören, sagte der polnische Staatssekretär für Europaangelegenheiten und Wirtschaftspolitik, Mikolaj Dowgielewicz.