Bundestag und Bundesrat stimmen zu Deutschland sagt Ja zum Euro-Rettungspaket

Stand: 21.05.2010 14:58 Uhr

Der Bundestag hat den deutschen Anteil am Rettungspaket für den Euro gebilligt. Für das Gesetz stimmten 319 Abgeordnete. Es gab 73 Nein-Stimmen, 195 Parlamentarier enthielten sich. Finanzminister Schäuble warf der Opposition vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Auch der Bundesrat ließ das Gesetz passieren.

Der Bundestag hat mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen dem Euro-Schutzschirm im Umfang von bis zu 750 Milliarden Euro zugestimmt. Bei der namentlichen Abstimmung votierten 319 Abgeordnete für das Gesetz, 73 Parlamentarier stimmten mit Nein, 195 enthielten sich.

Damit kam die von der Bundesregierung angestrebte breite Zustimmung nicht zustande: Die schwarz-gelbe Mehrheit setzte das Paket im Bundestag durch. Die sogenannte Kanzlermehrheit liegt bei 312 Stimmen. SPD und Grüne hatten angekündigt, sich zu enthalten. Die Partei Die Linke ist gegen das Rettungspaket.

Auch Bundesrat stimmt zu

Wenige Stunden später billigte auch der Bundesrat die Vorlage. Die Länderkammer verzichtete auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses und machte damit den Weg für die deutsche Beteiligung am Euro-Schutzschirm frei. Damit das Gesetz in Kraft treten kann, fehlt nun nur noch die Unterschrift von Bundespräsident Horst Köhler und die anschließende Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt.

Schäuble warnt vor Scheitern des Schutzschirms

In der Bundestagsdebatte warnte die schwarz-gelbe Koalition vor einem Scheitern des Schutzschirms. "Es ist in der Sache notwendig, dass wir heute entscheiden", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in der abschließenden Debatte über das Rettungspaket im Bundestag. Deutschland will sich über Garantien im Umfang von bis zu 148 Milliarden Euro beteiligen. Das Gesetz sieht mögliche Zusagen in Höhe von bis zu 123 Milliarden Euro vor. Für besondere Umstände wird aber die Möglichkeit eröffnet, diese Summe nochmals um 20 Prozent aufzustocken.

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"Es ist in der Sache notwendig, dass wir heute entscheiden."

Schäuble betonte, das Schutzpaket müsse rasch kommen, auch im Interesse Deutschlands und seiner Bürger. "Denn die Märkte vertrauen erst, wenn es in Kraft ist", sagte der Minister. Der Opposition warf er vor, sich aus der gemeinsamen europapolitischen Verantwortung zu stehlen.

Für eine Besteuerung der Finanzmärkte, eine Finanztransaktionssteuer, die die Opposition einfordert, sieht Schäuble weiter Hürden. "Die Frage, geht es global, wird sehr skeptisch von vielen beurteilt", sagte er. Wenn es beim G20-Gipfel im Juni nicht möglich sei, müsse eine solche Steuer EU-weit geprüft werden.

Gabriel: Merkel isoliert Deutschland in Europa

SPD-Chef Sigmar Gabriel griff Angela Merkel scharf an. Die Bundeskanzlerin habe mit ihrem Zögern Deutschland in Europa isoliert. Mit ihrem Krisenmanagement habe sie sich in Brüssel vorführen lassen. "Sie haben keine Linie, sie haben kein Ziel", warf Gabriel Merkel vor. Die EU-Partner hätten die Nase voll von der Taktiererei der Kanzlerin, sagte Gabriel. Jetzt habe die Koalition noch nicht einmal die Kraft, zur Eindämmung der Spekulation ernsthaft eine Steuer auf Finanzgeschäfte zu fordern. Die SPD sei nicht gegen das Rettungspaket, stellte Gabriel klar. Aber weil der Rest der Regierungspolitik nicht verlässlich sei und falsch in der Richtung, werde sich die SPD enthalten.

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"Sie waren wohl nur so lang eine mutige Kanzlerin, solange sie von Sozialdemokraten bewacht wurden."

Westerwelle: Schicksalsfrage für europäischen Wohlstand

FDP-Chef Guido Westerwelle sieht die Entscheidung über das Euro-Hilfspaket als "Schicksalsfrage" für Europa. "Der Wohlstand in Europa, er hängt auch an unserer Entscheidung", sagte der Außenminister. Es gehe darum, Deutschland und Europa zu schützen. Der Opposition warf er vor, aus parteitaktischen Gründen ihre Zustimmung zu verweigern. "Innenpolitik ist ihr Motiv, aber nicht die Verantwortung für unser Land", sagte er. Die Opposition suche nach Ausflüchten, weil sie eine Abrechnung mit der Regierung wolle. "Finden Sie, dass Europa stehen soll oder dass es fallen soll?" fragte er.

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"Wir erwarten nicht von Ihnen, dass sie die Regierung unterstützen, aber Europa müssen sie beispringen."

Gysi: Schicksalsfrage für die Demokratie

Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi unterstrich noch einmal die ablehnende Haltung seiner Partei und sprach von einer "Schicksalsfrage". "Sie entscheiden heute mit darüber, ob es wieder eine Herrschaft der Politik gibt, in der Demokratie herrscht, oder ob es bei der Herrschaft der Spekulanten und Banken bleibt", sagte er. Er warf Kanzlerin Merkel vor, sie werde von Spekulanten und Finanzmärkten getrieben. "Sie müssen doch merken, dass sie jetzt am Nasenring durch die Manege geführt werden."

Debatte auch über die Geschäftsordnung

Zuvor hatte sich die Koalition mit ihrer Mehrheit durchgesetzt, die Abstimmung für heute auf die Tagesordnung des Parlaments zu setzen. Die Linkspartei hatte beantragt, sie zu verschieben. Mit dem Eilverfahren werde das Parlament zur "Abstimmungsmaschine degradiert", sagte die Parlamentsgeschäftsführerin der Linkspartei, Dagmar Enkelmann. Auch die Grünen hatten sich für eine Absetzung der zweiten und dritten Lesung des Gesetzes ausgesprochen. "Wir kennen noch nicht die vertraglichen Grundlagen. Das ist für jeden Abgeordneten in diesem Haus eine Zumutung", kritisierte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Der Bundestag sei kein "Abnick-Parlament". Unions-Parlamentsgeschäftsführer Peter Altmaier lehnte eine Verschiebung in der Geschäftsordnungsdebatte ab.

Euro-Rettungsschirm

Bis zu 750 Milliarden Euro sollen künftig als Kredithilfen für Länder der Euro-Zone bereitstehen. 60 Milliarden Euro davon stammen aus dem Gemeinschaftshaushalt der Europäischen Union. Kredite in Höhe von bis zu 440 Milliarden Euro können mit Hilfe der Staaten der Euro-Zone gewährt werden. Wenn der Antrag eines Euro-Landes von den anderen Staaten einstimmig bewilligt wird, besorgt sich eine neue Zweckgesellschaft das notwendige Kapital auf den Finanzmärkten und reicht es in Form von Krediten an das betroffene Land weiter.

Die anderen Staaten der Euro-Zone stehen dafür mit Garantien gerade. Für wieviel Geld jedes Land garantiert, richtet sich dabei nach dem jeweiligen Anteil am Kapitalschlüssel der Europäischen Zentralbank. Deutschlands Kreditgarantien umfassen bis zu 123 Milliarden Euro. Im äußersten Fall könnte diese Summe noch auf knapp 148 Milliarden Euro steigen.

Zusätzlich zu den europäischen Hilfen gewährt der Internationale Währungsfonds als Teil des Rettungspakets Kredite in Höhe von bis zu 250 Milliarden Euro. Wer Geld erhält, muss aber Auflagen erfüllen. Das betrifft Reformen und Sparvorgaben für die nationalen Haushalte.