Reformprogramm des neuen Regierungschefs Renzi plant Aufschwung auf Pump

Stand: 13.03.2014 14:00 Uhr

Italiens neuer Premier Renzi ist erst einige Tage im Amt - doch das sind Tage mit immer neuen Reformankündigungen. Jetzt hat er massive Steuererleichterungen angekündigt. Der Haken: Dafür müsste er neue Schulden aufnehmen. Doch die Staatsverschuldung ist schon hoch.

Die Italiener reiben sich ungläubig die Augen. Der Reformeifer ihres Ministerpräsidenten beschleunigt die träge italienische Politik und bietet den Kabarettisten des Landes viel Stoff für Häme. Der populäre Komiker  Maurizio Crozza  weiß schon, was Renzi in den nächsten Tagen vorhat: "Am Sonntag wird er die vierte Spur der Autobahn Salerno-Reggio Calabria fertig stellen, am Montagnachmittag dann gegen Viertel nach sechs besiegt er die Mafia." Das könne aber auch noch auf Dienstag verschoben werden, es gebe noch Widerstände im Parlament.

Jeden Tag eine gute Tat. So will der neue Ministerpräsident sein Land in 100 Tagen fit machen. Am 1. Juli übernimmt Italien die EU-Ratspräsidentschaft. Bis dahin will Renzi seine Hausaufgaben erledigt haben.

Steuersenkungen dank Einsparungen?

Unter dieser Perspektive erscheint es eher widersprüchlich, dass Renzi zunächst einmal Steuersenkungen im großen Stil ankündigt: Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen von unter 25.000 Euro sollen ab 1. Mai weniger Steuern zahlen. Das seien ungefähr 1000 Euro im Jahr mehr für jeden einzelnen Angestellten und Arbeiter, sagte Renzi: „Eine Lehrerin, die 1250 Euro netto im Monat verdient, wird sich nicht nur zwei neue Bücher kaufen können, sie wird monatlich etwa 85 Euro netto mehr haben.“

Auch private Unternehmen werden entlastet. Gleichzeitig soll die öffentliche Hand ihre Milliardenschulden bei Betrieben begleichen. Gegenfinanzieren will das Renzi durch Einsparungen im Staatshaushalt. Bildung und Kultur werden verschont, dagegen setzt Renzi auf viele kleine Maßnahmen, durchaus auch populärer Natur. Ab dem 26. März an würden die ersten 100 Dienstwagen per Auktion verkauft, kündigte der Regierungschef an. Dann könne man hoffentlich auch sagen, welche Minister sie benutzten.

Tilmann Kleinjung, T. Kleinjung, ARD Rom, 13.03.2014 13:56 Uhr

Schuldenberg wird wachsen

Doch allein mit der Versteigerung von Dienstwagen lassen sich die Milliarden für Renzis Konjunkturprogramm nicht finanzieren. Also wird vermutlich Italiens ohnehin schon gigantischer Schuldenberg von mehr als zwei Billionen Euro weiter wachsen. Die Defizitvorgabe der EU liegt bei drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, Italien wollte im Jahr 2014 2,6 Prozent anpeilen.

Da ist also noch Luft nach oben, findet Matteo Renzi. Er wolle nicht die ganze Spanne von 2,6 bis drei Prozent ausreizen – „Ich will nicht alles ausgeben. Und in jedem Fall gehe ich nach Brüssel, um zu erklären, was ich vorhabe und nicht um besondere Maßnahmen für mehr öffentliche Ausgaben zu beantragen.“ Renzi will in Brüssel mit seinem Reformfahrplan punkten.

Erster Schritt zur Wahlrechtsreform

Einen ersten politischen Teilerfolg errang Italiens Ministerpräsident mit der Verabschiedung des neuen Wahlgesetzes im Abgeordnetenhaus. Dieses soll stabile Mehrheiten ermöglichen und undemokratische Regelungen des bestehenden Wahlrechts ausgleichen. Die Reform muss noch durch den Senat und wird dort vermutlich noch einmal modifiziert. In einem zweiten Schritt will Renzi dann den Senat, die zweite Parlamentskammer in ihrer bisherigen Form abschaffen und durch eine Vertretung der Regionen ersetzen. Wenn ihm das nicht gelinge, so der 39-Jährige, wolle er sich aus der Politik zurückziehen.

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 13. März 2014 um 17:38 Uhr im Deutschlandfunk.