Kritik an Guttenberg vor Opel-Entscheidung Sorgenkind Opel spaltet Koalition

Stand: 25.05.2009 01:04 Uhr

Kurz bevor die Regierung erneut die Angebote für eine Opel-Übernahme prüfen will, hagelt es Kritik an Wirtschaftsminister zu Guttenberg. Dieser hatte eine "geordnete Insolvenz" ins Gespräch gebracht - SPD-Fraktionschef Struck nennt das "leichtfertig", Vizekanzler Steinmeier spricht von "Gerede".

Unmittelbar vor der Entscheidung im Übernahme-Rennen um den angeschlagenen Autobauer Opel ist in der Großen Koalition offener Streit ausgebrochen. Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier und SPD-Fraktionschef Peter Struck gingen auf Distanz zu Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Dieser hatte in einem Zeitungsinterview alle drei Angebote zur Übernahme von Opel für unzureichend gehalten und mehr Sicherheiten für die Regierung eingefordert. Als mögliche Alternative hatte der Minister erneut eine "geordnete Insolvenz" ins Gespräch gebracht.

Scharfe Kritik von Struck und Steinmeier

Struck kritisierte Guttenberg wegen dieser Haltung scharf. "Von Insolvenz zu reden, ist schon sehr leichtfertig, es wird im Grunde suggeriert: Das Unternehmen ist überhaupt nicht zu retten", sagte er im "Bericht aus Berlin" und forderte dazu auf, die Konzepte der drei Anbieter sorgfältig zu prüfen. Oberstes Ziel müsse bleiben, die Arbeitsplätze in allen vier deutschen Opel-Werken zu retten.

Auch SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier widersprach vehement Guttenbergs Einschätzungen. Es sei gut, dass es jetzt einen echten Wettbewerb der Bieter für den angeschlagenen deutschen Autobauer gebe, sagte Steinmeier: "Ich rate aber allen, endlich mit dem Gerede über eine Insolvenz von Opel aufzuhören." Die Bundesregierung müsse ihre ganze Energie darauf richten, möglichst viele Arbeitsplätze bei dem Autobauer zu retten, "statt ständig mit neuen Schreckgespenstern zu hantieren".

Wirtschaftsminister geht in die Gegenoffensive

Guttenberg wies die Kritik der SPD zurück: "Wer jetzt eine geordnete Insolvenz als eine Option ausschließt, gefährdet nicht nur das Geld der Steuerzahler, sondern schwächt auch Verhandlungspositionen", sagte er dem "Hamburger Abendblatt". Auch ihm gehe es darum, so viele Standorte und Arbeitsplätze wie irgend möglich bei Opel zu erhalten und eine Insolvenz zu vermeiden. Dies dürfe aber nicht bedeuten, "dass wir uns in unübersehbare Risiken stürzen, für die später die Steuerzahler geradestehen müssen."

Eigene Bemühungen Steinmeiers?

Nach einem Medienbericht soll sich Steinmeier inzwischen selbst in die Gespräche für die Rettung des Autobauers eingeschaltet haben. Laut "Spiegel Online" telefonierte er "ausführlich" mit dem Chef der US-Opel-Mutter General Motors (GM), Fritz Henderson.

Heute will die Bundesregierung in einer Spitzenrunde erneut die Angebote für eine Opel-Übernahme prüfen. Es gibt drei Übernahmeangebote - vom italienischen Autokonzern Fiat, dem österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna und dem US-Investor Ripplewood. Die Entscheidung muss in dieser Woche fallen, da sich bis Monatsende auch die Zukunft von GM klären soll. Die besten Chancen werden derzeit Magna eingeräumt.

Fiat-Chef verspricht Zugeständnisse

Fiat-Chef Sergio Marchionne sicherte unterdessen den Beschäftigten für den Fall einer Opel-Übernahme durch Fiat weitgehende Garantien zu. Der "Bild am Sonntag" sagte er: "Im ungünstigsten Fall wären in Deutschland maximal 2000 Arbeitsplätze durch die Integration von Opel in ein schuldenfreies Gemeinschaftsunternehmen mit Fiat betroffen."

Nach seinen Worten bekennt sich Fiat zudem zu "allen in Deutschland geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere zum Betriebsverfassungsgesetz und der Mitbestimmung." Nach Marchionnes Darstellung sind auch die rund vier Milliarden Euro Pensionsverpflichtungen in das Fiat-Konzept eingerechnet. Marchionne gab eine Garantie dafür, dass ein aus Fiat und GM Europe gebildetes Unternehmen in spätestens fünf Jahren die Staatsgarantien ablösen werde.